Die SBB bleibt im Bahnstreit mit der BLS hart: Von einer möglichen Aufteilung der Fernverkehrskonzession hält sie nichts. «Das wäre ein Scheinwettbewerb, der kaum zusätzlichen Kundennutzen bringt», schreibt sie. Vielmehr möchte das Unternehmen Kooperationen eingehen.
Die SBB hat am Freitag beim Bundesamt für Verkehr (BAV) die Erneuerung der schweizweiten Fernverkehrskonzession für weitere 15 Jahre beantragt, wie die Bahnbetreiberin vor den Medien in Bern bekannt gab. Integraler Bestandteil des Antrags bildet die Kooperation mit der Südostbahn (SOB). Die SOB wird ab Dezember 2020 im Rahmen der SBB-Fernverkehrskonzession zwei Linien mit eigenem Rollmaterial und im Co-Branding fahren.
Durch die Integration der heutigen Regionalverkehrslinien St. Gallen-Chur und Bern-Neuenburg-La Chaux-de-Fonds in den Fernverkehr sowie des Halbstundentakts Basel-Biel ab dem Jahr 2022 entlastet die SBB nach eigenen Angaben Bund und Kantone um bis zu 30 Millionen Franken pro Jahr.
Keine Einigung erzielt wurde dagegen mit der BLS. Diese sei nicht auf ihr Kooperationsangebot eingegangen, schreibt die SBB. Lösungen sieht die SBB nur dann, «wenn diese unter einer schweizweiten Konzession erfolgen, deutlichen Mehrwert für die Kunden schaffen, die Gesamtsystemkosten nicht steigen und die betriebliche Machbarkeit gewährleistet ist».
Bei einer möglichen Aufteilung der Konzession - wie das die BLS verlangt - wäre laut der SBB das Gegenteil der Fall: Sie schätzt, dass durch Ineffizienzen die Gesamtsystemkosten um 15 bis 20 Millionen Franken pro Jahr steigen würden. Hinzu kämen hohe Umstellungskosten in Höhe von 20 bis 40 Millionen Franken. Zudem müssten mehrere hundert Mitarbeitende den Arbeitgeber wechseln.
«Es käme zu einem Scheinwettbewerb, der kaum mehr Kundennutzen bringt, dafür aber erhebliche Mehrkosten verursacht», hält die SBB fest. «Das heutige Gleichgewicht zwischen rentablen und unrentablen Linien wäre nicht mehr gewährleistet.»
Auch würde eine Aufteilung der Konzession auf mehrere Bahnen im gleichen System den politisch gewollten Kooperationsansatz im öffentlichen Verkehr der Schweiz gefährden. «Der Systemwechsel würde der Konkurrenz aus dem Ausland die Türen zum nationalen Fernverkehr öffnen», fürchtet sie SBB.
Die SBB hält derzeit das Monopol auf den Fernverkehrslinien in der Schweiz. Ein Grossteil der Fernverkehrskonzessionen läuft aber Ende 2017 ab. Das BAV hat sie neu ausgeschrieben. Ende Februar wurden Gespräche am Runden Tisch mit dem BAV und den Bahnen ohne Ergebnis beendet.
Im April hatte die BLS bekanntgegeben, sie interessiere sich für einige Linien, darunter eine von Brig über Bern, Aarau, Zürich und Zürich-Flughafen nach Romanshorn TG. Eine weitere würde Interlaken mit Bern, Aarau, Zürich, Zürich-Flughafen und St. Gallen verbinden. Zudem wolle sie die bestehende Linie von Interlaken via Bern und Olten nach Basel übernehmen. Das Unternehmen informiert am (heutigen) Nachmittag über das weitere Vorgehen.
Der Bund wird bis spätestens Anfang Dezember die Fernverkehrskonzession neu vergeben. Falls der BLS zu weit entgegengekommen würde, behält sich die SBB vor, Anträge für einzelne Linien anzupassen oder gegebenenfalls zurückzuziehen.
«Je nach Ausgang des Konzessionsverfahrens», also falls das notwendige Gleichgewicht zwischen rentablen und unrentablen Fernverkehrslinien nicht gewährleistet wäre, sei die SBB «nicht in der Lage, die heutigen Regionalverkehrslinien St. Gallen-Chur (Rheintal Express), Bern-Neuenburg-La Chaux-de-Fonds sowie den Halbstundentakt Basel-Biel ab 2022 wie geplant in den Fernverkehr aufzunehmen.»
Klappt alles im Sinn der SBB, wird sie das heute eingereichte Konzept ab dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember fahren können. «Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.» (sda)