SVP-Nationalrat Roger Köppel hatte am Dienstag im Parlament seinen grossen Auftritt zur Kroatien-Debatte und nutzte die Gelegenheit sogleich, Bundesrätin Simonetta Sommaruga anzugreifen. Sie setze sich über die Verfassung hinweg, nenne die Probleme nicht beim Namen und enteigne hiesige Hausbesitzer, um «Asylanten» in die Schweiz zu holen.
Aus Protest verliess die Justizministerin, gefolgt von SP-Nationalräten, den Saal.
Am Tag danach rechtfertigt Köppel gegenüber 20 Minuten seine Aussagen. Er habe als Sprecher der unterlegenen Minderheit seine kritischen Argumente sachlich dargelegt. «Ich war kritisch, aber immer anständig.»
Das Verhalten von Bundesrätin Simonetta Sommaruga hingegen sei eine respektlose, undemokratische Diskussionsverweigerung: «Frau Sommaruga ist entweder dünnhäutig oder hochnäsig.» Dass die SP-Fraktion ihrer Bundesrätin aus dem Saal gefolgt ist, hält der Neo-Nationalrat für eine «Bankrotterklärung».
Köppel in Markwalders Büro bestellt
Heute wurde Köppel wegen des Vorfalls zu Ratspräsidentin Christa Markwalder ins Büro bestellt, wie tagesanzeiger.ch meldet. Köppel sei aber nicht gemassregelt worden; klärende Gespräche kämen nach Vorfällen im Ratssaal regelmässig vor, sagt Vizepräsident Jürg Stahl (SVP) zum Tagi. Es gehe unter anderem darum, den betroffenen Parlamentariern das Geschäftsreglement des Nationalrats in Erinnerung zu rufen.
Der Frontalangriff des Weltwoche-Chefs und SVP-Nationalrates auf die Justizministerin und deren demonstrativer Abgang wird auch bei den Lesern heiss diskutiert. Die kritischen Stimmen fallen dabei gewohnt auf beide Seiten aus:
«Egal, ob Links oder Rechts: Diskutieren und Debattieren ist Teil des Politiker-Berufs. Wer wegläuft, hat definitiv den Beruf verfehlt», so ein Sommaruga-kritischer AZ-Leser. Ein anderer kommentiert: «Wie sagt man so schön: Wer keine Argumente hat, greift sein Gegenüber persönlich an. Wegzulaufen war die richtige Entscheidung. Entweder gibt es ein Gekeife, so wie es die Haussprache der SVP ist, oder aber man hat einen gewissen Stil. Frau Sommaruga kann es nicht allen recht machen.»
Auf die Aussage Köppels, Sommaruga hole doch persönlich die Asylsuchenden in die Schweiz, schreibt ein AZ-Leser: «Ich gehe mal davon aus, dass das Auto von Frau Sommaruga nicht so gross ist, um damit alle Flüchtlinge aus Afrika und die Schweiz zu holen.» Eine weitere Leserin fragt ganz grundsätzlich in die Runde: «Und dieser Kindergarten soll unsere politische Elite sein? Das sollte uns zu denken geben.»
Fortsetzung Köppel-Sommaruga folgt bestimmt.
(sha/aargauerzeitung.ch)