Der britische Schriftsteller Conan Doyle hat während seiner Aufenthalte in der Schweiz das Skifahren gelernt. Er trug dazu bei, den Skisport zu popularisieren und beanspruchte gar die Urheberschaft des Skifahrens in der Schweiz für sich. Ein Sporthistoriker sieht das Ganze differenzierter.
Doyle, der 1894 in Davos weilte, weil seine Frau an Tuberkulose litt, bestellte in Norwegen Skier und trainierte auf dem Hügel gegenüber dem Hotel in Davos, dem Jakobshorn, wie in Vincent Delays «Conan Doyle, Sherlock Holmes und die Schweiz» zu lesen ist.
Angespornt durch seine Erfolge brach der Schriftsteller mit seinen Skiern auf eine Skitour von Davos nach Arosa auf. «Als wir dort ankamen, empfanden wir den Stolz von Pionieren.»
Über diese Expedition schrieb Doyle eine Reportage im «Strand Magazine», der Londoner Zeitung, in der er auch die Abenteuer von Sherlock Holmes veröffentlichte. Dies hat vielleicht eine Rolle in der Begeisterung der Engländer für die Schweiz gespielt. Delay behauptet in seinem Buch, dass man Conan Doyle die Einführung des Skifahrens in der Schweiz verdankt.
«Wir verdanken es wahrscheinlich nicht nur dem Autor von Sherlock Holmes», nuancierte der Sporthistoriker Grégory Quin von der Universität Lausanne gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zusammen mit Laurent Tissot, Jean-Philippe Leresche und Daniel Yule hat der Historiker Quin das kürzlich erschienene Buch «Skiland Schweiz» geschrieben.
«Der erste in der Schweiz registrierte Skiclub in Glarus stammt aus dem Jahr 1893», erklärte Quin. Also ein Jahr, bevor Doyle in Davos weilte. «Es gibt also de facto bereits ein chronologisches Problem.» Skandinavier, die in die Schweiz kamen, um in der Nordschweiz Handel zu betreiben, brachten in den 1880er- und 1890er-Jahren Skier mit.
Doyle begann sich für das Skifahren zu interessieren, als er einen Zeitungsbericht des Norwegers Fridtjof Nansen über seine Grönlanddurchquerung im Jahr 1888 las. Er war weder in Europa noch in der Schweiz der Einzige: Junge Glarner gründeten nicht nur den ersten Skiclub der Schweiz, sondern regten auch lokale Handwerker dazu an, Skier herzustellen – indem sie die Norweger kopierten, bevor sie ihr eigenes Fachwissen entwickelten – und Wettbewerbe zu veranstalten, erklärt Quin in seinem Buch.
Das Skifahren war zunächst ein Sport für Studierende. «Und der erste Skiclub in Glarus, wie auch die späteren in der übrigen Schweiz, waren zunächst Vereine wohlhabender Städter», so Quin.
Nicht nur Conan Doyle war vom Skifahren in der Schweiz angetan. Auch die französische Schriftstellerin Colette berichtete drei Jahrzehnte später über ihre Skierfahrungen in der Schweiz. Als sie in den 1920er-Jahren in Gstaad oder St. Moritz weilte, erklärte sie in einem Briefwechsel, dass sie immer wieder stürzte.
Zu dieser Zeit verfügten die Skifahrer bereits über besseres Material – «wie Skier mit Kanten» – und begannen, sich an den Hang zu wagen. Conan Doyle musste die Skier noch «mehr oder weniger» an den Schuh binden. Bis sich das Skifahren in der Schweiz aber tatsächlich durchsetzte, sollte es noch einige Jahrzehnte dauern.
(hah/sda)