Bei Victoria's Secret ist der Name Programm: Die Verantwortlichen behandeln ihre Strategie wie ein Staatsgeheimnis. Auskunft erteilen will selbst auf mehrfache Anfrage niemand, doch die Anzeichen verdichten sich: Die für Damenunterwäsche bekannte US-Kette wagt den Markteintritt in der Schweiz. An bester Lage an der Bahnhofstrasse in Zürich soll sie laut Informationen von CH Media eine Filiale eröffnen. Es handelt sich um das ehemalige Manor-Haus. Wie CH Media im März berichtete, wird nebenan auch H&M mit einer Filiale seines Luxus-Konzepts «& Other Stories» den Markteintritt wagen.
Der Name Victoria's Secret ist hierzulande nicht ganz neu und prangt bereits an einem kleineren Laden im Flughafen Zürich. Dort werden allerdings fast keine Kleider verkauft, sondern eine Auswahl von Kosmetik und Accessoires des Konzerns. Hinter dem Laden steckt aber dieselbe Firma, die sich nun an die Bahnhofstrasse wagt: die griechische Amarla Retail.
Diese betreibt in Europa und im Mittleren Osten mehrere Filialen von Victoria's Secret und der Körperpflege-Kette Bath & Body Works, die bis 2021 zum selben Konzern gehörte. Verantwortlich für die Bahnhofstrasse-Filiale wird der Schweizer Ableger von Amarla namens Agora Retail Trading, der seinen Sitz vor kurzem vom Victoria's-Secret-Laden am Flughafen Zürich nach Genf verlegt hat.
Dass Victoria's Secret in die Schweiz kommt, erstaunt in der Branche einerseits niemanden. Das Land ist für internationale Marken attraktiv. Auch an der Zürcher Bahnhofstrasse dürften sich die Dessous gut verkaufen lassen. Andererseits hat die Marke den grössten Hype hinter sich und kämpfte zwischenzeitlich gar ums Überleben.
Sie habe sich dem Zeitgeist verschlossen, schrieb die «NZZ am Sonntag» schon 2019: «Weder kurvige Frauen noch Transgender-Models sollten für den Firmenchef laufen». Gleichzeitig sei Victoria's Secret mit seinen gepolsterten BHs auch modisch abgehängt worden. «Zu unbequem, zu unnatürlich, finden junge Frauen», urteilte die Zeitung. Damals sanken die Umsätze stark, die Chefs wechselten sich ab.
Auf dem Tiefpunkt befand sich die Marke vor zwei Jahren. Aktionäre klagten gegen den Firmenchef und Gründer Leslie Wexner, der in der damals zu Wexners Konzern «Limited Brands» gehörenden Firma eine «Kultur der Frauenfeindlichkeit, des Mobbings und der Belästigung» geschaffen habe. Zuvor wurde bekannt, dass Wexner sein Vermögen von Jeffrey Epstein verwalten lassen hatte und diesem zu seinem Reichtum verhalf. Epstein war angeklagt, einen Ring zur sexuellen Ausbeutung von Kindern betrieben und hunderte minderjährige Mädchen missbraucht zu haben. 2019 wurde er tot in seiner Gefängniszelle gefunden.
Victoria's Secret wurde in der Folge abgestossen und gehört seit 2021 nicht mehr zu Limited Brands, sondern ist als eigenständige Firma an der US-Börse kotiert. Das neue Management verordnete einen Kurswechsel – und zwar einen sichtbaren. Auf der Internetseite werben nun Models aller Körpergrössen und -formen für die Dessous-Marke, Frauen wie die US-Fussballspielerin Megan Rapinoe wurden zu Markenbotschafterinnen ernannt. Das Sortiment wurde ausgeweitet, die Verkäufe erholten sich. Victoria's Secret ist weiterhin der grösste Lingerie-Verkäufer der USA und betreibt etwa 1400 Filialen weltweit.
Marktkenner melden allerdings noch aus anderen Gründen Zweifel am Konzept an. Die griechische Franchisenehmerin Amarla bemüht sich offenbar seit Jahren um einen Standort hierzulande, hat sich aber in der Branche keinen Namen als zuverlässige Partnerin gemacht.
Zuletzt war Amarla zudem kein Glück beschieden. Die Läden von Victoria's Secret in Norwegen musste die Kette schliessen, auch andere Standorte in Europa wurden kürzlich dichtgemacht. Eine funktionierende Internetseite betreibt das Unternehmen nicht. Der Genfer Anwalt, der die Agora Retail führt, antwortet genauso wenig auf Medienanfragen wie der Vorsitzende der Geschäftsführung, der von Amarla abkommandiert wurde, noch die griechische Zentrale. Fürs Erste bleibt der Markteintritt also geheimnisvoll.
Ich dachte die verdienen mit Durchsichtigem! 😁
meine Lieblings BHs waren alle von VS und sollten sie dieses Qualität/Komfort/Preis Dreieck beibehalten haben, wäre dies Top!
sollten sie allerdings das xFache verlangen, einfach „weil Schweiz“, sehe ich da keine Zukunft.