Eine sichere Stromversorgung und moderne Infrastrukturen, insgesamt eine Politik für das ganze Land: Diese Schwerpunkte verfolgt Bundesrat Albert Rösti in seinem neuen Amt. Er zeigt sich optimistisch, dass in vielen Dossiers Kompromisse möglich seien.
Als Kulisse für seine erste Bilanz nach drei Monaten im Amt wählte der Vorsteher des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) am Freitag den alten Generatorenraum des Kraftwerks Matte in Bern aus. «Seit langem wird hier Wasserkraft genutzt, was vor 150 Jahren mit viel Pioniergeist entstand, ist heute aktueller denn je», sagte Rösti.
Den dringendsten Handlungsbedarf in seinem Departement sieht er bei der Versorgungssicherheit. «Ich will die sichere Energieversorgung forcieren, und zwar ganz ohne Scheuklappen.» Die zentrale Vorlage dazu - das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien - sei gut unterwegs, brauche aber noch Korrekturen.
Damit seine Partei, die SVP, die Vorlage nicht ablehne, müsse die Solarpflicht aus der Vorlage gestrichen werden, sagte Rösti. Damit auch die Umweltverbände hinter dem Projekt stehen könnten, müssten die heutigen Restwasservorschriften bestehen bleiben. Der Energieminister zeigte sich überzeugt, dass der Ständerat korrigierend eingreifen und am Schluss ein guter Kompromiss gefunden werde.
Rösti machte klar, dass es auch kurzfristige Massnahmen brauche. Für den nächsten Winter könne keine Entwarnung gegeben werden. Er plädierte für «noch mehr Reservekraftwerke». Wie immer dürfe der Rechtsstaat aber nicht ausgehebelt werden. Es brauche einen «austarierten Kompromiss zwischen Schutz- und Nutzungsinteressen».
Der Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz sei auch die Grundvoraussetzung für die Reduktion der Nutzung fossiler Energien. «Klimapolitik fängt mit Energiepolitik an - und nicht umgekehrt», sagte Rösti. Nur wenn genügend Strom vorhanden sei, sei das Netto-null-Ziel realistisch.
Noch vor der Referendumsabstimmung im Sommer über das Klimaschutzgesetz will der Bundesrat laut Rösti Klarheit schaffen, wie er CO2-Massnahmen umzusetzen gedenkt. Nach dem Nein zum CO2-Gesetz sei klar, dass die Reduktion «nicht über das Portemonnaie der Bevölkerung» erfolgen könne.
Neben dem klaren Fokus auf die Sicherstellung der Energieversorgung setzt der neue Uvek-Vorsteher einen weiteren Schwerpunkt bei der Weiterentwicklung der Infrastrukturen. «Stadt und Land sollen gut erschlossen sein», so Rösti.
Dazu gehöre ein schnelles und zuverlässiges Datennetz - «auch dort, wo es für die Betreiber finanziell nicht attraktiv ist». Das Uvek erarbeitet derzeit eine entsprechende Hochbreitband-Strategie.
Auch im Bereich von Schiene und Strasse sowie der Post soll die Bevölkerung auf ein leistungsstarkes Infrastrukturangebot zählen können. «Ohne funktionierendes Strassen- und Schienennetz, ohne Landesflughäfen, ohne Stromleitungen geht gar nichts», sagte Rösti. Auch die Post müsse in den Regionen verankert bleiben.
Dass er die Bergregionen nicht vernachlässigen will, unterstrich Rösti damit, dass er die Probleme im Umgang mit dem Wolf rasch angehen will. Er plane eine Verordnung für den Alpsommer 2023, damit die Kantone bereits vor Inkrafttreten der Revision des Jagdgesetzes eingreifen könnten bei Rissen von Nutztieren, versprach er.
Weniger prioritär ist für Rösti dagegen die Medienpolitik. Nach dem Scheitern des Medienpakets vor Jahresfrist sehe er «keine unmittelbare Dringlichkeit» für einen Ausbau der Medienförderung, sagte er. Ihm seien jedoch «starke freie Medien, eine grosse Medienvielfalt und ein Service public im Medienbereich» wichtig.
Er habe «zumindest bis heute» kein Problem damit, Bundesratsvorlagen gegen seine eigene Partei zu vertreten, sagte Rösti weiter. Vor den Beschlüssen bringe er aber die SVP-Haltung «klar und deutlich» ein. Dass er die Energiewende verzögere, sehe er nicht. «Wenn jemand die Energiewende verzögert, dann sind es Einsprecher, nicht ich.» (oee/sda)