Einmal dieses Feeling erleben und mit Marco Odermatts Abfahrtslatten die Piste runterbrettern, wer wünscht sich das nicht? Beni Matti, Rennchef bei Stöckli Ski, findet die Idee zwar nett, sagt aber schmunzelnd: «Die Ski sind zu hart und zu lang. Für den Hobbyfahrer ist es unmöglich damit zu fahren.»
Doch rein äusserlich ist der Serienski aus dem Fachhandel kaum von Odermatts Rennlatten zu unterscheiden. Wir wollten es wissen. Wo liegt der Unterschied?
Was in einem Ski drinsteckt, wissen die wenigsten Pistenrocker. Bei Stöckli sind es über 10 Schichten und bis zu 37 Einzelteile, die verbaut werden. Jeder einzelne Ski wird von Hand zusammengebaut. Ein Weltcup-Modell von Odermatt ist im Gegensatz zu einem Serienski massiv stabiler gebaut – einen solchen Ski von Hand durchzubiegen ist fast unmöglich. Die wilden und ruppigen Weltcuppisten fordern Athlet und Material – da braucht es Verstärkungen. Zum Beispiel beim Holzkern.
Dieser besteht vorwiegend aus Pappel und Buche und ist dicker und komprimierter verleimt als bei einem Serienski. Dazu helfen zwei Titanal-Lagen, (Aluminium) den Ski härter zu machen. Das Titanal ist bei Odermatts Ski mit knapp 1.4 Millimetern fast doppelt so dick wie beim Ski ab Stange. Und auch die verstärkenden Lagen des Fiberglases helfen Odermatt, die vielen Schläge bei hohen Geschwindigkeiten auszugleichen.
In der Spitze einiger Modelle wird beispielsweise kein Gummi verbaut, damit der Ski noch unbeweglicher ist und noch präziser geführt werden könne, erklärt Stöckli-Rennchef Benni Matti. Wer ein Paar Ski von Odermatt zum Gondeli schultern will, wird konditionell schnell gefordert: Mit Bindung wiegt ein Paar 11 Kilo – während der Ski aus dem Fachhandel mit 6 Kilo fast um die Hälfte leichter ist.
Im Weltcup ist die Länge der Ski durch den Weltskiverband FIS reglementiert. Ein Männer-Abfahrtsski hat eine Mindestlänge von 2,18 Metern. Bei den Frauen sind es 2,15 Meter. Laut Beni Matti hat jeder Zentimeter mehr Länge Einfluss aufs Fahrverhalten, es mache den Ski ruhiger. Dabei kommt aber die Gratwanderung: Wie lang kann der Ski sein, dass er noch schnell ist, aber nicht zu träge wird?
Aktuell fährt Marco Odermatt auf der Abfahrt einen Ski von 2,20 Metern Länge. «Gerade runter fahren könnte gehen, aber eine Kurve zu schneiden ist schier unmöglich», weiss der ehemalige Weltcupfahrer Matti. Vielleicht passt es ja mit einem Riesenslalomski. Hier liegen die Mindestlängen bei 1,93 bei den Männern und 1,88 Meter bei den Frauen. «Auch das ist noch sehr, sehr sperrig und schwierig für einen Nicht-Rennfahrer.» Am einfachsten wäre für Otto-Normal-Verbraucher wohl ein Slalomski zu fahren – bei 1.65 für Männer und 1,55 für Frauen wirken die Mindestlängen schon fast handlich.
Der Radius sagt aus, wie gross die Kurve mit dem Ski ist, wenn man ihn auf die Kante stellt und einfach gleiten lässt. Pistenski haben üblicherweise einen Radius von 15 Meter, erklärt Stöckli-Rennchef Matti. Dies entspricht einem Wendekreis eines durchschnittlichen Personenwagens. Im Weltcup ist nicht nur die Mindestlänge, sondern auch der Radius durch die FIS definiert. So ist der Radius im Slalom auf 16 Meter beschränkt. Mit einem Slalomski würde der Hobbyfahrer also knapp eine Kurve ziehen können.
