Schweizer dominieren derzeit einen grossen Teil der NHL-Gespräche. In New Jersey schrieb das Trio Jonas Siegenthaler, Akira Schmid und Nico Hischier an diesem Wochenende Geschichte. Nashvilles Roman Josi schoss in der Nacht auf heute zwei Tore und Kevin Fiala von den L.A. Kings provozierte den Rauswurf eines Gegners.
Aber die ganz grossen Schlagzeilen gehören natürlich den Trades von Timo Meier zu den New Jersey Devils und von Nino Niederreiter zu den Winnipeg Jets. Was bedeuten die Tauschgeschäfte für die Karrieren der beiden Stürmer? Und was haben die Teams davon?
Die «Timo Time» wird um drei Stunden zurückgestellt. Die New Jersey Devils machen den Schweizer NHL-Fans eine Freude und sichern sich die Dienste von Timo Meier. Insgesamt wechseln im mit Spannung erwarteten Tauschgeschäft neun Spieler und vier Draft-Picks die Seiten.
6:00pm - we have officially made a trade pic.twitter.com/m3DbRYmHeE
— San Jose Sharks (@SanJoseSharks) February 27, 2023
Die New Jersey Devils erhalten mit Timo Meier sicherlich den besten Einzelspieler im gesamten Trade. Die weiteren Spieler, die im Trade zu New Jersey stossen, sind Ergänzungen für die Farmteams in der AHL oder gar in der drittklassigen ECHL. Einzig Verteidiger Scott Harrington könnte gelegentlich in der NHL zum Einsatz kommen.
Timo Meier was the best available player on the trade market. The Devils just added an elite forward to their group. pic.twitter.com/u7EfHeEEOQ
— Shayna (@hayyyshayyy) February 26, 2023
Die Fans von San Jose waren zunächst nicht besonders glücklich mit dem Trade. Sie hofften, entweder Stürmer Alexander Holtz oder Verteidiger Seamus Casey als Teil des Deals zu erhalten. Die zwei sind nach den unantastbaren Luke Hughes (der jüngere Bruder von Jack Hughes) und Simon Nemec die vielversprechendsten Talente in der Devils-Organisation. Und auch Dawson Mercer, auf den die Sharks ein Auge geworfen hatten, bleibt in New Jersey.
Stattdessen baut San Joses General Manager Mike Grier sein Verteidiger-Reservoir aus. Nikita Okhotiuk ist 22-jährig und hat in dieser und in der letzten Saison erste Schritte in der NHL unternommen und dabei gut ausgesehen. Noch jünger und vielversprechender ist Shakir Mukhamadullin (21). Von ihm wird erwartet, dass er nach dieser KHL-Saison den Sprung nach Nordamerika wagt. Stürmer Fabian Zetterlund ist zudem etwas unterschätzt. Der 23-Jährige ist ein guter, schneller Forechecker, defensiv verlässlich und auch in Unterzahl einsetzbar.
Wertvoll ist auch der Erstrunden-Draftpick in diesem Jahr. Der Draft-Jahrgang 2023 gilt als aussergewöhnlich stark, sodass auch mit einem späten Pick in der ersten Runde noch gute Spieler gezogen werden können.
Zuallererst bedeutet der Trade, dass Timo Meier von einem der schlechtesten Teams der NHL zu einem der besten wechselt. Mit den New Jersey Devils kann der Appenzeller in dieser Saison in den Playoffs spielen. Bei den Sharks ging es längst nur noch darum, die Ausgangslage für den Draft 2023 zu optimieren.
Meier trifft in Newark auf viele bekannte Schweizer Gesichter. Nico Hischier führt die Devils als Captain an. Mit ihm hat Meier schon an den letzten zwei Weltmeisterschaften gespielt und gut harmoniert. Auch Jonas Siegenthaler kennt er schon von Nati-Zusammenzügen und mit Goalie Akira Schmid figuriert derzeit ein weiterer Schweizer im Kader der Devils. Entsprechend zeigte der Appenzeller sich in einer ersten Reaktion voller Vorfreude auf seine neuen Teamkollegen.
