Die himmelblaue Welt von Manchester City hat ein paar rosarote Züge rund um den Saisonstart der Premier League am vergangenen Wochenende. 4:0-Sieg bei Wolverhampton. Dominant von Anfang bis Ende. Erling Haaland bereits in bester Torlaune. Und vor allem ein beeindruckender Auftritt von Neuzuzug Tijjani Reijnders als Chef im Mittelfeld. Gute Laune überall, könnte man also vermuten. Doch das ist falsch.
Bei Manuel Akanji überwiegen die Sorgen. Der Schweizer Innenverteidiger, vor einem Monat 30 Jahre alt geworden, muss sich ernsthafte Gedanken um seine Zukunft machen. Nach 136 Spielen und über 10’000 Einsatzminuten, verteilt auf die letzten drei Jahre, könnte seine Zeit bei City abgelaufen sein.
Die Zeitung «Manchester Evening News» schreibt von einer «Exit Message» an Akanji durch seinen Trainer Pep Guardiola. Der Schweizer, bis vor kurzem noch unbestrittene Stammkraft, muss sämtliche 90 Minuten beim Auftakt auf der Bank verbringen. Ruben Dias und John Stones bilden das Innenverteidiger-Duo. Danach wird als erster Ersatz der 21-jährige Abdukodir Khusanov eingewechselt und Josko Gvardiol fehlt derzeit noch verletzt. Vier Innenverteidiger also, die derzeit in der Gunst von Guardiola vor Akanji stehen. Und Nathan Aké gibt es ja auch noch.
Als Trainer Pep Guardiola im Anschluss an das Spiel zur Aufarbeitung schreitet, wird er auch nach seinem Kader befragt. Die Antwort ist vielsagend: «Zu viel, zu viele Leute!», beginnt Guardiola, «ich mag einen grossen Kader, um in allen Wettbewerben mithalten zu können – aber ich möchte keine Spieler zu Hause lassen müssen. Das ist nicht gesund. Damit kannst du keine gute Stimmung kreieren.»
Wie weiter also für Akanji? Erste Gerüchte zielen in Richtung Istanbul. Galatasaray soll Interesse haben an einer Verpflichtung. Nur: Es ist durchaus fraglich, ob sich Akanji gleich beim ersten Gegenwind eine neue Herausforderung suchen mag. Es entspräche nicht seinem Naturell. Zur Erinnerung: Auch bei Borussia Dortmund – Akanjis Verein zwischen 2017 und 2022 – musste er einige Widerstände überwinden. Er kämpfte sich jedes Mal zurück, ehe er kurz vor Ende des Transferfensters, am 1. September 2022, bei Manchester City einen Fünfjahresvertrag unterschrieb.
Bis 2027, also noch zwei Jahre, läuft sein gut dotierter Vertrag. Auf etwa zehn Millionen Franken pro Jahr wird sein Gehalt geschätzt. In anderen Worten: Zehn Millionen gute Gründe, nicht gleich davonzulaufen. Bis am 1. September müsste ein Wechsel über die Bühne gehen.
Interessant ist auch die Beziehung von Guardiola und Akanji. Der Trainer äusserte sich bereits mehrfach begeistert über Akanji. «Dieser Typ ist ein Phänomen. Ich erkläre ihm einmal etwas – und er begreift es sofort.» Unter Guardiola füllt Innenverteidiger Akanji zwischenzeitlich auch andere Rollen aus. Mal ist er Rechtsverteidiger. Mal sogar Linksverteidiger. Mal im defensiven Mittelfeld. Akanji als Allzweckwaffe von Guardiola. Akanji sagte über Guardiola: «Er ist der beste Trainer, den ich je hatte.» Und auch: «Er ist sehr fordernd. Manchmal hat er so viele Gedanken im Kopf, da ist es nicht immer einfach, alle seine Vorgaben zu erfüllen.»
Die Frage ist nun: Hat Guardiola sein bisweilen fast unermessliches Vertrauen in Akanji verloren? Oder gibt er ihm weitere Chancen? Auszuschliessen ist es trotz «Exit Message» nicht.
Akanjis bisherige Zeit bei Manchester City ist eine Erfolgsgeschichte. Bereits in seiner ersten Saison, 2022/23, gewinnt er mit dem Team das Triple, also Meisterschaft, FA-Cup und Champions League. Vor allem der Gewinn der Königsklasse ist eine Erlösung. Dieses 1:0 im Final über Inter Mailand vollendet die langjährige Sehnsucht der Investoren aus Abu Dhabi. Zuvor waren City und Trainer Pep Guardiola in der Champions League immer wieder unerklärlich gescheitert. Akanji leitet im Final ein.
Im Anschluss an den Triumph sagt Akanji auf die Frage von CH Media nach der Bedeutung: «Hat der Titel in der Champions League nun mehr Wert als die anderen beiden? So würde ich das nicht formulieren. Aber wir wussten schon, dass die Beurteilung der Saison mit diesem letzten Spiel steht und fällt. Wenn wir den Final gegen Inter Mailand verloren hätten, wäre die Stimmung nicht mehr so gut gewesen.»
In der Saison 2023/24 gelingt die Titelverteidigung in der Champions League nicht, dafür wird City zum vierten Mal in Serie englischer Meister – Rekord. Ein weiterer Meilenstein, zu dem Akanji vieles beiträgt.
Die Probleme beginnen in der letzten Saison. Akanji ist fehleranfälliger als zuvor. Mitte Februar verletzt er sich zudem an den Adduktoren. Er muss operiert werden, fehlt danach etwas mehr als zwei Monate. Zum Ende der Saison spielt er wieder, aber zu diesem Zeitpunkt ist der Titel bereits an Liverpool verloren. Auch die Klub-WM endet mit einer Enttäuschung, das Out gegen Al-Hilal im Achtelfinale (3:4 nach Verlängerung) ist kein Ruhmesblatt.
Und nun folgen also wegweisende Tage. Die Fragen «Bleiben oder Gehen?» ist dabei auch für das Schweizer Nationalteam relevant. Die anstehende WM-Qualifikation könnte kompliziert werden. Nur einer aus dem Quartett Schweiz, Schweden, Slowenien, Kosovo qualifiziert sich direkt. Da hilft es kaum, wenn der Abwehrchef im Herbst kaum zum Einsatz kommt.