«Bring doch zum Abschluss eine Liste mit den zehn besten Spielen», wurde ich in den letzten Wochen mehrfach von unterschiedlichster Seite gebeten. Jahrelang konnte ich solchen Wünschen elegant mit dem Hinweis ausweichen, dass eine derartige Liste für mich überhaupt keinen Sinn macht. Weil ich nämlich ständig Neuheiten ausprobieren musste, hatte ich schlichtweg gar keine Zeit, um ältere Spiele jemals wieder zu spielen und deshalb ehrlicherweise auch keinen blassen Schimmer davon, welche dieser älteren Spiele nun die besten sein sollten oder nicht.
Zudem habe ich ein persönliches Problem mit dem Wort «beste», das mir Magenrumpeln verursacht. Ob ein Erlebnis mit einem bestimmten Spiel gut wird, hängt nur zu einem Teil vom Spiel selber ab. Es kommt auf die Situation an, in der man spielt.
Will man eine taktische Herausforderung?
Will man einfach Spass haben?
Es kommt auf die Charaktere, Talente und Erwartungen der Mitspieler an. Beim Spielen ist man nicht nur passiver Konsument wie bei Filmen oder Büchern, wo höchstens die Gedanken ins Rotieren geraten. Beim Spielen gestaltet jeder das Erlebnis aktiv mit, interpretiert das Werk des Spieleautors und beeinflusst ganz massgeblich die Qualität des Ergebnisses.
Wer nicht gut in Wahrscheinlichkeitsrechnungen ist, wird Spiele nicht mögen, bei denen Wahrscheinlichkeiten ein Faktor sind. Leute, die menschliches Verhalten nicht deuten und sich nicht in andere Menschen hinein versetzen können, sind nicht von der Meinung abzubringen, dass Spiele, die auf Psychologie und Bluff beruhen, reine Glücksache seien.
Falls ich mit einem Gegner ein rein taktisches Zwei-Personenspiel spiele, wird mir das Spiel eher gefallen, wenn beide Kontrahenten ungefähr gleich talentiert sind und der Spielsieg über ein zähes, spannendes Ringen führt. Wenn der eine Spieler es einfach nicht kann und ich immer gewinne, wird das Spiel langweilig und kaum «das beste» Spiel sein.
Ich bin nun halt einmal Journalist und kein PR-Mann und möchte Spiele differenziert beurteilen. Es gibt gute Spiele für gewisse Momente, für gewisse Talente und für gewisse Zielgruppen. Die Rede vom «besten Spiel» bleibt für mich nichts anderes als PR-Sprech von Dummschwätzern und Wichtigtuern.
Hier sind deshalb also nicht die zehn besten Spiele, sondern zehn Spiele, auf die ich mich jetzt, da ich mehr Zeit habe, ganz persönlich mit meiner individuellen Persönlichkeitsdisposition besonders freue:
(Und in zwei Wochen folgen dann noch zehn hochgelobte Spiele, die ich garantiert nie wieder in meinem Leben spielen werde.)
Ein relativ einfaches, spassiges, spannendes Familienspiel, mit dem man auch Leute, die es mit Brettspielen nicht so am Hut haben, zum Spielen bringt? – Klar: «King of Tokyo». Die Grafik mag auf Kunstsachverständige pubertär und hässlich wirken, und Monster, die Tokio zerstören wollen, ist als Thema auch nicht gerade das, was der Pfarrer am Sonntag von der Kanzel predigt.
Das kunterbunte Zocker-Spiel ist aber schlichtweg eine Wucht und bietet eine Suppenschüssel voll jener geheimnisvollen Essenzen, die Vielspieler «Wiederspielreiz» und Laien «Suchtpotenzial» nennen.
Grundprinzip ist es, wie bei «Yahtzee» mit Würfeln Kombinationen zu erreichen. Dadurch kann man anderen Monstern Maulschellen verteilen, sich selber heilen oder Zusatzkarten mit faszinierenden Fähigkeiten erwerben: Riesenhirne, Schrumpfstrahlen, fremdartige Stoffwechsel, Extraköpfe und vieles mehr.
Dadurch erhält das eigentlich glückslastige Würfelspiel nicht nur eine nicht zu unterschätzende Taktikkomponente, sondern auch einen enormen Überraschungs- und Unterhaltungswert. Es gilt, als Erster eine Summe von Siegpunkten zu erreichen oder als Letzter auszuscheiden.
