Am Wirtschaftshimmel braut sich gerade der perfekte Sturm zusammen. Corona, der Ukraine-Krieg und der Klimawandel machen das Leben immer teurer. Das scheinen auch die Verbraucher in der Schweiz zu spüren. Die Konsumentenstimmung nähert sich jener zu Beginn der Pandemie und liegt weit unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre, wie die jüngste Konsumentenbefragung des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO ergab.
Die Befragten sind in allen Bereichen pessimistisch, von der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten 12 Monate bis zu der Frage hin, ob jetzt ein guter Zeitpunkt für eine grössere Anschaffung sei. Einen historischen Tiefstand erreicht der Teilindex zur Entwicklung der finanziellen Lage im nächsten Jahr.
Doch stimmt das auch? Wie fest schlagen sich steigende Krankenkassenprämien und höhere Energiepreise auf unser Portemonnaie aus? Wir haben gerechnet.
Zuerst vorweg: Inflation ist individuell. Ob das Leben des einzelnen teurer wird, hängt davon, was man als Individuum konsumiert. Jemand, der kein Auto besitzt, ist nicht von den steigenden Benzinpreisen betroffen. Menschen mit Glutenallergie werden nicht so sehr an höheren Brotpreisen leiden.
Um überhaupt Aussagen machen zu können, werden also Durchschnittswerte genommen. Dabei stützt man sich am besten auf den Landesindex der Konsumentenpreise, der monatlich vom Bundesamt für Statistik erhoben wird.
Dieser weist für den Monat April eine Inflationsrate von 2,5 Prozent aus, verglichen mit dem Vorjahresmonat. Den grössten Preisaufschlag erlebte der Verkehr. In diese Kategorie fällt alles, was mit Mobilität zu tun hat; von Fahrradpreisen über Treibstoffpreise bis hin zum ÖV und dem Luftverkehr.
Bei den spezifischeren Kategorien lassen sich weitaus grössere Preisaufschläge ausmachen. Vor allem Dinge, die in irgendeiner Form von fossilen Energieträgern abhängig sind, wurden im letzten Jahr markant teurer. Das betrifft Autofahrer, aber auch all jene, die noch mit Gas oder Öl heizen. Auch Ferien mit dem Flugzeug wurden im Vergleich zum letzten Jahr sehr viel teurer.
Insgesamt steht die Schweiz mit einer Inflationsrate von 2,5 Prozent aber noch gut da. In Deutschland liegt die Inflationsrate bei 7,4 Prozent, im gesamten Euroraum mit 7,5 Prozent noch etwas höher. Gründe dafür dürften unter anderem im starken Franken liegen, welcher den Import von Waren billiger macht. Auch ist die Schweiz nicht in den europäischen Binnenmarkt integriert.
In die Zukunft schauen kann der Konsumentenindex allerdings nicht. Es könnte jedoch noch einiges auf die Konsumenten zukommen.
Der grösste Preissprung ist in naher Zukunft bei den Strompreisen zu erwarten. Der Verband der Schweizer Energieunternehmen (VSE) rechnet damit, dass die Hälfte der Stromversorger ihre Tarife fürs nächste Jahr um 20 Prozent oder noch mehr erhöhen müssen. Der Grund dafür ist klar: der Krieg in der Ukraine. Aber auch die Umstellung auf grünere Energie ist teuer. Den Durchschnittshaushalt dürfte dies rund 180 Franken pro Jahr mehr kosten.
Dem Gewerbe dürfte die Preiserhöhung besonders weh tun: Bereits auf ein kleines Unternehmen könnten zusätzliche Kosten von mehreren tausend Franken zukommen. Inwiefern diese es sich leisten können, diesen Mehraufwand an die Kunden weiterzugeben, ist fraglich. «Das Gewerbe leidet jetzt schon unter höheren Beschaffungskosten für Rohstoffe und Materialien. Man kann den Kunden nicht zumuten, dass sie noch 20 Prozent mehr für Strom bezahlen müssen», sagte Henrique Schneider vom Schweizerischen Gewerbeverband gegenüber SRF.
Ob es tatsächlich zu dem befürchteten Preishammer kommt, das zeigt sich im Herbst. Die Strommarktaufsicht Elcom muss die Tariferhöhungen noch genehmigen – oder aber an den Absender zurückweisen.
Ebenfalls noch unklar ist, wie hoch der Anstieg der Krankenkassenprämien ausfallen wird. Diese sind übrigens nicht im Landesindex der Konsumentenpreise enthalten, da sie in der Schweiz als Transferzahlungen gelten. Mit ihnen wäre die Inflationsrate in der Schweiz höher.
Nachdem die Prämien für dieses Jahr zum ersten Mal seit 2008 leicht gesunken sind, droht nun ein Prämienschock. Der Krankenkassenverband Santésuisse warnte vor einem möglichen Prämienanstieg von bis zu 10 Prozent im nächsten Jahr.
Bei einer Erwachsenenprämie von durchschnittlich rund 378 Franken pro Monat würde dies im Jahr 2023 Mehrkosten von fast 38 Franken pro Person und Monat ausmachen. Oder 456 Franken im Jahr. Das Vergleichsportal Comparis ist etwas zurückhaltender mit seiner Prognose. Es sprach Anfang Mai von einem erwarteten Prämienanstieg von fünf Prozent.
Begründet wird der Preisanstieg mit explodierenden Gesundheitskosten sowie dem Argument, dass die Kassen im laufenden Jahr zu viele Reserven abgebaut hätten. Inwieweit letzteres stimmt, lässt sich derzeit noch nicht bewerten. Fakt ist aber, dass die Krankenversicherungen im vergangenen Jahr 12,4 Milliarden Franken Reserven hatten. Das sind 6 Milliarden mehr als vorgeschrieben.
Für die Unternehmen läuft es derzeit trotz des Ukraine-Krieges und unterbrochenen Lieferketten mehr als rund. Die Geschäftslage der Unternehmen soll so gut sein wie seit Ende der Finanzkrise nicht mehr. Viele Firmen profitieren zudem von einer moderaten Inflation, da sie in den meisten Fällen die Preissteigerungen an die Kunden weitergeben und ihre eigene Marge dabei leicht erhöhen können. Das SECO rechnet mit einem BIP-Wachstum von 2,8 Prozent für das laufende Jahr, 2,0 Prozent für 2023.
Gewerkschaften fordern deswegen bereits Lohnerhöhungen, um den derzeitigen Kaufkraftverlust auszugleichen. Gemäss einer Umfrage unter 337 Unternehmen mit 680’000 Mitarbeitenden soll es tatsächlich Lohnerhöhungen geben – im Schnitt 1,2 Prozent.
Und so werden dann einfach mal 6 Mia zusätzliche Reserven geschöpft? Wieviel wurde davon denn jetzt angegraben und weshalb?
Übrigens wären Reserven dazu da, dass sie angegraben werden, wenns mal enger wird. Die Zufriedenheit der Verwaltungsräte und Aktionäre ist kein Argument für eine Prämienerhöhung, welche zu einem Teil auf den Staat abgewälzt wird.
Transparenz und Aufklärung wären wieder mal angebracht. Schon nur, damit man diesen Filz auch einigermassen verstehen könnte.
2. Können wir die verdammte KK bitte endlich reformieren? Bitte! Oder wenigstens die KK Aufschläge zur Teuerung rechnen.