Paukenschlag in der Schweizer Medienwelt. Gestern kam es an einer Sitzung des Verbands Schweizer Medien (VSM) zum Eklat. Das grösste private Medienhaus der Schweiz, Ringier, tritt per sofort aus dem Verlegerverband aus. Begründet wird der Schritt mit «unüberbrückbaren Differenzen mit einzelnen Mitgliedern im Präsidium». Die Entwicklung kommt überraschend.
Hintergrund des Streits ist eine neue Werbeallianz: Am Montag gab Ringier gemeinsam mit der SRG und dem Telekom-Unternehmen Swisscom bekannt, dasssie in der Werbevermarktung zusammenspannen wollen. Dieser Schritt, der eine geballte Kraft im Werbemarkt zur Folge hat, hat viele Verleger vor den Kopf gestossen. Einer der grössten Kritiker der SRG – Ringier mit seinen Blättern «Blick» und «SonntagsBlick» – sei gekauft worden, wurde kritisiert.
Während der «Blick» also im Rahmen der RTVG-Revision scharf gegen die SRG geschossen hat, hat Marc Walder hinter den Kulissen mit der SRG und der Swisscom den Deal verhandelt. Auch die anderen Verlagshäuser haben in den vergangenen Monaten mit der SRG und der Swisscom ähnliche Verhandlungen geführt. Immer ging es dabei aber um die Entwicklung einer gemeinsamen technischen Plattform.
Von einer Werbeallianz wurde nicht gesprochen. Man habe dann gemeinsam beschlossen, dass es eine Branchenlösung braucht. Dass nun Ringier nicht nur ausgeschert, sondern sogar einen Schritt weitergegangen ist, bezeichnet Peter Wanner, der Hauptinvestor von watson und AZ-Verleger, als «unsolidarisch».
Auch Politiker kritisierten den Deal: SVP-Nationalrätin und SRG-Kritikerin Natalie Rickli monierte gegenüber dem Branchenportal «persoenlich.com» die Haltung von SRG und Swisscom: «Wenn sich mit der SRG und Swisscom zwei mehrheitlich staatlich finanzierte beziehungsweise dominierte Unternehmen zusammentun, kommt es zu einer gefährlichen Wettbewerbsverzerrung.»
Es geht auch um die Frage, wie viel Werbung auf den Sendern und den OnlineAngeboten der SRG künftig laufen soll. Ringier-CEO Marc Walder: «Faktisch fordert der Verband Schweizer Medien ein Werbeverbot für die SRG. Also: auch keine Werbung mehr auf deren Fernsehsendern. Dies ist eine Radikalforderung, hinter der Ringier nicht stehen kann. Deshalb treten wir mit sofortiger Wirkung aus dem Verband aus. Ich bedaure den aufgrund dieser Haltung des Verbandes unausweichlichen Austritt von Ringier.»
Tatsächlich stellt der VSM eine deutliche Forderung auf. Er befürwortet eine SRG, die das Medienangebot konzentriert. «Wir fordern jedoch nicht ein totales Werbeverbot, sondern dass sich die SRG auf ein Programm konzentriert, das gebührenfinanziert ist und sich nicht an die Bedürfnisse der Werbewirtschaft anpassen muss», sagt Verleger-Präsident Hanspeter Lebrument gegenüber der «Nordwestschweiz».
Ausserdem soll die Kommerzialisierung des Digitalangebots der SRG nicht erlaubt sein, auch nicht mittels Einbringung des SRG-Digitalangebots in Werbe- oder Datennetzwerke, wie der VSM fordert. Pikant: Der Ringier-Chef war als Mitglied des VSM-Präsidiums bei der Ausformulierung des Positionspapiers im Juni mit dabei. Den Verlegerpräsidenten hat er jedoch erst am letzten Sonntag über die geplante Werbeplattform mit der SRG und Swisscom informiert.
Das geplante Gemeinschaftsunternehmen steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Wettbewerbskommission (Weko) und des Bundesamts für Kommunikation (Bakom). Laut dem stellvertretenden Weko-Direktor Patrik Ducrey ist eine entsprechende Meldung der drei Unternehmen bereits eingetroffen. Die Weko führt dementsprechend eine Vorprüfung durch. Die Verleger prüfen weitere Schritte.
(aargauerzeitung.ch)