Er hat es zumindest versucht. Am letzten Freitag reiste Wirtschaftsminister Guy Parmelin nach Washington. Dort traf er Finanzminister Scott Bessent, Handelsminister Howard Lutnick und den Handelsdelegierten Jamieson Greer. Mit den Gesprächen war die Hoffnung verbunden, den US-Zoll von 39 Prozent auf Schweizer Exporte zu senken.
Die Anfrage kam aus den USA, nachdem die Schweiz ein «verbessertes» Angebot vorgelegt habe, sagte Aussenminister Ignazio Cassis dem RSI. Und die Gesprächspartner waren «gewichtiger» als bei der «Rettungsaktion» von Parmelin und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter vor Monatsfrist, als es nur ein Treffen mit Aussenminister Marco Rubio gab.
I held constructive meetings in Washington with Secretary of Commerce Howard Lutnick, Secretary of the Treasury Scott Bessent & Trade Representative Jamieson Greer. Switzerland sees real opportunity ahead for both countries and is committed to deepening our economic partnership. pic.twitter.com/mJWKvs0dJ5
— Guy Parmelin (@ParmelinG) September 5, 2025
Das Ergebnis aber war identisch. Parmelin veröffentlichte nach den Gesprächen einen Post auf X, der vor diplomatischen Floskeln strotzte. Ansonsten waren der SVP-Bundesrat und sein Departement kurz angebunden. Im Klartext heisst das: Man hat nett miteinander geredet, ist einem Durchbruch aber keinen Millimeter näher gekommen.
Ausser Spesen nichts gewesen, lässt sich erneut bilanzieren. Und wenig deutet darauf hin, dass sich in absehbarer Zeit etwas ändern wird. Das zeigt ein ebenfalls am letzten Freitag geführtes Interview mit Howard Lutnick auf Bloomberg TV. Es war aufschlussreich, nicht zuletzt weil der Handelsminister ein Lakai seines Herrn Donald Trump ist.
Das unterscheidet ihn von Bessent und Greer, die als «Schweiz-Versteher» gelten, aber wenig zu sagen haben. Lutnicks Kritik an der Schweiz war deutlich. Faktisch unterstellte er ihr, die USA mit teuren Medikamenten «abzuzocken», während sie selbst als kleines Land mit neun Millionen Einwohnern den US-Exporteuren wenig zu bieten habe.
«Warum sind die Schweizer so reich? Weil sie so viel an den USA verdienen», sagte Lutnick und machte sich zum «Echo» von Präsident Trumps desaströsem Telefonat mit Karin Keller-Sutter am 31. Juli. Schon vor Parmelins Ankunft in Washington zeigte sich der US-Handelsminister deshalb «nicht optimistisch», dass es zu einer Einigung kommen könnte.
Es liesse sich einwenden, dass die USA mit ihrem dysfunktionalen Gesundheitssystem eine gehörige Mitschuld an den absurd hohen Pharma-Preisen haben, doch damit sollte man einer Trump-Regierung besser nicht kommen. Und es lässt sich kaum bestreiten, dass die kleine Schweiz trotz hoher Kaufkraft kein sonderlich attraktiver Exportmarkt ist.
Richtig schmerzhaft für manche Ohren hierzulande aber war Howard Lutnicks Lobrede auf die Europäische Union. Die EU habe ihren Markt mit 450 Millionen Einwohnern und einem Volumen von 20 Billionen Dollar geöffnet, ihre Zölle auf null gesenkt und gleichzeitig einen US-Zoll von 15 Prozent akzeptiert. «Wie fantastisch ist das!», schwärmte Lutnick.
In der Trump-Welt gilt eben die Devise «Size matters», und da hat die EU wesentlich mehr zu bieten als die Schweiz mit ihrem «Alleingang». Auffällig ist dabei, dass der US-Präsident der EU zwar mit weiteren Zöllen wegen der Digitalgesetze und der Milliardenstrafe für Google gedroht, zumindest bislang aber im TACO-Stil nichts unternommen hat.
Das kann sich ändern, aber es ist möglich, dass Lutnick und die Exportfirmen Trump gewarnt haben, den für die US-Wirtschaft so lukrativen Deal mit der EU zu torpedieren. Denn Brüssel hat für diesen Fall unverhohlen Vergeltungszölle angedroht. Dies könnte eine Eskalationsspirale auslösen, bei der beide Seiten am Ende nur verlieren würden.
Für die Schweiz gibt es kaum brauchbare Optionen im Zollstreit. Howard Lutnick deutete im Bloomberg-Interview an, sie solle dem Beispiel Japans folgen. Die viertgrösste Volkswirtschaft der Welt hat sich letzte Woche verpflichtet, 550 Milliarden Dollar in den USA zu investieren, wobei Donald Trump über die Verwendung entscheiden soll.
Als Möglichkeit nannte Lutnick den Bau von Antibiotika-Fabriken oder von Ölpipelines in Alaska, doch der Deal hat einen Beigeschmack von Korruption. Für die Schweiz bedeutet dies, dass es kaum genügt, wenn hiesige Firmen 150 Milliarden in den USA investieren. Sie müsste das Geld Trump «schicken», und das wäre nur schwer vermittelbar.
Ein solcher Deal wäre «aus demokratischer Sicht bei uns chancenlos», meinte die Mitte-Nationalrätin und Aussenpolitikerin Elisabeth Schneider-Schneiter gegenüber der «Sonntagszeitung». Guy Parmelins SVP brachte wieder einmal FIFA-Chef Gianni Infantino ins Spiel, doch der wird sich vor diesem politischen «Minenfeld» hüten.
Faktisch hält die Trump-Regierung der Schweiz den Spiegel vor. Darin zeigt sich ein Land, das von anderen profitiert, selbst aber wenig zu bieten hat. Deshalb ist ein baldiger Zoll-Deal nicht sehr wahrscheinlich. Die EU hingegen spielt in einer anderen Liga. Sie wird hierzulande gerne schlechtgeredet, doch für die USA ist sie ein bedeutender Handelspartner.
Es ist mehr als ironisch, dass ausgerechnet ein devoter Trump-Gefolgsmann diesen Aspekt hervorhebt. Die hiesigen EU-Gegner wird dies nicht umstimmen, aber es könnte eine Rolle spielen, wenn wir in nicht allzu ferner Zukunft über den bilateralen Weg abstimmen werden.
Wir können:
1: Ami Produkte boykottieren
2. uns auf andere Märkte konzentrieren
Ja sollen wir denn aufhören innovativ und produktiv zu sein, damit die Nummer 47 zufrieden ist? Spätestens beim sich anbahnenden Staatsbankrott der USA muss die Wirtschaft bereit sein, andere Märkte zu beliefern. Daher besser heute als morgen erst, sich anderen Märkten zuwenden.