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Immobilie mit Gewinn verkauft: Staat kassiert mit – ein Kanton besonders

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Nach mittlerweile mehr als zwanzig Jahren mit steigenden Immobilienpreisen können die Grundstückgewinne schnell mehrere Hunderttausend Franken ausmachen. Doch dann langt noch der Staat zu.Bild: Shutterstock

Haus mit Gewinn verkauft: Der Staat kassiert mit – ein Kanton besonders

Der Immobilienboom macht Hausbesitzer reicher und die Kantone verdienen sehr viel daran. Eine neue Analyse zeigt den Leidensweg einer Familie durch das Gewirr an Steuern und Gebühren.
13.11.2025, 10:2313.11.2025, 10:23
Niklaus Vontobel / ch media

Hausbesitzende haben Glück gehabt, vor allem, wenn sie schon vor einigen Jahren gekauft haben. Bei einem Verkauf erhalten die allermeisten viel mehr Geld, als sie damals ausgegeben haben. Nach mittlerweile mehr als zwanzig Jahren mit steigenden Immobilienpreisen können die Grundstückgewinne schnell mehrere Hunderttausend Franken ausmachen. Doch dann langt noch der Staat zu – und das wird richtig teuer.

Wie teuer wird es genau? Welche Arten von Steuern zahlt man? Und macht im schweizerischen Föderalismus wieder jeder Kanton etwas anderes? Diese Fragen versuchen die Ökonomen der Raiffeisenbank in einer neuen Analyse zu beantworten. Der Einfachheit halber nimmt die Bank dazu eine Beispielfamilie, nennen wir sie die Müllers, und erzählt dann sozusagen deren Leidensweg durch das Gewirr an Steuern und Gebühren.

Die Müllers haben vor 30 Jahren ein Einfamilienhaus gekauft, zum – aus heutiger Sicht – Schnäppchenpreis von 600'000 Franken. Sie haben das Haus danach nicht vergrössert oder sonst irgendwie seinen Wert gesteigert. Aber die Müllers haben es regelmässig saniert und unterhalten, sodass es verkauft werden kann, als ob es neu wäre.

Die Müllers haben mit ihrem Kauf an sich einen Jackpot geknackt. Denn Wohneigentum ist seither ständig teurer geworden. Sie konnten den Eigenheim-Traum leben, während spätere Generationen von Möchtegern-Käufern zunehmend nur noch davon träumen konnten. Die Preise haben sich hierzulande durchschnittlich mehr als verdoppelt.

Bei den Müllers zeigt sich der Schweizer Immobilienboom mit einem steigenden Wert ihres Hauses. Zwar in den ersten zehn Jahren nicht, denn noch lastet die schwere Immobilienkrise der 1990er-Jahre auf den Preisen. Aber in den Nullerjahren geht es los.

Im Jahr 2010 würden sie schon 760'000 Franken für ihr Haus erhalten, also 27 Prozent mehr als sie bezahlt hatten. Und dann geht es erst richtig los, vor allem in der Coronakrise. Ende 2024 hat sich der Preis des müllerschen Hauses mehr als verdoppelt auf 1,3 Millionen Franken. Wenn die Müllers nun verkaufen, geht es allerdings auch steuerlich richtig los.

Der grösste Brocken ist die Steuer, die auf den Grundstückgewinn erhoben wird. Diese wird in der ganzen Schweiz theoretisch überall nach der gleichen Idee berechnet. Die Müllers treffen also auf die gleiche steuerliche Grundidee, egal ob sie nun im Aargau leben, in Zürich, im Thurgau oder in St. Gallen. Nur wird diese Idee je nach Kanton ganz anders ausgelegt.

Aber von vorne: Die Grundidee lautet ungefähr, dass sich der Grundstücksgewinn ergibt aus der Differenz aller Einnahmen und aller Kosten, welche der Familie Müller entstanden sind aus dem Kauf und Verkauf ihres Hauses. Die Einnahmen sind schnell aufgezählt, sie entsprechen in der Regel dem Verkaufspreis. Der Rest sind Kosten. Der Kaufpreis ist der grösste Block, aber nicht der einzige. Auch der Makler kostet Geld, die Handänderung ebenso. Beim Verkauf muss der Notar bezahlt sein, der Eintrag ins Grundbuch sowie nochmals die Abgaben für die Handänderung und vielleicht die Inserate.

«Kantonaler Steuerwildwuchs»

Noch ein Kostenblock, der vom Verkaufspreis abgezogen werden kann, sind sogenannte wertvermehrende Investitionen. Also Ausgaben für eine neue Sauna oder einen Wintergarten. Die Grundidee dahinter: nur die Wertzunahme besteuern, die auf den Kaufpreis drauf gekommen ist – nicht die Wertzunahme, die durch sonstige müllersche Investitionen entstanden sind. Sonst zahlen die Müllers die Grundstückgewinnsteuer auf die Sauna oder den Wintergarten.

