Schweiz
SP

SP-Fehr holt zum Rundumschlag aus – gegen die Strafanzeige, die Juso und seine eigene Partei

SP-Regierungsrat Mario Fehr stellt Bedingungen für seine Rückkehr in die Partei.
SP-Regierungsrat Mario Fehr stellt Bedingungen für seine Rückkehr in die Partei.
Bild: KEYSTONE

SP-Fehr holt zum Rundumschlag aus – gegen die Strafanzeige, die Juso und seine eigene Partei

Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr, der im Zuge einer Strafanzeige seine Mitgliedschaft bei der SP sistiert hat, stellt zwei Bedingungen für eine Rückkehr zur Partei: Die Anzeige müsse vom Tisch und ein solches Vorgehen von der Partei künftig unterbunden werden.
06.11.2015, 05:2706.11.2015, 13:43

Anfang November wurde publik, dass Fehr im Zuge der Affäre seine Parteimitgliedschaft sistiert hat. Im Juli hatten zwei Mitglieder der Jungsozialisten (Juso) Strafanzeige gegen Fehr eingereicht und von einem «illegalen Kauf und der illegalen Verwendung eines Staatstrojaners» gesprochen.

«Die Juso müssen von der Strafanzeige Abstand nehmen. Und die Partei muss ein solches Vorgehen mit Sanktionen belegen, wenn es wieder vorkommt.»
Mario Fehr

Vergangenen Donnerstag hatte es die Geschäftsleitung des Zürcher Kantonsrates abgelehnt, die Immunität Fehrs aufzuheben. Dies wäre nötig gewesen, um ein Strafverfahren gegen ihn zu eröffnen. Damit sei nun eindeutig festgestellt, dass er korrekt gehandelt habe, sagte Fehr in Interviews in der «Neuen Zürcher Zeitung» und der «Schweizer Illustrierten» vom Freitag.

«Für eine Normalisierung des Verhältnisses muss diese Anzeige vom Tisch sein, und es muss für die Zukunft klar sein, dass solche Mittel in der innerparteilichen Diskussion keinen Platz haben», forderte der Zürcher Justizdirektor in der «NZZ». Er erwarte von der Juso weder eine Entschuldigung noch dass sie zu Kreuze krieche. Aber: «Die Juso müssen von der Strafanzeige Abstand nehmen. Und die Partei muss ein solches Vorgehen mit Sanktionen belegen, wenn es wieder vorkommt.»

«Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, welcher Partei ich sonst beitreten sollte.»
Mario Fehr

Denn er könne nicht Regierungsrat sein in einer Partei, deren Mitglieder ihn mit Strafanzeigen lähmen würden, sagte Fehr und wies darauf hin, dass viele Juso-Mitglieder auch in der SP politisieren. Der Wahlkampf der Jungsozialisten sei überdies mit 60'000 Franken aus der SP-Kasse unterstützt worden.

Angebote von anderen Parteien

Wenn die SP auf Dauer Regierungspartei sein wolle, müsse sie «solche Strömungen unter Kontrolle haben.» Fehr holt zur Grundsatzkritik an seiner Partei aus. In der SP gäbe es Leute, die glaubten, «sie hätten die Wahrheit gepachtet». Er aber fordere, dass es in der Partei Platz habe für akzentuierte Sozialliberale. «Leider gibt es nun Kräfte in der SP, die alle Andersdenkenden hinausdrängen, mundtot machen wollen – und da rede ich nicht nur von den Juso.»

Gegenüber der «Schweizer Illustrierten» kritisiert Fehr weiter, die SP sei «zu eng, zu dogmatisch» und fordert mehr Raum für den pragmatischen, lösungsorientierten linksliberalen Flügel. So geisselt er etwa das Parteiprogramm, das die Abschaffung der Armee und des Kapitalismus verlangt.

Im Laufe der Affäre habe er Angebote für eine Mitgliedschaft von mehreren anderen Parteien erhalten. Doch: «Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, welcher Partei ich sonst beitreten sollte», relativiert Fehr. (dwi/sda)

«Der gläserne Bürger droht Realität zu werden!» Moment – über welches Gesetz haben wir gerade abgestimmt?