Von Richard Garfield für 2 bis 6 Spieler ab 8 Jahren, ca. 30 bis 50 min; Verlag: iello/Hutter Trade; ca. 50 Franken.
Als das Sammelkartenspiel «Magic the Gathering» 1993 das Licht der Welt erblickte, war ich einer der Spieler der ersten Stunde. Unzählige Kartenduelle habe ich gegen Kollegen oder Feinde ausgetragen, manchmal auch an Turnieren mitgespielt und Stunden und Tage damit verbraten, Decks zusammenzustellen oder meine Zauberer und Kreaturen in fünf verschiedenen Mana-Farben auf die Gegner zu hetzen.
Mit zwei Kollegen spielte ich sogar Duelle, die «ewig» dauern sollten. Wir trafen uns regelmässig mit unseren Decks, die sich ständig veränderten, indem wir sporadisch aus zufällig gekauften Boostern neue Karten hinzufügten. Und wer eine gewisse Zahl an Niederlagen einsteckte, durfte dem Überlegenen Karten aus dem Deck entfernen. So blieb es immer relativ ausgeglichen. Ich freue mich nun richtig darauf, wieder mehr Zeit für «Magic the Gathering» zu haben. Denn es ist nach wie vor ein hervorragendes Kartenspiel, auch wenn es weiterhin daran krankt, dass ständig viel zu viele neue Karten und Produkte dazu auf den Markt kommen.
Von Richard Garfield für 2 Spieler ab 12 Jahren; ca. 15 bis 20 min; Verlag: Wizards of the Coast; Booster ab 3.50 Franken.
«Custom Heroes» ist für mich persönlich das innovativste und witzigste, aber gleichzeitig auch das von der Welt am meisten unterschätzte Spiel des vergangenen Jahres. Kaum war es da, haben wir es stundenlang intensivst rauf und runter gespielt. Meine Beurteilung hat sich auch nach gegen hundert Partien nicht verändert. Auch meine Mitspieler sind nach wie vor begeistert.
Technisch ist es ein Stichspiel, bei dem es darum geht, seine Karten als Erster loszuwerden, ähnlich wie bei «Tichu», «Arschlöchlen» oder «Der grosse Dalmuti». Hier kann man die Werte seiner Handkarten aber ständig verändern und sich einfach neue Karten basteln, wenn einem die Auswahl in den Fingern gerade nicht so gefällt. Das ist packend, raffiniert und chaotisch zugleich.
Die Karten stecken in mitgelieferten Plastik-Hüllen, in «Sleeves». In diese kann man transparente Kartenaufwertungen übereinander schieben, welche die Kartenwerte modifizieren oder neue Effekte erzeugen, die sich lustigerweise auch optisch in der Grafik niederschlagen, indem die Helden durch die Modifikationen neue Waffen oder einen Kopfsalat in die Hand bekommen. Das Kartenbasteln verzögert den Spielfluss überhaupt nicht störend, wie man annehmen könnte, sondern erzeugt im Gegenteil jeweils zusätzliche Spannung.
Von John D. Clair für 2 bis 6 Spieler ab 14 Jahren, ca. 45 min; Verlag: AEG/Asmodee; ca. 40 Franken.
In der Filmbranche ist es üblich, auch Werke zum Thema Krieg als künstlerisch wertvoll zu erachten, wie gerade mit «1917» wieder geschehen. Weshalb ist die Akzeptanz dafür bei Spielen so schwierig? «Les Poilus» ist in Frankreich eine umgangssprachliche Bezeichnung für die Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs. Die Grafik zum Spiel ist eine der letzten Arbeiten des Karikaturisten Tignous, der beim «Charlie-Hebdo»-Anschlag sein Leben verlor.
Das kooperative Spiel befasst sich nicht mit Gewalt und den eigentlichen Kriegshandlungen, sondern mit den psychologischen Aspekten an der Front, mit der Verzweiflung und Aufrechterhaltung von Freundschaft unter widrigsten Umständen.
Die Spielgruppe muss sich als Team durch einen Kartenstapel arbeiten, in dem Gasmasken-Phobien und Regen-Traumata lauern und eine Tasse heisser Kaffee oft das Highlight des Tages darstellt.
