Die EU-Kommission in Brüssel hat den Druck noch einmal erhöht: Lehnt die Schweiz den Rahmenvertrag ab, werden die bilateralen Verträge nicht mehr erneuert. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, bekämen dies als Erste die Firmen der Medizintechnik zu spüren – spätestens im Frühling 2020.
Betroffen wären rund Schweizer 1400 Unternehmen mit über 58'000 Angestellten, die jährlich mehr als 11 Milliarden Franken mit Exporten generieren – der Grossteil davon geht in EU-Länder.
Es drohen aber auch Engpässe bei der Versorgung hiesiger Spitäler mit überlebenswichtigen Gütern. Die Hersteller von Produkten wie Prothesen, Kathetern und Spitalgeräten müssen damit rechnen, dass ihr Zugang zum EU-Markt erschwert wird. Dies, weil in der EU am 26. Mai 2020 neue, strengere Zulassungsbedingungen für solche Güter in Kraft treten.
Die Schweiz müsste bis dahin den bilateralen Vertrag über die technischen Handelshemmnisse anpassen. Nun besteht die Gefahr, dass sich Brüssel querstellt. «Für uns wäre das eine sehr prekäre Situation», sagt CVP-Ständerat Beat Vonlanthen, Präsident des Verbands Swiss Medtech, in der «NZZ am Sonntag». Dann würden Schweizer Medtech-Firmen wie Unternehmen aus Drittstaaten behandelt.
Schweizer Unternehmen, die keine Niederlassung in der EU betreiben, wären gezwungen eine Vertretung zu suchen – eine kostspielige Angelegenheit. Insbesondere die vielen kleinen Firmen – über 90 Prozent der Mitglieder von Swiss Medtech – würden wegen zusätzlichen Kosten an Wettbewerbsfähigkeit einbüssen.
Zudem müssten sämtliche Produkte neu zertifiziert und Etiketten und Gebrauchsanweisungen gedruckt werden. Es besteht die Gefahr, dass dies nicht rechtzeitig umgesetzt werden könnte. Tausende von Produkten müssten allenfalls vorübergehend vom Markt genommen werden – verheerend für Schweizer Spitäler, die auf die Produkte angewiesen sind.
Als Drittstaat riskiert die Schweiz aber auch, bei Lieferengpässen benachteiligt zu werden. Gemäss Vonlanthen würde die Schweiz im Falle einer Verknappung von wichtigen Produkten nicht mehr prioritär behandelt werden.
Ein Nein zum Rahmenabkommen würde nicht nur Medizinfirmen treffen: Firmengründer aus dem Umfeld von Hochschulen dürften vermehrt ihre Unternehmen im Ausland ansiedeln: «Wir laufen Gefahr, gut ausgebildete junge Leute ans Ausland zu verlieren», sagt Vonlanthen. (vom)