Wenn du dich mal in West London befindest, genauer im Stadtteil Marylebone, empfehle ich mal für Cocktails in eine kleine Keller-Bar namens Purl zu gehen. Weshalb? Nun, die Cocktails in jener Keller-Bar sind superfein ... aber das sind sie sonstwo auch. Dort aber ist die Präsentation unschlagbar. In der geselligen Runde, in der ich mich befand, bestellte jede Person einen anderen Drink, und jeder Drink wurde in einem anderen Behältnis serviert, ... und keines dieser Behältnisse war ein Trinkglas.
«Mind the Gap» heisst der Drink. Natürlich heisst er so.
Ach, was haben wir uns über die Unsitte gewisser Trend-Restaurants geärgert, den Gästen das Essen auf allem, nur nicht auf Tellern zu servieren: Steaks auf Schiefertafeln, Salate in Weingläsern und dergleichen. Nervig, ja.
Derweil hat der Trend die Barszene erreicht.
... wie etwa im Trailblazer Tavern in San Francisco. Und? Durstig?
So kommt der Moscow Mule (haha: Mule = Maultier) im Roof at Park South in New York daher. Genug für vier Personen, angeblich.
Okay, das Konzept eines Gruppen-Cocktails, einer Bowle mit Röhrchen, quasi, gibt es bereits seit den Fünfzigerjahren mit den Scorpion Bowls der damals populären polynesischen Tiki-Bars. Schön, dass dieser Trend weiterhin existiert! Doch auch hier ist man ambitionierter geworden. Im Undertow Bar in Phoenix, etwa, gibt's das hier:
Zumindest im Aviary in Chicago, wo man einen Cocktail namens «Loaded to the Gunwalls» bekommt.
Wir wissen bloss, dass es eine Variante eines Jalapeño Margaritas ist und dass die Blumen essbar sind. «Hallo, ich möchte meinen Margarita garniert mit Gras und Blumen – also mit eigenem Garten!», said nobody ever.
Wer's ausprobieren will, kann das im Sycamore Den im südkalifornischen San Diego.
Nein, Red Bull ist nicht dabei. Dafür aber offenbar Himbeer-Wodka und dergleichen. Nachzuprüfen im Second Best, Detroit.
Das wolltest du doch schon immer, oder?
Gecheckt? Das Röhrchen ist im Glas integriert.
Leider gibt uns die Website keine Informationen darüber, was das genau für ein Drink sein soll. Ebensowenig wie das Ding hier:
Wenn ich mich recht erinnere, musste man den Ballon platzen lassen, damit ein Aromagas entfacht wurde oder so ähnlich ... vermutlich war das der Zeitpunkt, in dem ich die Hoffnung aufgab, auf dem Menu etwas Vernünftiges zu finden und einen schlichten Dry Martini bestellte.
Aber letztendlich haben obige – sagen wir mal – exzentrische Cocktail-Kreationen eines dem «alles-bloss-keine-Teller»-Trend in Restaurants voraus: Fun. Während das Steak, das auf der Schiefertafel serviert wird, nur nervt, da der Saft über den Rand hinaus läuft, hat man beim Cocktail aus der Schatzkiste doch ziemlichen Spass. Es ist wie in der Spielwarenabteilung. Einfach mit Alkohol.
Cheers, allerseits!
Hunderte Jahre Entwicklung von Trink- und Tischkultur "gipfeln" in Blechdosen, Urinflaschen, Grüncontainern, Einkaufstrolleys und Schiefertafeln... nope, einfach nicht meins.