Novartis-CEO: «Medikamentenpreise in der Schweiz viel zu tief» – «Gegenteil ist der Fall»
Bislang ist die Pharmabranche von Donald Trumps Protektionismus-Kurs verschont geblieben. Während für die meisten Schweizer Güter seit dem 7. August ein Importzoll von 39 Prozent gilt, sind pharmazeutische Produkte davon ausgenommen. Noch, muss hierbei betont werden.
Trump ist bestrebt, diesen Zustand zu ändern – die hohen Schweizer Medikamentenpreise in den USA sind dem Präsidenten ein Dorn im Auge. Er drohte mit Zöllen von 250 Prozent, bis Ende September fordert er von den hiesigen Pharmabossen Vorschläge für Preissenkungen.
In einem Interview mit der NZZ nimmt Novartis-CEO Vas Narasimhan zu den Forderungen aus Übersee Stellung. Sein Unternehmen sei bemüht, «konstruktive Lösungen zu finden, damit die Amerikaner weniger für ihre Medikamente bezahlen müssen».
Ein möglicher Ansatz: die Preise für Medikamente in Ländern ausserhalb der USA zu erhöhen. Die amerikanischen Patienten kämen derzeit für einen zu grossen Anteil der Innovationskosten im Bereich Medikamente auf.
Narasimhan will auch Schweizer Patientinnen und Patienten stärker zur Kasse bitten. In der NZZ sagt er:
50 Prozent mehr bei Generika
Auf die Aussagen von Novartis-CEO Narasimhan angesprochen, sagt SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen: «Die Pharmabranche möchte den Prämienzahlenden höhere Medikamentenpreise aufs Auge drücken, um ihre Milliardengewinne abzusichern und Trump zu besänftigen – das ist inakzeptabel.»
Die Begründung, wonach die Medikamentenpreise in der Schweiz zu tief seien, weist Wasserfallen zurück. «Das Gegenteil ist der Fall. Wir bezahlen in der Schweiz bei Originalpräparaten mindestens zehn Prozent und bei den Generika sogar 50 Prozent mehr als in den umliegenden Ländern.»
Wasserfallen sieht das Problem in der fehlenden Transparenz über die Kosten der Pharmaindustrie für Forschung und Entwicklung. Ausserdem entspreche aufgrund geheimer Modelle der tatsächlich bezahlte Preis in einem Land selten dem sogenannten Schaufensterpreis. Sie betont: «Das verkompliziert eine faktenbasierte und transparente Diskussion über faire Preise.»
Preise in der Schweiz in Ordnung
Mit dem Vorwurf Wasserfallens, Schweizer Pharmaunternehmen würden sich bereichern, kann SVP-Nationalrat Thomas de Courten wenig anfangen. «Die Medikamentenpreise in der Schweiz legen nicht die Pharmakonzerne selbst fest. Die Preisfestsetzung obliegt dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Heilmittel-Zulassungsbehörde Swissmedic.
Die Medikamentenpreise in der Schweiz würden sich in einem «der Kaufkraft angepassten Umfeld bewegen», so de Courten. Zu hoch seien sie definitiv nicht.
Dass das Geschäft bei Novartis gut läuft, bestätigt Narasimhan im NZZ-Interview. Von 2024 bis 2029 erwartet der CEO ein Umsatzwachstum von fünf Prozent.
Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz des Basler Pharmakonzerns 50 Milliarden Franken – elf Prozent mehr als 2023. Der Reingewinn stieg um rund 40 Prozent auf knapp zwölf Milliarden Franken. CEO Narasimhan erhielt für 2024 eine Gesamtvergütung von 19,2 Millionen Franken.
Vor allfälligen US-Zöllen müssten sich Schweizer Pharmaunternehmen nicht allzu viel Sorgen machen, so SVP-Nationalrat de Courten. «Diese Firmen sind global tätig, sie können ihre Lieferketten entsprechend organisieren.»
Trump müsse und werde ein Interesse daran haben, dass die Medikamentenversorgung in den USA funktioniere. «Sollte dies aufgrund von Pharma-Zöllen nicht mehr der Fall sein, werden auch seine Wählerinnen und Wähler eines Tages merken, dass Zölle auf Pharma-Produkte keine gute Sache sind.»
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