Im Riesenslalom liegt der Mindestradius bei 30 Meter. «Ein Riesenslalom-Ski wäre vom Radius her für einen ambitionierten Fahrer vielleicht noch einen Versuch wert – bei abgesperrter Piste und bester Sicht.» Im Super-G liegt der Radius bereits bei 45 Meter, in der Abfahrt bei 50 Meter. «Das ist auch für den ambitionierten Fahrer nicht mehr möglich. Ausser er hätte sehr viel Platz, käme mit sehr viel Speed und sehr viel Athletik, was wiederum lebensgefährlich für andere Skifahrer sein könnte», so Rennchef Beni Matti. Oder anders gesagt:
Matti erzählt, dass es immer wieder Fahrer gebe, die mit Odermatts Latten fahren möchten und sich dadurch schnelle Zeiten erhoffen. Das funktioniere nicht. Der norwegische Riesenslalom-Spezialist und Weltcup-Fahrer Rasmus Windingstad, ebenfalls ein Stöckli-Fahrer, habe es mit Odermatts Skiern probiert. Er habe es 30 Sekunden ausgehalten, dann sei seine Muskulatur derart übersäuert gewesen, dass er das Modell wechseln musste: «Das Material ist wichtig, aber jeder Athlet hat eine andere Ausdauer, Muskulatur und Stabilität. Ski und Athlet sollten darum eine Einheit sein.»
Ein Ski von Odermatt zu fahren, sei keine Garantie für Schnelligkeit. Dabei kommt bei Odermatt noch ein grosser Vorteil dazu: «Marco hat sehr lange Unterschenkel, das bringt noch mehr Power auf den Ski», weiss Matti.
Während wir Nichtprofis meist ein Paar Ski im Keller haben, verfügt Marco Odermatt über 100 Paar pro Winter. Im Riesenslalom beispielsweise sind es zwei Modelle: Ein Längeres und ein Kürzeres. In den anderen Disziplinen seien es bis zu fünf Modelle. Vor allem auf der Abfahrt pröbelt Marco Odermatt noch an der Feinabstimmung. Er ist zwar Abfahrtsweltmeister, aber ein Weltcupsieg fehlt ihm noch in dieser Disziplin. Dafür schuftete er im Sommer im Kraftraum, denn jedes Kilo zusätzliches Körpergewicht macht ihn auf den Gleitpassagen schneller. An Rennwochenenden packt Odermatts Servicemann 70 Paar Ski ein.
Ein Paar Ski von Marco Odermatt kostet rund 1800 Franken, ein Serienski mit Bindung aus dem Sportgeschäft zwischen 1300 und 1600 Franken. Die aussortierten Abfahrts- und Super-G-Ski von Marco Odermatt werden nach dem Winter an Nachwuchsfahrer weitergegeben. Aber auch hier gibt es Modelle, die für junge Fahrer noch nicht geeignet sind, weil sie zu schwierig zu fahren sind.
Beliebt sind die ausrangierten Rennlatten aber vor allem bei ambitionierten Amateur-Fahrern, die beispielsweise «an Volksabfahrten wie dem Inferno-Rennen in Mürren teilnehmen», erzählt Beni Matti. Solche Ski werden je nach Zustand für rund 700 Franken verkauft.
GS-Rennski von Georg Ager (ehem. Weltmeister) auf der Piste (Tuxer-Gletscher) gegen meine "normalen" Fischer RC4 getauscht. Nur so für 1, 2 Abfahrten..😃
...kurz: War 'ne Scheiss Idee!
Hab gedacht ich fahre den schon irgendwie, ... falsch gedacht. Bin nicht gestürzt, hab mich nicht verletzt, alles dazwischen war einfach nur Krampf und nicht wirklich lustig. Bis so ein Ski carvt braucht es ein Tempo, bei dem ich lieber einem Bremsschwung mache als voll auf die Kante zu gehen😳
War sooo froh nach einer Abfahrt (eher Abrutsch🤣) wieder zu tauschen.