Ich hab's hier an anderer Stelle schon mal gesagt: Ich denke, ich bin ein einigermassen kerliger Kerl. Ich mag Whisky. Ich mag mein Steak blutig. Ich bin empfänglich für die Reize des weiblichen Geschlechts, besitze einige Kleidungsstücke aus Harris Tweed und ein altes Auto, das gerne mal eine Reparatur benötigt. Hey, ich habe sogar mal eine Flugshow besucht und fand’s grossartig.
Und ich habe null Problem damit, dass im neuen Film 007 angeblich schwarz und weiblich ist:
Und, ach ja, ebenfalls null Problem: Dass die Meerjungfrau Arielle schwarz ist, dass Doctor Who eine Frau ist, dass Hermione Granger im Theaterstück «Harry Potter and the Cursed Child» von einer schwarzen Schauspielerin gespielt wurde, oder dass die neuen «Ghostbusters» Frauen sind.
Okay, an Letzterem störte mich, dass der Film scheisse war. Aber zurück zum Thema: Weshalb die grosse Aufregung – und die war in allen oben genannten Beispielen erheblich – über die Besetzung dieser Rollen?
Und – erlaubt mir hier den Kraftausdruck – what the fuck soll eure Hysterie in der Kommentarspalte, liebe User?
Zuerst mal: Lest bitte genauer, bevor ihr euch aufregt! Ich zitiere aus besagtem Artikel: «Geheimdienstchef M sagt: ‹Kommen Sie rein, 007›. Und herein kommt Lashana Lynch, die schwarz, wunderschön und eine Frau ist.» Und: «Der Codename 007 kann aber für jeden gelten – die Szene bedeutet nicht, dass Lynch im nächsten Bond schon Daniel Craig als Agentin ersetzt. Bond ist immer noch Bond.»
Also nochmals, für alle, zum Mitschreiben: Bond ist weiterhin James und nicht etwa Jane. Bonds Agentencode 007 wird offenbar aber an eine andere Agentin gegeben. Dies wohl, weil Bond seinen Dienst bei MI6 quittiert hat oder gefeuert wurde – etwas, das bereits einige Male in den langen Dienstjahren der Serie passiert ist – in «Licence to Kill» (1989) etwa.
Und nun zum problematischeren Aspekt der kollektiven Aufregung:
007 ist eine schwarze Frau. Und jetzt?
Vor was habt ihr eigentlich dermassen Schiss? Was wird euch da weggenommen?
An alle ach so angstgeplagten Männer, die nun orakeln, Bond müsse aus falsch verstandener politischer Korrektheit neu ein Yoga-praktizierender, vegetarischer Softie werden, der keine Frauen mehr verführen darf: Hört doch mal der Drehbuchautorin des neuen Bondfilms, Phoebe Waller-Bridge, zu!
Ich bin kein Hellseher und weiss somit nicht, was alles im Plot von «Bond 25» passieren wird, doch wie es scheint, wird James Bond ganz der Alte sein («Vergesst nicht, dass er eigentlich ein Frauenhasser ist!» – O-Ton Daniel Craig). Dies heisst aber keineswegs, dass die anderen Filmfiguren sich nicht dem Zeitgeist entsprechend verhalten sollen. Und hoffentlich auch, verdammt! Hoffentlich auch sind die heutigen Bondgirls taffe Kämpferinnen, die James in nichts nachstehen! Es wäre ja eine Katastrophe, wenn anno 2020 weibliche Filmfiguren immer noch wie Mary Goodnight aus «The Man With the Golden Gun» (1974) wären, die kaum eine Pistole bedienen kann, weil sie eben ein hilfloses, herziges Blondchen ist (dies obwohl sie eigentlich MI6-Agentin war, weshalb die Figur schon damals komplett peinlich war). Da ist mir die aktuelle Miss Moneypenny einiges lieber, die ein knallharter Field Agent ist, die auch mal Bond abschiesst, wenn es Situation verlangt.
Weshalb also fürchten sich derart viele vor einer weiblichen, schwarzen 007? Aus dem gleichen Grund, weshalb fast alle Menschen der Meinung sind, dass früher, als sie noch jung waren, die Musik im Radio nicht so kacke wie heute war: Wir wollen unsere Jugend zurück, unsere Kindheit. Und an den schönen Erinnerungen daran soll gefälligst nicht herumhantiert werden.
dream come true... 🧜🏽♀️🌊 pic.twitter.com/sndjYUS6wO
— chloe x halle (@chloexhalle) July 3, 2019
Die Besetzung von immer mehr Hauptrollen und zentralen Figuren mit Frauen und Personen verschiedener Hautfarben ist überfällig – aber letztendlich nicht weiter erstaunlich. Die Welt – auch die in der Fiktion – ist nun mal nicht ausschliesslich männlich und weiss (oder zumindest nicht mehr lange, obwohl aktuell die weissen alten Männer sich an die Macht zu klammern versuchen).
Aber bei altehrwürdigen Ikonen wie Arielle, Doctor Who oder 007 bedeutet dies für einen Teil ihres Publikums nun mal: Veränderung.
Ja, liebes Publikum, ihr werdet erwachsen. Deal with it.