Die Wirtschaft entdeckt Flüchtlinge als Arbeitskräfte. So will das Einrichtungshaus Ikea in den nächsten sechs Monaten Praktika-Programme für Flüchtlinge starten. Auch das Transport- und Logistikunternehmen Planzer ist an Flüchtlingen als Arbeitskräfte interessiert. Gegenüber der «Nordwestschweiz» erklärt VR-Präsident Nils Planzer die Motive seiner Firma hinter dem Vorstoss.
Herr Planzer, was steckt hinter dem Engagement von Planzer für Flüchtlinge?
Nils Planzer: Wir haben uns in unserer Firma seit längerem Gedanken gemacht, was wir anbieten können. Das Schlimmste, das einem Flüchtling passieren kann, ist, wenn er am neuen Ort keine Betätigung hat. Und so sind wir auf das Seco, das Staatssekretariat für Wirtschaft, zu und haben unsere Dienste angeboten.
Wie soll ein Flüchtling bei Ihnen arbeiten können?
Zunächst: Die ganzen technischen Fragen sind noch nicht geklärt. Sicher ist, dass wir einen Bedarf nach Arbeitskräften haben. Und wir können uns sehr gut vorstellen, dies mit diesen Menschen zu decken.
Was genau sollen die Flüchtlinge, die ja Asylbewerber sind, tun, wenn sie nicht einmal Deutsch können?
Wir haben viele Jobs, bei denen die Sprachenkenntnis nicht im Vordergrund ist. So beschäftigen wir heute schon bis zu 400 Leute im Bereich Kommissionierung und Konfektionierung. Es geht etwa darum, Lieferungen umzupacken oder neu zu beschriften. Ausserdem betreiben wir für unsere Kunden Lagerhäuser. Auch hier kann ich mir einen Einsatz vorstellen. Das Gleiche gilt beim Warenumschlag: Hier sind vor allem starke Hände gefragt, wenn es darum geht, Paletten von Lastwagen auf Züge zu verladen. Zu guter Letzt gibt es auch viel Bedarf an Reinigungskräften. Auch hier kann ich mir einen Einsatz von Flüchtlingen vorstellen.
Sie schulen heute schon Leute mit einem anderen Beruf um zu Transporteuren oder Fahrern. Können Sie sich das auch bei Flüchtlingen vorstellen?
Genau. Wir haben heute schon Ausbildungsprogramme, in denen wir Metzger oder Schreiner zu Lastwagenfahrern oder Logistikern ausbilden. Das dauert etwa drei Monate. Der Grund ist ganz einfach: Es gibt in der Schweiz zu wenig Chauffeure und Logistiker. Der Bedarf ist gross. Etwas Ähnliches kann ich mir auch mit Flüchtlingen vorstellen. Wir planen, Ausbildungsprogramme für rund hundert Flüchtlinge anzubieten. Hier ist klar, dass wir das nicht von einem Tag auf den anderen aufbauen können.
Wie viele Jobs können Sie insgesamt anbieten?
Genaue Zahlen kann ich Ihnen keine nennen. Was klar ist: Wir decken heute unseren Bedarf mit Temporär-Mitarbeitern und haben für Spitzen auch einen eigenen Pool an Mitarbeitern. Das sind schon heute Menschen mit einem sehr unterschiedlichen Hintergrund. Einige haben in ihren Ländern ganz andere Arbeit geleistet, andere waren Ärzte oder Akademiker. Wir können mit einer solchen Situation umgehen. Wir wollen auch keine Subventionen, sondern die Jobs sollen marktgerecht entlöhnt werden.
Der Aargauer Fuhrhalter und SVP-Nationalrat Ueli Giezendanner sagt, er könne keinen Flüchtling ohne Sprachkenntnisse als Fahrer anstellen.
Wir machen hier keine billige PR auf Kosten der Flüchtlinge. Unsere Aktion haben wir, soweit ich weiss, nicht einmal auf der Homepage aufgeführt. Wir versuchen zu helfen. Wenn es nicht geht, haben wir es zumindest versucht. Mir ist auch klar, dass es nicht geht, einen Fahrer ohne Fahrkenntnisse auf die Piste zu schicken. Für uns sind die Fahrer wichtige Aushängeschilder. Der Kontakt mit dem Kunden geschieht auf dieser letzten Meile. Hier ist neben guten Sprachkenntnis tadelloses Auftreten entscheidend.
Die Schweiz gilt als Hochlohnland. Die Frage stellt sich bei Flüchtlingen, ob sie günstig beschäftigt werden könnten. Fordern Sie, dass Billiglöhne gelten?
Nein. Es geht uns nicht darum, «Billigjobs» anzubieten, sondern die Entlöhnung soll gemäss marktüblichen Bedingungen gestaltet werden.