Teile der Schweiz sind von schweren Unwettern heimgesucht worden. Besonders betroffen war das Wallis, wo Überschwemmungen und Erdrutsche grosse Schäden verursachten. 230 Personen mussten evakuiert werden. Zermatt war von der Aussenwelt abgeschnitten.
Angesichts der angespannten Lage erhöhten die kantonalen Behörden die Warnstufe für die Rhone und die Seitengewässer des Kantons auf die Alarmstufe. Dies bedeutet insbesondere, dass das Überwachungsdispositiv verstärkt werden muss. Zudem beschloss der Staatsrat, für den Kanton Wallis die besondere Lage zu erklären.
Diese ermöglicht den Einsatz zusätzlicher Mittel. Wegen der Gefahr von Überschwemmungen nahmen die Behörden punktuelle Evakuierungen vor. Besonders betroffen war das Dorf Chippis bei Siders, wie die Chefin des kantonalen Führungsstabs, Marie-Claude Noth-Ecoeur, auf Anfrage bekanntgab. Dort wohnt ein guter Teil der 230 Evakuierten.
Der Kanton Wallis teilte mit, mehr als 200 Feuerwehrleute aus 25 verschiedenen Korps, 19 Führungsstäbe, rund 50 Zivilschutzpflichtige und mehr als 100 Personen aus den für die Verkehrsinfrastruktur zuständigen Diensten stünden im Einsatz. Auch der Kanton Waadt warnte am Freitag vor Hochwassergefahr im Gebiet Chablais.
Im Dorf Lostallo GR kam es zu einem Rüfenniedergang, der laut einem Leserreporter auf «blick.ch» Häuser und Strassen erfasst hat.
Die Überschwemmungen und Erdrutsche verursachten insbesondere in den Walliser Seitentälern grosse Sachschäden an der Infrastruktur, wie Raphaël Mayoraz, Chef der Walliser Dienststelle für Naturgefahren, zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Beziffern lassen sich diese noch nicht. Menschen kamen durch die Unwetter laut den Behörden nicht zu Schaden.
In den Seitenarmen der Rhone seien die Höchststände des Hochwassers im Verlauf des Freitagvormittags gemessen worden. «Dass fast alle Seitenflüsse der Rhone gleichzeitig soviel Wasser führen, ist ziemlich aussergewöhnlich», sagte Mayoraz.
Entlang der Rhone wurde der höchste Pegelstand im Verlauf des Freitagabends erwartet, Die Hochwassergefahr sei zurzeit stark erhöht, aber nicht so kritisch wie etwa bei den letzten grossen Überschwemmungen vom Oktober 2000, erklärte Mayoraz. Damals brachen die Dämme teilweise und die Rhone überflutete die Talebene im Unterwallis.
Die Behörden empfahlen, sich den Wasserläufen nicht zu nähern, nicht auf Brücken zu parkieren, Fahrten mit Fahrzeugen einzuschränken und auf das Filmen oder Fotografieren der Unwetterereignisse zu verzichten.
Prekär war die Lage insbesondere im Mattertal. Nach und von Zermatt weg bestand am und am Samstagmorgen keine Reisemöglichkeit mehr. Sowohl die Strasse als auch die Bahnlinie nach Zermatt waren wegen Überschwemmungsgefahr gesperrt. Die Matterhorn-Gotthard-Bahn stellte den Bahnbetrieb zwischen Visp und Zermatt am Freitagmittag ein. Zwischen Visp und Täsch verkehrten Ersatzbusse.
Die Gemeinde Zermatt rief die Bevölkerung am früheren Abend dazu auf, sich in geschlossene Räume zu begeben. Wer an Bächen wohne, solle höher gelegene Geschosse aufsuchen. Die Schulen im Touristendorf wurden geschlossen, wie ein Gemeindemitarbeiter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Am Abend drohten im Touristendorf weitere Überschwemmungen.
Zermatts Gemeindepräsidentin Romy Biner-Hauser sagte in der Tagesschau des Schweizer Radios und Fernsehens SRF, die Feriengäste seien in Sicherheit. Wer nicht an- oder abreisen könne, erhalte eine Unterkunft.
Laut lokalen Medienberichten waren zahlreiche Verkehrsverbindungen im Kanton Wallis behindert oder gesperrt. Grund für die angespannte Hochwasserlage war eine Regen- und Gewitterfront, die seit Donnerstag über die Schweiz zog. Hinzu kamen die Schneeschmelze und wassergesättigte Böden.
Im Bündner Südtal Misox sind am Samstagmorgen vier Personen vermisst worden. Mehrere Dutzend Personen mussten in der Region Mesolcina/Calanca aus ihren Häusern evakuiert werden, wie die Kantonspolizei Graubünden mitteilte.
Die massiven Gewitter und Niederschläge hätten am Freitagabend nach einem Bergsturz zu einer Hochwassersituation geführt, hiess es in der Mitteilung weiter. Flüsse seien über die Ufer getreten und Strassen überschwemmt worden.
In Misox ereignete sich am Freitag ein Erdrutsch, der zwischen Roveredo GR und Lumino TI im untersten Teil des Tals die Autobahn A13 in beide Richtungen unterbrach. Die A13 und die italienische Strasse H13 mussten zwischen San Vittore und dem Nordportal des San-Bernardino-Tunnels gesperrt werden. Die Zufahrt von Norden in Richtung Roveredo sei wegen der Sperrung nicht möglich, teilte die Kantonspolizei Graubünden mit.
Auch in den anderen Landesteilen waren die Pegelstände der Gewässer wieder am Steigen. Mit einem Wasserstand von 397,08 Metern über Meer befand sich der Pegel des Bodensees in Romanshorn TG am Freitagmittag rund sieben Zentimeter unter der zweithöchsten Gefahrenstufe.
Am Bodensee-Obersee werde in den nächsten Tagen wahrscheinlich wieder die Gefahrenstufe vier erreicht, schrieb das Bundesamt für Umwelt (Bafu) am Freitag im Naturgefahrenbulletin. Die Stufe vier bedeutet «grosse Gefahr» hinsichtlich Hochwasser.
Auf beiden Landesseiten mussten zudem die Rheinvorländer ab Lustenau (A) bis zum Bodensee, respektive ab 20 Uhr von Widnau bis zur Grenze St. Margrethenberg Bruggerhorn, gesperrt werden. Die Verantwortlichen der Internationalen Wasserwehr am Alpenrhein (IWWA) erwarten gegen Samstagmorgen 6 Uhr eine Flutwelle, wie eine Sprecherin aus Anfrage von Keystone-SDA sagte.
Am Samstagvormittag werde die Situation neu beurteilt. Die prognostizierten Pegelstände seien jedoch zuletzt etwas zurückgegangen.
(sda/lyn)
Oberkante Unterlippe scheint die CH halbwegs glimpflich davon zu kommen. - Diesmal noch!