Harte Ansage an die Banker: Wer Staatshilfe anfordert, dem droht Gefängnis
Beat Rieder zaudert nicht. Er sagt, was er denkt. Und er sagt es direkt: «Die bisherige Bankenregulierung hat total versagt.» Der Walliser Mitte-Ständerat will deshalb nicht einfach zur Tagesordnung gehen, sondern vorsorgen für die nächste Finanz- und Bankenkrise. «Und diese kommt bestimmt.» Sie werde wiederum überraschend sein, «und unsere Aufsichtsorgane werden überfordert sein», sagt Rieder. «Wie bisher.»
Bei der nächsten Krise dürfte die Option mit der UBS als Auffanggesellschaft wegfallen – sei es, weil die Grossbank selbst in Schwierigkeiten steckt oder weil sie bestimmt keine Lust hat, sich eine weitere systemrelevante Bank einzuverleiben. «Nächstes Mal wird der Staat das Risiko und die Rechnung übernehmen müssen», davon ist Rieder überzeugt. Deshalb soll der Bundesrat seiner Ansicht nach in einem Bericht alle rechtlichen und technischen Fragen klären, die sich mit einer vorübergehenden Verstaatlichung einer Bank stellen – respektive mit einer Temporary Public Ownership (TPO), wie es im Fachjargon heisst.
Bund müsste Risiken übernehmen
Doch die Regierung will nichts davon wissen und empfiehlt Rieders Postulat, das für nächsten Dienstag im Ständerat traktandiert ist, zur Ablehnung. Bei einer temporären Verstaatlichung müsste der Bund «sämtliche Risiken einer Bank» übernehmen und sei «somit auch sehr weitgehenden Staatshaftungsrisiken ausgesetzt», hält sie fest. «Dabei besteht zudem das Risiko, dass die Bank über längere Zeit im Staatsbesitz bleibt.» Oder anders gesagt: Was der Bundesrat nicht will, auf das will er sich auch nicht vorbereiten.
Aus Sicht des Bundesrates ist es «weder zielführend noch erforderlich, ein Modell zur Einführung einer TPO in die Schweizerische Bankengesetzgebung zu erarbeiten». Auch Beat Rieder will keine Verstaatlichung von Banken. Aber «im äussersten Notfall» müsse der Bund dafür bereit sein.
Ein fertig ausgearbeitetes Verstaatlichungskonzept kann jedoch falsche Anreize setzen: Banker, die wissen, dass der Staat einspringt, wenn es schiefgeht, gehen in der Tendenz grössere Risiken ein. Dem will der Strafrechtsanwalt Rieder den Riegel schieben, indem er die Verstaatlichungsfrage mit der Justiz verknüpft: Die Führungsorgane von Banken, die mit einer Verstaatlichung gerettet werden, müssten wissen, dass es gegen sie «auf jeden Fall strafrechtliche Anzeigen und Untersuchungen geben wird».
«Das versteht niemand»
Konkret müsste der Bund bei einer staatlichen Bankenübernahme gleichzeitig auch Anklage gegen das Management und den Verwaltungsrat der Bank einreichen. «Es ist doch stossend, dass bis heute kein einziges strafrechtliches Verfahren gegen die ehemaligen Manager der Credit Suisse eingeleitet wurde», sagt der Ständerat. «Das versteht niemand.»
Die CS-Manager sind alle unbehelligt davon gekommen: Der langjährige CS-Präsident Urs Rohner zum Beispiel besucht das Zürcher Filmfestival, und der Untergangspräsident Axel Lehmann darf an der Universität St. Gallen Kurse geben. Der ehemalige Konzernchef Thomas Gottstein wiederum hat ein Beratungsbüro eröffnet, und der frühere CS-Chef Tidjane Thiam wollte gar Präsident der Elfenbeinküste werden.
Die Einzigen, die wegen des CS-Desasters mit harten Klagen konfrontiert werden, sind die Retter: der Bund, die Finanzmarktaufsicht und die UBS. Je nach Ausgang der von Aktionären und Anleihehaltern initiierten Prozesse droht ihnen ein Milliardenschaden.
Rieder ist mit seiner Forderung nicht allein
Gegen «ihre» ehemaligen CS-Lenker sind die Aktionäre hingegen nicht vorgegangen. «Wir müssen im Fall einer Verstaatlichung auch die Aktionärsrechte stärken», sagt Rieder. «Die Hürden für Klagen müssen in einem solchen Fall heruntergesetzt und die Fristen verlängert werden.»
Rieder ist nicht der Einzige, der eine temporäre Verstaatlichung als möglichen Ausweg aus einer Bankenkrise erkennt. So hatte sich auch der heutige Nationalbank-Präsident Martin Schlegel bei der CS-Rettung im Frühjahr 2023 dafür ausgesprochen, wie später mit der Veröffentlichung des PUK-Berichts publik wurde.
