SRG biete zu wenig Bildung: Juristin will «Wissenschaftsmagazin» retten
Alexia Renner ist Rechtsanwältin, Co-Präsidentin der Grünen in Hünenberg im Kanton Zug – und sie unterstützt die SRG. Die vom Bundesrat angekündigte Gebührensenkung von 335 auf 300 Franken findet Renner «fragwürdig». Und von einer Reduktion auf 200 Franken, wie es die Volksinitiative der SVP verlangt, hält die Juristin gar nichts.
Nun hat Renner aber eine Aufsichtsbeschwerde beim Bundesamt für Kommunikation eingereicht. Die Behörde beaufsichtigt die SRG. In ihrer Beschwerde fordert die Rechtsanwältin, dass das «Wissenschaftsmagazin» von Radio SRF nicht wie geplant Anfang 2026 eingestellt wird und die Wissenschaftsredaktion nicht verkleinert wird. Die entsprechenden SRF-Entscheide seien aufzuheben.
«Die SRG nimmt ihren Bildungsauftrag nicht ernst»
Alexia Renner begründet ihre Beschwerde damit, dass die SRG gegen ihre Konzession verstosse. Ausserdem verletze der öffentliche Rundfunk die Bundesverfassung. In der Konzession heisst es: «Die SRG trägt mit ihrem Angebot zu Bildung und Wissen bei.» In der Bundesverfassung steht, dass Radio und Fernsehen «zur Bildung und kulturellen Entfaltung» beitrügen.
Renner findet, dass die Einstellung des «Wissenschaftsmagazins» einen grossen Verlust bedeute. Die Massnahme zeige, dass die SRG ihren Bildungsauftrag nicht ernst nehme.
Als SRF die Einstellung des «Wissenschaftsmagazins» Anfang Jahr bekanntgab, protestierten 23'000 Hörerinnen und Hörer mit einer Petition dagegen. In Basel versammelten sich Unterstützerinnen und Unterstützer der Sendung zu einer Kundgebung vor dem Hauptgebäude von SRF 2 Kultur. Universitätsprofessoren nannten die Streichung unverständlich. Sie schaffe «Raum für Verschwörungstheorien».
Beschwerdeführerin Renner betont, dass Bildung und Wissenschaft zu den «Kernbereichen des Service public» gehörten. Die Wissenschaft habe eine hohe gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Relevanz. Darum sei es entscheidend, dass der Service-public-Anbieter, welcher der journalistischen Grundversorgung verpflichtet sei, den Wissenschaftsjournalismus pflege.
Bakom prüft Sachverhalt
Die Juristin anerkennt, dass SRF auch in der Fernsehsendung «Einstein» über die Welt der Wissenschaft berichte. Aber diese Sendung verfolge eher einen unterhaltenden Ansatz. Die Tiefe des «Wissenschaftsmagazins» werde nicht annähernd erreicht. Die Schweiz verfüge über keine Bodenschätze. Das Kapital des Landes seien Bildung und Innovation. «Darum wäre es völlig falsch, Wissenschaft und Forschung aus den öffentlich finanzierten Medien zu eliminieren», meint Alexia Renner.
Was tut das Bundesamt für Kommunikation? Die Behörde teilt mit, sie prüfe den Sachverhalt und entscheide zunächst, ob weitere Abklärungen angezeigt seien. Ob ein aufsichtsrechtliches Verfahren eröffnet werde, ergebe sich nach dieser Prüfung. Die SRG erhalte die Gelegenheit, sich zur Aufsichtsbeschwerde zu äussern.
SRF entgegnet, die Wissenschaftsredaktion sei gross
Zur Einstellung des 20-minütigen «Wissenschaftsmagazins», das Radio SRF 2 am Samstagmittag ausstrahlt, schreibt die SRG: Die Sendung werde sowohl aus Spargründen als auch aufgrund der veränderten Nutzungsgewohnheiten nicht weitergeführt. SRF müsse 2025 Einsparungen im Umfang von 20 Millionen Franken vornehmen.
Die Radio-Nutzungsmessung zeige generell: Die Mehrheit der Hörerinnen und Hörer konsumiere einen Sender täglich weniger als 60 Minuten – und das verteilt über den ganzen Tag. «Lange Wortinhalte werden also nur in wenigen Fällen am Stück und in voller Länge konsumiert.»
Das Schweizer Radio und Fernsehen betont ausserdem, dass es wöchentlich über wissenschaftliche Themen berichte, sei es im Fernsehen, Radio oder online. Aktuell würden «Workflows» erarbeitet, um wissenschaftliche Inhalte noch häufiger in reichweitenstarken Kanälen und Sendungen zu positionieren.
SRF verfüge über die grösste Wissenschaftsredaktion der Schweiz mit rund 20 Vollzeitstellen für das Angebot in Radio, TV und online. «Der Wissenschaftsjournalismus ist und bleibt bei SRF wichtig, allerdings kommen die Ressourcen noch stärker da zum Einsatz, wo sie beim Publikum die grösste Wirkung erzielen.»
Eine Hürde für die ungewöhnliche Beschwerde von Juristin Renner dürfte sein: Die Bundesverfassung hält fest, dass die Autonomie von Radio und Fernsehen «in der Programmgestaltung» gewährleistet sei. Darauf wird die SRG zweifellos verweisen. Trotzdem finden viele Radiohörer, dass SRF mit der Absetzung des «Wissenschaftsmagazins» seinem Bildungsauftrag nicht gerecht werde. (aargauerzeitung.ch)
