Schweiz
Strasse

Neue Regeln für Motorräder in der Schweiz: Bundesrat sieht keinen Bedarf

Drängelnde Töffs und PS-Monster für Junglenker – Bundesrat will keine neuen Gesetze

Mehrere Vorstösse forderten die Landesregierung auf, die Gesetze im Strassenverkehr anzupassen. Der Bundesrat sieht aber keinen Handlungsbedarf.
10.11.2025, 17:58
Michael Graber / ch media

Neulich in Bern: In vollem Tempo rast eine junge Mutter mit ihrem Kind im Lastenvelo vor dem Bundeshaus durch. Dabei ignoriert sie bewusst den Fussgängervortritt beim Zebrastreifen. Von einem Passanten auf ihr «rowdyhaftes» Verhalten aufmerksam gemacht, zeigt sie den Mittelfinger. Immerhin so, dass es das Kind nicht sehen musste.

lastenvelo schweiz
Ständerat Mauro Poggia fordert eine Nummernpflicht für Lastenvelos.Bild: keystone

Solche Szenen erlebt auch der Genfer Ständerat Mauro Poggia vom Mouvement citoyens genevois (MCG). Er fordert eine generelle Nummernschildpflicht für solche Fahrzeuge. So, ist Poggia überzeugt, wären die Lenkerinnen und Lenker zu mehr Anstand und Einhaltung der Verkehrsregeln angehalten. Schliesslich wären sie über das Nummernschild identifizierbar und dadurch auch einfacher strafbar.

Bundesrat fürchtet den grossen Aufwand

Beim Bundesrat läuft Poggia mit seiner Forderung auf. Inhaltlich wertet die Landesregierung seine Ideen gar nicht. Sie sei schlicht zu aufwendig in der Umsetzung: Derzeit gilt eine Nummernpflicht für alle Lastenvelos mit elektrischem Antrieb, die zwischen 250 und 450 Kilogramm Gesamtgewicht aufweisen. Poggia möchte diese Pflicht auf alle Cargovelos ausweiten. «Eine Definition von Lastenrädern anders als nach Gewicht würde Abgrenzungsprobleme mit sich bringen», sagt nun der Bundesrat.

Mauro Poggia, MCG-GE, begruendet seinen Vorstoss an der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 6. Maerz 2025 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Der Genfer Ständerat Mauro Poggia.Bild: keystone

Nur mit «komplexen Vorschriften» könnte das gelöst werden. Das hätte «administrativen Aufwand» für Lastenvelofahrerinnen, Händler, Hersteller und Kantone zur Folge. Geht es nach der Regierung, kurven leichtmotorisierte Cargovelos weiterhin nummerfrei durch die Strassen.

Ganz generell war dem Bundesrat letzte Woche, als er die Vorstossantwort verabschiedete, nicht nach neuen Verkehrsregeln zumute. Anders als Poggia, der Velorowdys ausbremsen wollte, hat Nationalrat David Zuberbühler (SVP/AR) vor, Töffrowdys legale Vorfahrt zu verschaffen. Er wollte, dass Töfffahrerinnen und -fahrer bei Stau vordrängeln dürfen. Das ist heute rechtlich nicht erlaubt, obwohl es auf der Autobahn immer wieder beobachtet werden kann.

David Zuberbuehler, SVP-AR, spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 11. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Der Appenzeller SVP-Politiker David Zuberbühler.Bild: KEYSTONE

Hitzestau wegen der Töffkleider

Zuberbühler begründete die verordnete Vorfahrt mit einer Verbesserung des Verkehrsflusses und mit den hohen Temperaturen, denen Töfffahrer ausgesetzt seien. Mit all den Schutzkleidungen und Helmen drohten Hitzestaus, was wiederum die Unfallgefahr erhöhe.

Mit seinen Argumenten überzeugte er den Bundesrat aber offensichtlich nicht. Zwar anerkennt die Regierung, dass es für Biker in ihren Töffklamotten «unangenehm» sei, im Stau zu stehen, aber das Vorbeifahren will sie trotzdem nicht legalisieren. Das Durchschlängeln sei aufgrund der engen Abstände «besonders riskant» und wirke sich negativ auf die Verkehrssicherheit aus. Eine komplette Absage erteilt der Bundesrat aber nicht. Er «beobachte» die Entwicklung in anderen Ländern, wo das Vordrängeln für Töfffahrer teilweise erlaubt ist.

Autos und ein Motorrad fahren ueber die Astra Bruecke auf der Autobahn A1 zwischen Bern und Zuerich am Montag, 8. April 2024 bei Recherswil im Kanton Solothurn. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Bei Stau oder stockendem Verkehr schlängeln sich Töfffahrer regelmässig an den stehenden Autos vorbei. (Symbolbild)Bild: keystone

Allgemein «beobachtet» der Bundesrat regelmässig Sachen. Auch die «Entwicklung der Unfallzahlen», wie er in einer Antwort auf einen Vorstoss von Gabriela Suter (SP/AG) schreibt. Die Nationalrätin wollte wissen, wie die Regierung zu einer PS-Begrenzung für Neulenker steht. Die entsprechende Forderung ist in diesem Jahr neu aufgeflammt, nachdem es zu Unfällen von jungen Lenkern mit stark motorisierten Autos kam.

Derzeit kommt die Regierung zum Schluss, dass keine Anpassung der Regeln notwendig sei. Die Motorleistung spiele bei den Unfällen von Neulenkern «kaum eine Rolle». Häufigste Unfallursachen seien dagegen Unaufmerksamkeit und Ablenkung, überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit sowie Alkohol.

Aber auch bei Suters Vorstoss lässt sich der Bundesrat eine Türe offen. Sollten sich die Unfallzahlen anders entwickeln, werde er bei Bedarf «Massnahmen prüfen».

Über die Nummernpflicht für Lastenvelos und die Vorfahrt für staugeplagte Töfffahrer kann das Parlament nun entscheiden. Suter hat ihr Anliegen dagegen nur als Frage an den Bundesrat eingegeben. (aargauerzeitung.ch)

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Die beliebtesten Kommentare
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Erebos_2
10.11.2025 18:23registriert Mai 2021
Autos für U25jährige nur unter 100PS, so kleine Opel Corsas tuns alle mal.
Und mehr PS nur in Begleitung des Fahrzeughalters!!!!
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Her Majesty
10.11.2025 19:25registriert Dezember 2022
"Anders als Poggia, der Velorowdys ausbremsen wollte, hat Nationalrat David Zuberbühler (SVP/AR) vor, Töffrowdys legale Vorfahrt zu verschaffen. Er wollte, dass Töfffahrerinnen und -fahrer bei Stau vordrängeln dürfen."
Sorry, aber noch tendenziöser hattet ihr das nicht formulieren können! Wenn jemand auf dem Motorrad im Schritttempo eine stehende Autokolonne überholt, ist er gleich ein Rowdy?! Auch das Wort drängeln... Wenn kein Platz da ist, drücken sich die Motorräder kaum durch.
Und ich bin bei weitem kein SVP Sympathisant und Motorrad fahre ich auch seit Jahren nicht mehr.
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Sii sorry abär....... Äääääähm?
10.11.2025 19:04registriert März 2020
Warum bei Lastenvelos etc. unterscheiden?
Alles was motorisiert ist bekommt eine Nummer, egal wie schwer. So währen z.B. auch diese Asitöffli einbezogen. Ein Mofa braucht auch eine Nummer und ist weder 250kg, noch fährt es legal über 30km/h.
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