Im April 2019 passierte es zum dritten Mal. In der Partie zwischen dem FC Zürich und dem FC Basel bleibt Meriame Terchoun liegen. Wieder ist das Kreuzband gerissen. Wie schon 2016 und 2017. Terchoun entscheidet sich dafür, erneut zurückkehren zu wollen. «Für mich war aber klar, dass ich etwas ändern muss. Ab diesem Zeitpunkt habe ich angefangen, mich mit dem Zyklus zu beschäftigen», sagt die 27-Jährige. «Seither fühle ich mich gesund und fit.»
Der weibliche Zyklus ist einer von mehreren Gründen, warum Fussballerinnen gemäss Unfallversicherer Suva achtmal so häufig einen Kreuzbandriss erleiden als Fussballer. Dazu kommen unter anderem eine Tendenz zu X-Beinen, geringere Muskelmasse oder ein anderes Landeverhalten. An der WM in Australien und Neuseeland fehlen rund 25 Nationalspielerinnen wegen eines Kreuzbandrisses, darunter die Engländerin Beth Mead, die Französin Delphine Cascarino oder die Schweizerinnen Iman Beney, Svenja Fölmli und Sally Julini.
Meriame Terchoun hat sich auch nach ihrem dritten Kreuzbandriss zurückgekämpft und wechselte 2022 in die französische Profiliga zu Dijon. Beim 2:0-Sieg des Nationalteams gegen die Philippinen kam sie am vergangenen Freitag zu ihrem Debüt an einer WM. Das Timing dafür war jedoch gar nicht günstig, erzählt Terchoun im neuseeländischen Dunedin. «Ich habe ausgerechnet am Matchtag meine Tage bekommen. Ich dachte mir nur: ‹im Ernst jetzt?›»
Die Flügelspielerin spricht offen über das Thema. Sie möchte es enttabuisieren. Der Menstruationszyklus beeinflusst die Leistungsfähigkeit und die Verletzungsanfälligkeit von Spitzensportlerinnen, darüber gesprochen wird aber erst seit wenigen Jahren. Terchoun erzählt, dass sie im Gegensatz zu einigen Mitspielerinnen keine Verhütungsmittel nehme. Die Symptome könnten so stärker ausfallen. «Doch seit ich darauf achte, ist bei mir der Zyklus fast auf den Tag genau voraussehbar. Wir überwachen alles sehr genau, ich achte auf die Ernährung, Schlaf und die Erholung.»
Im Schweizer Nationalteam wird seit drei Jahren zyklusorientiert trainiert. Athletiktrainerin Mélanie Pauli zählt zu den Vorreiterinnen zu diesem Thema, seit sie im Herbst 2019 beim Schweizerischen Fussball als Zuständige für die athletische Ausbildung und die Verletzungsprävention im Frauenbereich startete. «Ich stellte fest, dass Kreuzbandrisse mit dem Zyklus zusammenhängen können», so Pauli. Danach wurde im Nationalteam begonnen, Rücksicht auf den Zyklus zu nehmen.
Seither werden in einer Tracking-App Daten über die Spielerinnen gesammelt, diese können ihre Symptome angeben. Pauli kann somit Tendenzen über die Zyklen der einzelnen Spielerin machen und geeignete Strategien entwickeln. Der weibliche Zyklus lässt sich in vier Phasen unterteilen: Die erste beginnt mit der Periode, die vierte kurz davor.
«Es ist in jeder dieser Phasen möglich, eine Topleistung abzurufen, aber es ist wichtig zu wissen, in welcher Phase sich eine Spielerin befindet», sagt Pauli. Mit dem zyklusorientierten Training sind nicht Teamtrainings gemeint, sondern alles darum herum. «Es geht um die Aktivation, die Regeneration und die Ernährung». In jeder Phase könne so dem Körper das gegeben werden, was dieser brauche. Konkret zeigt sich das im Nationalteam etwa mit zwei unterschiedliche Smoothies zum Trinken - je nach Phase, in der sich die Spielerinnen befinden.
Für Meriame Terchoun hat sich durch diese Arbeit im Nationalteam vieles verbessert. «Mir hat das sehr geholfen. Ich fühle mich fitter», sagt sie. In ihrem Klub Dijon gibt es einen ausschliesslich männlichen Staff, das Verständnis dafür sei dort noch nicht so gross wie im Nationalteam. Etwa beim Einwärmen profitiert sie von den Erkenntnissen des Verbandes. «In der ersten und der vierten Phase geht es darum, beweglicher zu werden. In den mittleren Phasen arbeite ich vor allem an der Stabilität», so Terchoun.
Die grösste Verletzungsgefahr gibt es in den beiden mittleren Phasen. Ausgerechnet dann, wenn die Energie jeweils am grössten ist. Oder wie es Terchoun beschreibt: «Das ist die geilste Phase, dann sind wir gut drauf und können am meisten Gas geben.» Um Verletzungen vorzubeugen, brauche es in jener Phase unter anderem mehr Vitamin C. In der letzten Phase, kurz bevor sie ihre Tage bekommt, schmerzte Terchoun früher immer der Kopf. Von Pauli erhielt sie aber einen Tipp: «Mélanie hat gesagt, ich solle dann den Kaffee weglassen und stattdessen Wasser oder Tee trinken. Nun ist es viel besser», so Terchoun. Doch noch immer gibt es für sie Tage, an denen es ihr an Energie fehlt. «Es gibt Tage, an denen ich gerne in den Kraftraum gehen und Vollgas geben würde, aber manchmal geht es einfach nicht.»
Trotz des zyklusorientierten Trainings hat sich mit Iman Beney eine Schweizer Nationalspielerin in der WM-Vorbereitung das Kreuzband gerissen. Die Walliserin, die am Sonntag ihren 17. Geburtstag feierte, hat zwar erst ein Länderspiel, war als Juniorennationalspielerin aber schon länger im Programm. «Natürlich analysieren wir die Verletzung», sagt Mélanie Pauli dazu. «Beney hat ihre Verletzung aber nicht erlitten, weil sie in einer bestimmten Phase war. Es gibt immer viele Parameter, die eine Rolle spielen», so Pauli. «Verletzungen wird es immer geben.»
Für Meriame Terchoun war das WM-Debüt mit Periode trotzdem nicht ganz so schlimm. «Wenn man sich in den anderen Phasen gut verhalten hat und sich gut vorbereitet hat, dann sind auch die Symptome weniger schlimm. Und während des Spiels vergesse ich die Periode manchmal wieder.» (aargauerzeitung.ch)
meine Ernährung, mein Training und selbst die Terminplanung nach meinem Zyklus aus und fühle mich seither viel fitter, gesünder und motivierter.
Als Mann finde ich es gut und wichtig, dass die CH-Nati solche Diskussionen eigenhändig regeln konnte und die Spielerinnen damit zufrieden sind. Hoffentlich kommen die Damen an der WM möglichst weit. Hopp Schwiiz! 🇨🇭