1 / 12
«Der gläserne Bürger droht Realität zu werden!» Moment – über welches Gesetz haben wir gerade abgestimmt?
Der Nationalrat hat dem neuen Nachrichtendienstgesetz zugestimmt. Künftig soll der NDB auch Telefone abhören, Privaträume verwanzen und in Computer eindringen dürfen. Unter den Ja-Stimmen waren einige, die mal noch ganz anders über Privatsphäre und Überwachung sprachen …
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So überwacht uns der Staat (11.4.2016)
Wo war Herr Glättli die letzten sechs Monate? Minute für Minute, Ort für Ort? Swisscom oder Sunrise wissen es, Sie wissen es jetzt – und der Staat kann es jederzeit wissen
42
Wo war Herr Glättli die letzten sechs Monate? Minute für Minute, Ort für Ort? Swisscom oder Sunrise wissen es, Sie wissen es jetzt – und der Staat kann es jederzeit wissen
von Manuel Bühlmann, Oliver Wietlisbach
Was der Staat von Ihrem Smartphone will. Und wann. Und weshalb.
7
Was der Staat von Ihrem Smartphone will. Und wann. Und weshalb.
von Oliver Wietlisbach, Manuel Bühlmann
«Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Bund auch Telefongespräche und SMS speichern will»
11
«Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Bund auch Telefongespräche und SMS speichern will»
von Manuel Bühlmann, Oliver Wietlisbach
«Dass die Speicherung von Handydaten nichts bringt, ist kompletter Unsinn»
3
«Dass die Speicherung von Handydaten nichts bringt, ist kompletter Unsinn»
von Manuel Bühlmann, Oliver Wietlisbach
Das Beziehungsnetz: Wer ist beruflich wichtig, wer ist verwandt? Mit wem hat Herr Glättli wirklich viel zu tun?
5
Das Beziehungsnetz: Wer ist beruflich wichtig, wer ist verwandt? Mit wem hat Herr Glättli wirklich viel zu tun?
von Oliver Wietlisbach
Wie der Staat Daten «wegen Terror» abgreift – und uns eigentlich bloss komplett verarscht
64
Wie der Staat Daten «wegen Terror» abgreift – und uns eigentlich bloss komplett verarscht
von Philipp Dahm
Die Kapo Bern hat bald ein teures neues Abhörsystem. Aber der eigentliche Skandal dahinter ist die Beschaffung
30
Die Kapo Bern hat bald ein teures neues Abhörsystem. Aber der eigentliche Skandal dahinter ist die Beschaffung
von Oliver Wietlisbach
Die vergessenen Jahre des Terrors: In den 70ern und 80ern zogen Terroristen eine Blutspur durch Europa
240
Die vergessenen Jahre des Terrors: In den 70ern und 80ern zogen Terroristen eine Blutspur durch Europa
von Oliver Wietlisbach
Wenn Sie immer noch glauben, Datenschutz sei nur für Menschen, die etwas zu verbergen haben, bitte hier weiterlesen
2
Wenn Sie immer noch glauben, Datenschutz sei nur für Menschen, die etwas zu verbergen haben, bitte hier weiterlesen
von Maurice Thiriet
Die unsäglich peinliche Geschichte der gehackten Hacker (und Kapo-ZH-Lieferanten) in 25 Tweets erzählt
15
Die unsäglich peinliche Geschichte der gehackten Hacker (und Kapo-ZH-Lieferanten) in 25 Tweets erzählt
von Oliver Wietlisbach
Diese Politiker sorgten sich eben noch um unsere Privatsphäre – und sagen jetzt trotzdem Ja zu mehr Überwachung
22
Diese Politiker sorgten sich eben noch um unsere Privatsphäre – und sagen jetzt trotzdem Ja zu mehr Überwachung
von Oliver Wietlisbach
Fremde Geheimdienste sollen die Leitungen von Swisscom und Co. angezapft haben. Das musst du wissen
1
Fremde Geheimdienste sollen die Leitungen von Swisscom und Co. angezapft haben. Das musst du wissen
von Daniel Schurter
Polizei und Staat wollen Sie im Internet umfassend überwachen. Jeder zweite Schweizer sagt «Nein, danke!»
10
Polizei und Staat wollen Sie im Internet umfassend überwachen. Jeder zweite Schweizer sagt «Nein, danke!»
von Oliver Wietlisbach
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
38 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
User01
06.11.2015 07:17registriert April 2014
Warum sollte ein Politiker Immunität vor dem Gesetz haben?
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Wilhelm Dingo
06.11.2015 06:13registriert Dezember 2014
Kann nur bestätigen dass die SP sehr viele Rechthaber hat. Habe das genau so in der Schulpflege erlebt.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pius C. Bünzli
06.11.2015 07:35registriert Oktober 2014
Wir brauchen keine Politiker welche die Bevölkerung ausspionieren wollen. Furt mit Fehr
00
Melden
Zum Kommentar
38
Überflu­tet? Touris­mus­kri­tik um 1900
Der Archäologe Jakob Wiedmer kam durch seine Heirat mit der Wengener Hotelbesitzerin Marie Stern eher zufällig in Kontakt mit dem Tourismusboom der Belle Époque im Berner Oberland. Seine Eindrücke verarbeitete er im tourismuskritischen Roman «Flut», der umgehend zum Rückzug als Hoteldirektor führte.
Jakob Wiedmer, geboren 1876 als Sohn eines Bäckers in Herzogenbuchsee (BE), galt schon früh als eine Art Genie. In der Schule lernte er rasch und leicht. Aber «Studiergrinde» gäbe es genug, meinte sein Vater; sein Bub solle etwas Rechtes lernen, nämlich den Beruf eines Kaufmanns. Kaum hatte Wiedmer eine Stelle als Kaufmann in Zürich angetreten, als ihn sein Arbeitgeber nach Athen schickte. Der Aufenthalt dort förderte die archäologischen Interessen allem Anschein nach mehr als die kaufmännischen. Wieder in Bern zurück sehen wir den jungen Mann als Ausgräber, Schriftsteller und im Januar 1904 als Hochzeiter: Mit 27 Jahren heiratete er Marie Stern, Hotelbesitzerin in Wengen, und wurde nach damaligem Recht Hoteldirektor.
Zur Story