Timo Meier.🍎 Nico Hischier 🚨 @SwissIceHockey @MeierTimo @nicohischier @NJDevils @SanJoseSharks #SUIFRA #IIHFWorlds pic.twitter.com/bRaVi9bU6v
— IIHF (@IIHFHockey) May 22, 2022
Es ist realistisch, dass Meier langfristig bei den «Teufeln» bleibt, denn dort hat er in den nächsten Jahren die Chance, den Stanley Cup zu gewinnen. Es wäre ein historischer Erfolg. Der erste Cup eines NHL-Teams mit mehreren Schweizern in wichtigen Rollen.
So könnten die Devils-Sturmlinien mit Meier aussehen:
Die Devils liegen derzeit sicher auf einem Playoff-Platz, aber der Osten wird ein Schlachtfeld. Die New York Rangers haben bereits mit Vladimir Tarasenko aufgerüstet und könnten demnächst auch noch Patrick Kane holen. Toronto hat sich mit Ryan O'Reilly verstärkt und Boston und Tampa sind auch ohne zusätzliche grosse Namen angsteinflössend.
In den schwächeren Saisonphasen der Devils in dieser Saison war klar: Bei der Torproduktion hängt sehr viel von Nico Hischier, Jack Hughes und Jesper Bratt ab. Läuft es bei einem des Trios nicht, ist schnell Schicht im Schacht. Mit Timo Meier wird der Angriff nun um einen weiteren torgefährlichen Starstürmer erweitert. Das macht die Devils vielseitiger und unberechenbarer, zumal der Schweizer als kräftiger Powerstürmer noch einmal ein zusätzliches Element einbringt. Auch das Powerplay dürfte noch einmal besser werden.
New Jersey General Manager Tom Fitzgerald dürfte bei Meier aber auch die Playoff-Erfahrung im Hinterkopf gehabt haben. 2019 kamen die Sharks bis in den Conference-Final und Meier steuerte in 20 Spielen fünf Tore und zehn Assists bei. Der Appenzeller weiss, wie man in wichtigen Spielen punktet und sie gewinnt. Da ist er vielen Spielern im jungen Devils-Team voraus.
In den ursprünglichen Gerüchten hiess es, die Devils seien nicht an «Rentals» interessiert – also an Trades von Spielern, die im Sommer gleich wieder gehen. Mit Timo Meier ist – Stand jetzt – noch keine Vertragsverlängerung zustande gekommen. Aber Fitzgerald wird sicher alles versuchen, um den Schweizer langfristig zu binden.
There is no Meier contract extension as part of this. The Devils became comfortable doing the trade without having him signed to an extension as part of it.
— Pierre LeBrun (@PierreVLeBrun) February 26, 2023
Meier ist Restricted Free Agent (RFA). Das bedeutet, dass die Devils auch nach Auslaufen des Vertrags die Rechte am 26-Jährigen besitzen, sofern sie ihm im Sommer eine sogenannte «Qualifying Offer» (eine Art Vorvertrag) anbieten. Realistischer ist, dass Fitzgerald und Meiers Lager bereits in den nächsten Tagen mit den Verhandlungen für eine Vertragsverlängerung beginnen.
Der grösste Streitpunkt in den Verhandlungen dürfte die jährliche Lohnsumme sein. Meiers Agent soll über neun Millionen Dollar verlangen. Fitzgerald möchte aber keinem Spieler mehr bezahlen als die acht Millionen, die Jack Hughes jährlich erhält.
Das ist noch unklar. Meier schlägt sich derzeit noch mit einer leichten Oberkörperverletzung herum. Besonders gravierend scheint es nicht zu sein, der Stürmer trainiert derzeit ganz normal.
Meier on his injury: "I think as of right now it's day-to-day (...) I'm just really trying to focus on my health and see how I feel tomorrow and go day-to-day, but with all the excitement I want to play as soon as I can, but I also need to listen to my body." #NJDevils
— Amanda Stein (@amandacstein) February 27, 2023
Meier wird am Dienstag in Denver zu den Devils stossen. Wahrscheinlich ist, dass er im Verlauf des Roadtrips mit Spielen in Colorado, Vegas und Arizona sein Debüt gibt.
Timo Meier is expected to meet the #NJDevils in Denver on Tuesday.
— Amanda Stein (@amandacstein) February 27, 2023
Die Fans beider Klubs mussten sich lange gedulden von der ersten Trade-Ankündigung bis zur Enthüllung aller Details. Mehrere Stunden vergingen, auch weil der Trade noch einmal angepasst werden musste, weil ein nicht genannter, für das Tauschgeschäft vorgesehener Spieler an einer Verletzung litt.
