Seit Freitag ist klar: Die Bundesanwaltschaft ermittelt mit Verdacht auf Spionage gegen die Türkei. Nun sagt ein türkischer Geheimdienst-Mann zu «10vor10»: Die Überwachung finde schon seit langem statt, und das im grossen Stil.
Er sei bereits 2006 angeworben worden, sagte der Spitzel dem SRF. Sein Chef, dem er die Informationen lieferte, habe in der türkischen Botschaft in Bern gearbeitet, sei dort aber nicht offiziell angestellt gewesen. Zu den Aufgaben des Ex-Geheimdienst-Mannes gehörte auch die Überwachung von linken türkischen Vereinen. 2012 sei er enttarnt worden und seit dem nicht mehr als Spitzel tätig.
Die türkische Botschaft beantwortete eine Anfrage von «10vor10» zum Fall des Ex-Geheimdienst-Mannes nicht. Dieser sagte, dass vor dem Putschversuch im letzten Jahr 15 bis 20 türkische Spitzel in der Schweiz tätig gewesen seien. Unterdessen seien es 40 bis 50 Geheimdienstleute.
Die Bundesanwaltschaft (BA) vermutet, dass im Umfeld der türkischen Gemeinde in der Schweiz Spionage betrieben wird. Sie hat mit Ermächtigung des Bundesrates ein Strafverfahren wegen Verdachts auf politischen Nachrichtendienst eröffnet.
Für Schlagzeilen sorgten vor dem 16. März mehrere Ereignisse. Der «Tages-Anzeiger» hatte publik gemacht, dass es an der Universität Zürich angeblich zu Bespitzelungen von Türkei-Kritikern gekommen war. Zwei Männer sollen an einer Veranstaltung zum Thema Völkermord an den Armeniern systematisch Besucher gefilmt haben. Auch bei einem weiteren Anlass an der Universität, der Würdigung des Chefredaktor der regierungskritischen Zeitung «Cumhuriyet», wurden anscheinend Besucher gefilmt. (whr)