Den Bundesbehörden ist wieder einmal ein Digitalisierungs-Malheur passiert. Verbockt hat es diesmal das Staatssekretariat für Migration (SEM), das derzeit die erste Kontaktstelle für Geflüchtete aus der Ukraine ist. Die Behörde veröffentlichte vor zwei Wochen ein Informationsblatt «über das Leben in der Schweiz mit Schutzstatus S». Auf diesem wird grundlegendes Wissen unter anderem zum Föderalismus, Umzug und Schule vermittelt.
Das SEM hielt die Informationen bewusst knapp: Ein paar Sätze zu jedem Bereich sollten reichen. Würde das Dokument zu lang werden, wäre auch der Übersetzungsaufwand riesig, da die Informationen in ukrainisch, russisch, englisch, deutsch, französisch und italienisch angeboten werden. Stattdessen setzte man auf die Hilfe von QR-Codes: Wer mehr Informationen will, kann sich diese aufs Handy scannen.
Das klappte auch grundsätzlich. Ausgerechnet bei den ersten beiden Informationen zum Thema «Föderalismus» und «Adresswechsel» konnten die Geflüchteten aber keine Webseite aufrufen. Angezeigt wurde stattdessen eine Fehlermeldung: QR-Code-Kampagne sei aus irgendeinem Grund deaktiviert worden.
Der Grund für diese Panne hängt mit der Funktionsart von QR-Codes zusammen. Diese verpacken eine Webadresse in maschinenlesbarer Form. Will man längere Webadressen in einen solchen QR-Code verpacken, wird das Bild entsprechend dichter. Abhilfe schaffen sogenannte URL-Verkürzer (englisch: URL shortener): Sie generieren für lange Webadressen eine Kurz-Form, die dann als Weiterleitung dient.
Idealerweise verfügen Webseiten-Betreiberinnen und -Betreiber über eigene solche Verkürzungsservices: So hält man die Hoheit über Datenschutz-Aspekte und ist nicht vom Wohlwollen von externen Dienstleistern abhängig. watson entschied sich für dieses Vorgehen: Dieser Artikel ist unter zwei verschiedenen Webadressen erreichbar:
Der Bund hatte vermutlich mit demselben Problem zu kämpfen: Die Adresse zum Informationsblatt für Ukraine-Geflüchteten war ultra lang und benötigte entsprechend viele «QR-Code-Pixel». Die Behörde verkürzte die Adresse, nutzte jedoch dafür den externen Dienstleister «qr-code-generator.com» – der gleich automatisch auch den QR-Code als Bilddatei generierte.
Darin verpackt waren die beiden Webadressen https://qrco.de/bcvwDF bzw. https://qrco.de/bcvvOW, die eigentlich zur Bundeswebseite weiterleiten sollten. Bloss taten sie das nicht (mehr): Die Kurz-Adressen wurden deaktiviert und führten entsprechend ins Leere.
Das SEM erfuhr dank der watson-Anfrage von der Panne und erklärt sich die Fehlermeldung mit einer Umstellung der eigenen Website. «Dabei haben sich offenkundig Dateipfade verirrt, wir passen das so rasch wie möglich an», sagt ein SEM-Sprecher. So rasch wie möglich heisst konkret: Die Korrektur wird erst am Donnerstag erfolgen, weil bis dann das Informationsblatt komplett überarbeitet wird.
Die Behörde vermutet also die Panne bei sich selbst. Diese Situation hätte aber andere Fehlermeldungen verursacht, wie ein Test durch watson zeigt. Wahrscheinlicher ist deshalb, dass die Sperrung durch eine Drittperson verursacht wurde, welche die Webadresse missbräuchlich als Missbrauch meldete. Wahrscheinlicher ist auch ein zweites Szenario: Der Bund verkürzte die Webadresse mit einem «Pro-Account», ohne dafür zu bezahlen.
Auf der Frage-Antwort-Seite von «qr-code-generator.com» heisst es dazu: «Wenn Sie während der Testphase dynamische QR-Codes erstellt haben, werden diese [nach Ablauf der Probezeit] deaktiviert und mit einer Serviceseite verknüpft.» Ob dies der Fall ist, konnte das SEM bis Redaktionsschluss nicht beantworten, weil die verantwortliche Person dafür nicht erreicht werden konnte. Auch Fragen zum Datenschutz blieben deshalb zunächst unbeantwortet: Diese kommen auf, weil der Dienstleister «qr-code-generator.com» fleissig Daten sammelt.
Die Panne hätte mit einem eigenen Verkürzungsservices verhindert werden können. Solche Dienste werden von verschiedenen Entwicklerinnen und Entwickler kostenlos und mit offenem Quellcode angeboten. So etwa in Form des URL-Shortener-Pakets von «Kutt.it»: Die Bundes-IT hätte damit mit geringem Aufwand offizielle «admin.ch»-Kurzadressen generieren können, ohne teure Software beschaffen zu müssen.
Sind sie bei der Gemeinde angemeldet? "Nein, die Gemeinde sagte uns der Kt. Sei zuständig". Hmmm.
Gibt's jetzt Essensgeld? "Nein, dass hier ist nur die Vorregistrierung. Sie erhalten dann 2 Briefe. Einen für die weitere Registrierung mit Fingerabdruck, der andere Termin für Geld zu bekommen. Ich muss also 3 mal 65 Km fahren? "Ja"