Auf den ersten Blick erscheint es kurios, dass die Devils einen Star wie Meier und gleichzeitig vier weitere Spieler erhalten, während sie ihrerseits vier Spieler abgeben. Das hat aber durchaus seine Gründe. Einerseits geht es darum, dass beide Parteien weiterhin die Salär-Obergrenze einhalten können. Andererseits darf ein NHL-Team pro Saison maximal 50 laufende Verträge in seinen Büchern haben. So mussten die Sharks auch Spieler abgeben, um alle Spieler von New Jersey aufnehmen zu können.
Nino Niederreiters Zeit bei den Nashville Predators ist bereits wieder vorbei, er wurde per Trade zu den Winnipeg Jets transferiert. Das kam auch für den Churer Stürmer und für Nashville-Captain Roman Josi, der Niederreiters Unterschrift im Sommer bei den Preds orchestrierte, überraschend. «Josi war nach dieser Hammer-Nachricht genau so aufgewühlt wie ich. Wir haben auf dem Zimmer hemmungslos zusammen geweint», sagte Niederreiter dem «Blick».
Die Winnipeg Jets. Sie erhalten einen guten Allround-Stürmer, der mit vier Toren in den letzten drei Spielen seinen Torriecher abermals bewiesen hat. Dafür müssen sie nur einen Zweitrunden-Draftpick abgeben. Wenn man sich die Trades aus den letzten Tagen und Wochen anschaut, ist der Deal für die Jets ein Schnäppchen.
Nino Niederreiter is a savvy pickup for the Jets. An always useful play-driving winger with some scoring punch pic.twitter.com/dm9XYs2bzL
— dom 🕰️ (@domluszczyszyn) February 25, 2023
Klar ist: Niederreiters erste Emotion, nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass er zu den Jets geht, war nicht Freude. «Ich hatte mich in Nashville bestens eingelebt. Die Stadt hat mir besonders gut gefallen. Und mit Roman Josi hatte ich hier einen Freund, mit dem ich mich auf und neben dem Eis blind verstehe», sagte der 30-Jährige. Zumal Winnipeg steuertechnisch, und auch was die Freizeit angeht, deutlich weniger bietet, als die Musik-Hauptstadt in Tennessee.
Sportlich gesehen ist der Wechsel für Niederreiter allerdings ein Upgrade. Die Jets sind auf gutem Weg, die Playoffs zu erreichen. Bei Nashville ging der Trend zuletzt in die falsche Richtung. Einmal in den Playoffs, ist es in der Western Conference aufgrund der schwächeren Konkurrenz deutlich einfacher, diese erfolgreich zu gestalten.
In Winnipeg dürfte Niederreiter einen Platz in den ersten zwei Linien erhalten. Entweder läuft er an der Seite von Mark Scheifele und Kyle Connor auf oder gemeinsam mit Pierre-Luc Dubois und dem Ex-Bieler Nikolaj Ehlers. Der Schweizer dürfte für die Kanadier ein wichtiges Puzzleteil sein, wenn es darum geht, die Playoff-Qualifikation definitiv zu sichern.
Das Tauschgeschäft von Niederreiter war für Nashville der Aufbruch in eine neue Ära. Die Predators wagen damit einen zarten Schritt in Richtung «Rebuild» – also den Neuaufbau des Teams, indem man Kaderspieler abgibt und Prospects und Draftpicks sammelt.
Gestern wurde bekannt, dass der seit 1997 amtierende General Manager David Poile zurücktritt und Barry Trotz diesen Posten übernimmt. Gleichzeitig gaben sie Stürmer Tanner Jeannot an Tampa Bay ab und erhielten dafür unfassbare fünf Draft-Picks.
David Poile, the only general manager in the history of the Nashville Predators, announced today he is going to retire.
— Nashville Predators (@PredsNHL) February 26, 2023
Barry Trotz, the franchise’s first-ever and winningest head coach, takes the reins as general manager on July 1, 2023.https://t.co/ExhxARX9OA
Jetzt bleibt noch die Frage: Wollen die Predators einfach ihre Ausgangslage für den diesjährigen, hochkarätigen Draft verbessern und dann mit etwas Glück nächstes Jahr wieder angreifen? Oder gibt es einen Neuaufbau von Grund auf über mehrere Jahre? Falls der neue GM Trotz die zweite Option wählt, ist irgendwann vielleicht sogar ein Trade von Roman Josi nicht auszuschliessen.