Für mich ist «Les Poilus» von den Emotionen, die es am Spieltisch auslöst, eines der tiefschürfendsten kooperativen Spiele. Es ist pickelhart und vermag die Atmosphäre der Verzweiflung tatsächlich auf den Spieltisch zu übertragen. Nur wenn die Gruppe zusammenhält und sich alle gegenseitig unterstützen, ist der Sieg möglich. Das Spiel überzeugt durch einen einfachen, logischen Kartenmechanismus, welcher dem Team interessante Entscheidungen zur Überwindung von Dilemmas abverlangt.
Von Fabien Riffaud und Juan Rodriguez für 3 bis 5 Spieler ab 10 Jahren: Verlag: CMON/Asmodee; ca. 25 Franken.
Eine unbekannte Botanik erkunden und überleben: Darum geht es im monströsen Spiel «Tainted Grail», für das der polnische Verlag Awaken Realms im Jahr 2018 auf Kickstarter fast fünf Millionen US-Dollar eingesammelt hatte. Nicht nur die detailreichen Miniaturfiguren, sondern auch das Spielsystem des epischen, kooperativen Teamspiels, das die Artussage und die keltische Mythologie zu einer düsteren Vision verbindet, sind überzeugend. Auf der wichtigsten internationalen Brettspiel-Internetseite Boardgamegeek klettert das Spiel seit Erscheinen im Ranking Rang um Rang.
Der Verlag Pegasus Spiele will im Sommer eine deutsche Ausgabe der ersten Spielkampagne herausgeben. In 15 Kapiteln müssen die Spieler gemeinsam den Untergang Avalons verhindern, Das Spiel kombiniert eine Abenteuererzählung mit Erkundung, Kampf und Diplomatie. Ich habe mir das englische Original besorgt. Begonnen haben wir unsere Kampagne allerdings noch nicht. Deshalb kann ich mich noch nicht fundiert dazu äussern, bin aber höchst gespannt darauf.
Von Krzysztof Piskorski und Marcin Świerkot für 1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren; ca. 120 bis 180 min; Verlag: Pegasus/Awaken Realms; ab Sommer 2020 auch auf Deutsch erhältlich, ca. 150 Franken.
Seit rund zwei Jahren durchstreife ich mit einer Gruppe von treuen Gefährten die Szenarien von «Gloomhaven» und wir sind noch kein bisschen müde geworden, obwohl wir uns manchmal nicht nur am Teamgeist laben, sondern auch ein bisschen hassen. Alle paar Wochen treffen wir uns zu einem neuen Abenteuer. Erst 27 von über 80 Schauplätzen haben wir inzwischen geschafft. «Gloomhaven» ist ein kooperativer «Dungeon-Crawler» mit einem komplexen Spielsystem und einer Hintergrundgeschichte, die sich immer weiterentwickelt. Die Spielenden erkunden ungastliche Orte und Verliese voller unangenehmer Kreaturen. Die Charaktere haben völlig unterschiedliche Fähigkeiten und Spielweisen, gewinnen an Erfahrung und gehen schliesslich in Rente, sodass sich die Gruppenzusammensetzungen und -taktigen zwangsläufig ändern müssen.
Laufend werden neue Dungeons entdeckt und freigeschaltet. Die Kämpfe werden nicht ausgewürfelt, sondern durch ein ausgeklügeltes Kartensystem ausgetragen. Neben den Gruppenzielen hat jeder auch noch individuelle eigene Ziele, die dem Gemeinschaftssinn durchaus widersprechen können. Deshalb gilt für dieses Spiel ganz Besonders: Man braucht die richtigen Mitspieler dazu. Uns überzeugt vor allem das Gruppenerlebnis. So unterhaltend wie das Spiel selber ist bei uns auch der provokative Trash-Talk, der am Tisch ständig abläuft. Wir schenken uns gegenseitig nix.
Von Isaac Childres für 1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren; ca 60 bis 180 min; Verlag: Cephalofair Games/Feuerland Spiele; ab 160 Franken.
