«Wir lassen euch nicht im Stich», mit diesem Versprechen versuchte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga Mitte März die Arbeitnehmer, Unternehmer und Freischaffenden zu beruhigen. Danach präsentierte der Bundesrat das grösste Hilfspaket der Schweizer Geschichte. Mit insgesamt 42 Milliarden will man die wirtschaftlichen Folgen abfedern. Darin enthalten sind Kredite, Kurzarbeit, Erwerbsausfälle für Selbstständige und Angestellte und die Unterstützung des Sport- und Kulturbereichs.
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Es scheint, als würde den Betroffenen geholfen: Inhaber eines Geschäfts können für ihre Mitarbeitenden Kurzarbeit beantragen, Selbstständige bekommen Corona-Erwerbsersatzentschädigung und alle Unternehmen, die wegen der Corona-Krise «wirtschaftlich erheblich beeinträchtigt sind», dürfen einen Kredit beantragen.
Doch der Schein trügt. Denn die Hilfestellungen gelten nur für Berufstätige, die wegen den Massnahmen des Bundes nicht mehr oder eingeschränkt arbeiten können.
Nicht alle Geschäftsinhaber mussten ihre Türen am 16. März schliessen oder ihre Tätigkeit einstellen. Neben Lebensmittelläden sind auch Hotels, Take-Aways, Werkstätten oder Gesundheitseinrichtungen nicht vom Berufsverbot betroffen. Physiotherapeuten, Taxifahrer, Podologen, Gärtner, Weinhändler, Grafiker, Zahnärzte – sie alle dürfen im Prinzip noch weiterarbeiten. Doch in Realität brechen ihre Umsätze beträchtlich ein: Bis zu 100 Prozent, wie Betroffene bei SRF-«Kassensturz» berichten.
Sie können jedoch weder Kurzarbeit (weil selbstständig) noch Erwerbsentschädigung (weil nicht vom Berufsverbot betroffen) beantragen. Das sind aktuell ihre Möglichkeiten:
Bei der Stadt Zürich gingen deshalb in den vergangenen Wochen dreieinhalb Mal so viele Anträge auf Sozialhilfe ein. Die Stadt hat nun reagiert und hat am Freitag beschlossen, Kleinstunternehmer mit einer raschen Nothilfe zu unterstützen. Pro Gesuch erhalten geschäftsführende Inhaberinnen und Inhaber von Kleinstunternehmen mit maximal zwei Vollzeitstellenwerten eine Pauschale von 2500 Franken. Erste Auszahlungen sind gemäss Mitteilung bereits ab Mitte dieser Woche möglich.
Auch in der Stadt Bern müssen viele Personen auf die Sozialhilfe zurückgreifen. «Allein am Montag sind 50 Unterstützungsgesuche eingereicht worden. Sonst sind es etwa 180 Gesuche pro Monat», sagt Felix Wolffers, Leiter Sozialamt der Stadt Bern gegenüber Nau.ch. Auch bei der Sozialhilfe-Stelle der Stadt Luzern verzeichnet man eine Zunahme der Anmeldungen, wie die Stabsführung auf Anfrage mitteilt.
Bereits über 40'000 Personen haben die Online-Petition unterzeichnet, die die Gleichbehandlung von allen Berufsgruppen fordert. Mit der Voraussetzung, dass sie einen Erwerbsausfall mit dem Coronavirus in Verbindung bringen können, sollen auch solche, die nicht vom Berufsverbot betroffen sind, Erwerbsersatzentschädigung mit 80 Prozent des Bruttoerwerbeinkommens erhalten.
Bisher stand diese Berufsgruppe nicht im Fokus. Das stellte auch die Vizedirektorin des Bundesamts für Sozialversicherungen in der Sendung von SRF-«Kassensturz» fest. Auf die Frage, warum keine Massnahmen für die anderen Berufsgruppen getroffen werden, sagte sie: «Der Bundesrat musste gezielt Härtemassnahmen treffen.» Er würde nun die Situation aufmerksam beobachten. «Die ausfallenden Einnahmen hängen auch davon ab, wie lange die Krise noch andauern wird», so Nova.
An der Pressekonferenz am Montag bestätigt Erik Jakob, Leiter der Direktion für Standortförderung, dass die Selbstständigerwerbenden, die nur sekundär von den Massnahmen des Bundes betroffen sind, aktuell noch keine Unterstützungsleistungen erhalten. «Diese Fragen sind aber auf dem Radar, sie stehen zur Diskussion. Sie können versichert sein, dass der Bundesrat zu gegebener Zeit auf diese Fragen eingehen wird.» Es sei jedoch schwierig, für so viele individuelle Fälle eine «saubere» Lösung zu finden. «Die Kollegen von der Direktion für Arbeit sind da aber dran», sagt Jakob.
Yogabaer
Thom Mulder
Lilamanta