Das ist die Grundidee. Sie wäre für die Müllers in allen 26 Kantonen gleich, würde aber 26 Mal anders auf sie angewandt. Je nach Kanton hätten die Müllers andere Steuersätze. Nochmals anders, je nachdem, ob ihr Gewinn gross oder klein ausfällt. Ob sie lange im Haus gelebt haben oder kurz. Je nach Kanton ist anders, was da zählt als «wertvermehrende Investitionen» und was nicht. Oder was als «Kaufpreis» gilt. Die Raiffeisenbank schreibt von einem «kantonalen Steuerwildwuchs».

Der wilde Wuchs zeigt sich, wenn man allein die Steuer auf den Grundstückgewinn anschaut. Verkaufen die Müllers nach 30 Jahren mit einem Gewinn von 660'000 Franken, zahlen sie in Genf nur 13'000 Franken, 2 Prozent des Grundstückgewinns. In St. Gallen hingegen müssten sie 170'000 Franken abliefern, also 25,7 Prozent des Grundstückgewinns. Im Durchschnitt aller Kantone sind es 83'000 Franken und 12,6 Prozent.

Und der wilde Wuchs zeigt sich, wenn man alle Steuern, Abgaben und Gebühren berücksichtigt. Würden die Müllers im Thurgau leben, hätten sie im Jahr 2004 gekauft, 20 Jahre später einen Verkaufspreis von 1,3 Millionen Franken erzielt und damit einen Grundstückgewinn von 625'000, dann würde es ziemlich teuer für sie.

Immobilienboom bringt Kantonen massiv mehr Vermögenssteuern

Das wären die Grundstückgewinnsteuer mit 16 Prozent sowie eine Handänderungssteuer von 1 Prozent. Das Grundbuch will 0,4 Prozent des Kaufpreises und das öffentliche Notariat noch 0,1 Prozent. Dann fordert noch der Bund seine übliche Mehrwertsteuer ein auf die vom Notariat und Grundbuch erbrachten Dienstleistungen. Insgesamt verdient die öffentliche Hand an dem Verkauf etwa 120'100 Franken oder 19,2 Prozent des Grundstückgewinnes.

So wäre das für die Müllers im Thurgau. Wohnten sie im Kanton Zug oder Aargau, würden sie deutlich weniger zahlen müssen: 10,2 Prozent bzw. 11,6 Prozent des Grundstückgewinns. Hingegen kommt es in Basel-Land fast drei Mal so teuer mit nicht ganz 30 Prozent. Und am meisten müssen sie in St. Gallen abliefern mit 33,1 Prozent.

Des einen Leid, des anderen Freud: Die Müllers müssen viel abliefern – die Kantone erhalten hingegen viel. Ihre Einnahmen durch Steuern auf Vermögensgewinne sind laut Raiffeisenbank «massiv gestiegen» und dies hauptsächlich infolge der Steuern auf Grundstückgewinne. In Kantonen wie Thurgau haben sich die Einnahmen mehr als verdoppelt. In Aargau, St.Gallen und Zürich ungefähr vervierfacht sowie in Bern, der Waadt und Graubünden mehr als verfünffacht.

(aargauerzeitung.ch)

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Pebbles F.
13.11.2025 10:34registriert Mai 2021
Der sogenannte Steuerwettbewerb ist ein Unding, das die Leute im Egoismus stärkt, Solidarität im Keim erstickt und lediglich von Bürgerlichen propagiert wird, um den Leuten einzureden, sie kämen dann auch mal zum Reichtum.

Niemand wird durch Arbeit reich und das wissen die Reichen selber auch - sie behaupten einfach laut das Gegenteil.

Nun beschäftigt mich nicht die Frage, wie ich einen Verkaufsgewinn möglichst steueroptimiert einsacken kann, sondern ich frage mich, wie ich zu einer zahlbaren Mietwohnung komme, die einigermassen instand gehalten ist.
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blablup
13.11.2025 10:53registriert Mai 2017
Wir haben von einer älteren Frau Land kaufen dürfen, zu einem sehr fairen Preis. Das mag die Gemeinde aber gar nicht, ihr entgehen da Steuereinnahmen. Folglich besteht sie darauf, dass ein Preis unter dem Marktwert eine Schenkung ist.... wobei "Marktwert" eine basierend auf anderen Verkäufen in der Region ist. Und dann wundert man sich, warum die Preise hochgehen
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kettcar #lina4weindoch
13.11.2025 10:58registriert April 2014
Und hätten die Müllers die 600kCHF in den SMI gesteckt, anstatt in ein Haus, wäre ihre Investition heute nicht 1.3 Millionen wert, sondern irgendwo bei 4 Millionen. Und das Schönste? Sie müssen nicht mal Steuern darauf zahlen.

Okay, das war jetzt polemisch, da sie natürlich Miete gespart haben und Steuern abziehen konnten usw.usf.
Aber heute rechnet sich für viele Wohneigentum nicht mehr, wenn man es ehrlich rechnet… Es ist mehr so ein emotionales Blut-und-Boden-Ding. Und wenn man dann noch was Unerwartetes (z.B. Scheidung) hat, geht die Rechnung gar nicht mehr auf.
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