Seit gefühlt einer Ewigkeit irre ich mit drei Mitstreitern auch regelmässig auf diesem merkwürdigen Kontinent herum. Hunderte von Stunden kann man damit verbringen, auf einer riesigen Landkarte herumzuspazieren, die in jeder Partie basierend auf einem Karteikartensystem zusammen gepuzzelt wird. In dieser verwunschenen Welt gibt es unzählige Geheimnisse zu entdecken, Rätsel zu lösen und böse Gesellen zu vermöbeln. Mit über 60'000 Unterstützern war auch «The 7th Continent» eines der erfolgreichsten Kickstarter-Projekte der letzten Jahre. Das Spiel existiert bisher nur auf Englisch und Französisch. Pegasus will aber dieses Jahr eine deutsche Ausgabe auf den Markt bringen. Überzeugend ist vor allem das Storytelling, die detailverliebte Geschichte. Cool war zum Beispiel, als wir (in der englischen Ausgabe des Spiels) mitten im Dschungel auf einen allein gelassenen Hund stiessen, der nur deutsche Befehle verstand und den wir nur deshalb als Begleiter auf unserer weiteren Expedition mitnehmen durften, weil wir (auf der Meta-Ebene ausserhalb des Spiels) selber Deutsch konnten.
Wir sind Abenteurer, die am Anfang des 20. Jahrhunderts auf einer Expedition zum neu entdeckten, mysteriösen siebten Kontinent haarsträubende Episoden erleben. Die Spielwelt ist von Jules Verne und H.P. Lovecraft inspiriert und man kann aus Geschichte oder Literatur bekannte Charaktere wie Lovecraft, Amelia Earhart, Mary Kingsley, Victor Frankenstein oder Phileas Fogg übernehmen. Ähnlich wie in Abenteuer-Spiele-Büchern bestimmen die Spieler durch ihre Entscheidungen, wie sich die Geschichte entwickelt. Der aktuelle Spielstand kann jederzeit gespeichert werden.
Von Ludovic Roudy und Bruno Sautter für 1 bis 4 Spieler ab 10 Jahren; Spielzeit so lange man will; Verlag: Serious Pulp/Pegasus; Preis der deutschen Ausgabe noch unklar.
Dieses uralte Velorennspiel habe ich erst kürzlich wieder entdeckt. Zufälligerweise hat es denselben Jahrgang wie ich. Es erschien 1963 zum ersten Mal. Jede Partie ist eine Etappe eines Velorennens, bei dem man Karten ablegen und seinen Rückstand in Minuten auf den Führenden in Grenzen halten soll. Einer gibt dabei das Tempo vor, die anderen müssen versuchen, mitzuhalten oder mit einem Angriff die Führung zu übernehmen. Steigungen, Gegenwind und Spurts sorgen für taktische Überraschungen. Die gefahrenen Zeiten werden einfach mit Chips festgehalten und von Etappe zu Etappe kumuliert, so dass man theoretisch Rennen über Hunderte Etappen austragen kann.
Ich kann mich noch gut an Ferien in den 1980-er und 1990-er Jahren erinnern, in denen wir dieses Kartenspiel ständig mit dabei hatten und täglich zwischendurch ein- oder mehrmals irgendwo für 15 Minuten eine Etappe austrugen. In einem alten Exemplar habe ich doch tatsächlich einen Kassenzettel aus dem Jahr 1994 aus Kopenhagen gefunden, auf den wir die Spielresultate offenbar in Ermangelung anderen Papiers in krakeliger Schrift notierten. Das Rennen war immer jeweils am letzten Ferientag zu Ende. «Der Ausreisser» ist zwar ein eher glückslastiger No-Brainer, aber ein unheimlich spassiger. Das Spiel ist zwar schon seit Jahren vergriffen. Bei der Suche im Internet findet man aber immer mal wieder gebrauchte und sogar auch neue Exemplare.
Von Pierre Jacquot für 2 bis 6 Spieler ab 8 Jahren; Eine Etappe: ca. 10 bis 20 min; Frühere Verlage: FX Schmid und Pro Ludo; vergriffen.
Escape Rooms haben sich in der realen Welt mit immer raffinierter aufgebauten Rätsel-Welten als Freizeitangebot etabliert. Zahlreiche Spielverlage haben das Phänomen in Spiele-Schachteln für zuhause gepackt. Die beste Reihe ist für mich nach wie vor «Exit» von Kosmos. Gerade weil die Konkurrenz derart gross ist, hat sich zur Genüge gezeigt, dass es gar nicht so einfach ist, solche Spiele zu kreieren, die wirklich funktionieren, logisch, trottelsicher und interessant genug sind, um zu fesseln. Mit jedem neuen Fall beweist das Kosmos-Autorenteam von Neuem, welche Qualitätsarbeit es leistet.
