Der Bundesrat will die Blutsteuer abschaffen. Der Mehrwertsteuersatz für Damenhygieneartikel von heute 7.7 Prozent soll auf 2.5 Prozent gesenkt werden. Er beantragt das Parlament, eine Motion des Neuenburger SP-Nationalrats Jacques-André Maire anzunehmen. Möglich war das nur dank der neuen Konstellation im Bundesrat, weiss ein Insider.
Zuständig für die Senkung der Mehrwertsteuer ist das Finanzdepartement. Mit einer Mehrheit des Bundesrats im Rücken schmetterte Maurer einen ähnlichen Vorstoss (mehr dazu weiter unten) von Maire 2017 aber ab. Zu gross sei das Loch, das in die Bundeskasse gerissen würde. Auf 50 Millionen Franken müsste der Bund verzichten, so der Finanzminister: «Ohne dass sich das bei den Betroffenen im Portemonnaie wirklich niederschlagen würde.»
Nun, zwei Jahre später, wird Maurer überstimmt. Die drei Frauen im Bundesrat, Viola Amherd, Karin Keller-Sutter und Simonetta Sommaruga stimmten gemäss Insider für die Annahme des Vorstosses. Unterstützung erhielten sie von Innenminister Alain Berset. Maurer musste klein beigeben.
Nationalrat Maire argumentiert in seinem Vorstoss, die aktuell geltenden Mehrwertsteuersätze benachteilige Frauen. Es sei Zeit, die «befremdlichen» Regeln zu ändern. Stimmen National- und Ständerat dem Vorstoss zu, werden Tampons, Binden und Slip-Einlagen als lebensnotwendige Güter definiert und zum reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2.5 Prozent besteuert.
Heute wird auf diesen Artikeln der volle Mehrwertsteuersatz von 7.7 Prozent erhoben. Für Produkte wie Schnittblumen oder Streumittel für Tiere gilt dagegen der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 2.5 Prozent.
Der SP-Nationalrat weist auch auf die Regeln in anderen Ländern hin. Etliche Staaten hätten Tampons und Binden ganz von der Mehrwertsteuer befreit. Die EU habe ihre Vorschriften gelockert, damit die Mitgliedstaaten für solche Produkte einen reduzierten Mehrwertsteuersatz einführen oder sie ganz von der Mehrwertsteuer befreien können.
Bis Damenhygieneartikel tatsächlich günstiger werden, müssen noch zwei Hürden genommen werden. Zuerst muss das Parlament Maires Vorstoss gutheissen. Und dann braucht es den Goodwill der Detailhändler. Dieser scheint gegeben.
Man begrüsse den Vorstoss und werde eine allfällige Senkung den Kundinnen weitergeben, heisst es bei Coop. Bei der Migros klingt es ähnlich. «Selbstverständlich» würden die Kundinnen vom reduzierten Mehrwertsteuersatz profitieren. Wirklich viel sparen könne man aber nicht, so die Migros. «Beim Kauf von unseren klassischen Binden mit mittlerem jährlichen Konsum wäre es für die Konsumentin eine Einsparung von rund 60 Rappen», erklärt eine Sprecherin.
Für die Bundeskasse wäre die Abschaffung der Blutsteuer kaum spürbar. Die Gesamteinnahmen in Höhe von 22 Milliarden Franken würden einer Schätzung von Nationalrat Maire zufolge um 10 bis 15 Millionen Franken verringert, also um 0.5 Promille.
Zu den Finanzen äussert sich der Bundesrat in seinem Beschluss nicht: Der am Donnerstag veröffentlichte Antrag auf Annahme der Motion enthält keine Begründung. Vor zwei Jahren hatte der Bundesrat beim Parlament noch beantragt, einen Vorstoss mit ähnlichem Anliegen abzulehnen.
Damals forderte Maire einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für «grundlegende Hygieneartikel». Neben Tampons und Binden nannte er als Beispiele Windeln, WC-Papier und Zahnpasta. Der Bundesrat argumentierte, dies würde das System komplizierter machen.
Auch sei unklar, was alles unter «grundlegende Hygieneartikel» fiele. Je mehr Produkte und Dienstleistungen dem reduzierten Satz unterstellt würden, desto mehr Abgrenzungsprobleme gebe es. Ausserdem drohten Mindereinnahmen für die Bundeskasse von rund 50 Millionen Franken im Jahr.
Mit Material der sda