In jedem Exit-Spiel kämpft sich eine Gruppe durch zehn Rätsel. Das Spiel wird beim Spielen zerstört und kann danach nicht wieder verwendet werden. Material wird zerschnitten, zerrissen, gefaltet. Das macht aber gerade auch den besonderen Reiz aus. Wie in den richtigen Escape-Räumen muss man Dinge in die Hände nehmen und damit kreativ herumbasteln. Manchmal wird auch die Verpackung in den Rätselspass miteinbezogen. Die Varianz der Rätsel erstaunt, Jeder Titel ist für neue Überraschungen gut, so dass ich immer wieder gespannt auf jeden neuen Fall warte. Ein kreativer Geschenktipp: Wie wäre es mit einem Abonnement auf alle neuen Exit-Fälle bis ans Lebensende?
Von Inka und Markus Brand und Ralph Querfurth für 1 bis 4 Spieler, die einzelnen Ausgaben haben unterschiedliche Altersstufen; ca. 45 bis 90 min; Verlag: Kosmos; ca. 18 Franken.
Ich war viel auf Reisen in meinem Leben. «Kakerlakenpoker» ist meine Geheimmedizin, um die Stimmung in Reisegruppen aufzulockern oder als Türöffner in wildfremden Ländern mit wildfremden Leuten in Kontakt zu kommen, deren Sprache man nicht einmal versteht. Ich muss mir unbedingt wieder ein Exemplar besorgen, denn das letzte habe ich irgendwo im westaustralischen Busch verschenkt. Die Grundregeln des witzigen Kartenspiels sind derart einfach, dass man sie mit Gebärdensprache und Tierlauten jedem Menschen beibringen kann, der fähig ist, Karten in der Hand zu halten. Das Spiel ist kulturell universal. Denn andere an der Nase herumzuführen, bluffen, lügen, versuchen, sie hereinzulegen oder Bluffer zu enttarnen, sind in jeder sozialen Gemeinschaft auf der Welt bekannte Verhaltensweisen.
Das Kartendeck enthält die Zeichnungen von acht Tieren, die niemand mag. Das Spielprinzip ist simpel: Man legt jemandem eine Karte verdeckt hin und behauptet, dass es ein bestimmtes Tier ist. Nun blickt einem der Mitspieler tief in die Augen, glaubt es oder nicht. Wer kein Risiko eingehen will, deckt nicht auf und involviert einen weiteren Mitspieler. Wer aber reinrasselt, muss die Karten vor sich auslegen und sammeln. Wer irgendwann zu viele Karten in seinem Portfolio hat, verliert.
Von Jacques Zeimet für 2 bis 6 Spieler ab 8 Jahren; ca. 15 bis 25 min; Verlag: Drei Magier (Schmidt Spiele); ca. 14 Franken.
Haha! Und jetzt kommt noch eine unerwartete Zugabe:
Ich freue mich darauf, wieder mehr zu jassen. Allerdings nicht wegen des Spielsystems an sich, sondern vor allem wegen der damit verbundenen sozialen und gesellschaftlichen Komponente. Ganz ehrlich: Kennt man Tausende anderer Spiele, sind Hunderte davon interessanter als Jassen. Ja, steinigt mich: Jassen wird von vielen Jassern als Spiel doch eher ein bisschen überschätzt. Im Vergleich zu modernen Spielen, die sich auf einem hart umkämpften Markt behaupten müssen, geniesst Jassen halt den Vorteil der langen Tradition und der Gnade der frühen Geburt.
Für mich ist ein Spiel oft nur das Medium, um mit anderen Leuten eine gute Zeit zu verbringen und nicht der eigentliche Zweck. In der Schweiz gibt es nun halt einmal viele Menschen, die einem ans Herz gewachsen sind, mit denen man sich spielerisch nur zum Jassen treffen kann, weil sie an anderen Brett- oder Kartenspielen nur mässig interessiert sind. Und zugegeben: Was schlägt atmosphärisch schon einen Jass über Mittag oder nach Feierabend in einer traditionellen Beiz mit einem Kafi-Schnaps? Also werde ich wieder öfters Jassen. Auch deshalb, weil ich gerade noch ein bisschen trainieren sollte: Im April muss ich nämlich meinen im letzten Jahr errungenen Sieg in der NZZ-Jassmeisterschaft verteidigen.
Für 3 oder 4 Spieler ab 6 Jahren; ab 1 Franken 50.