Das steckt hinter dem guten Saisonstart des HC Davos
Vertrautheit und Vertrauen
Kein anderes Team in der Liga hatte vergangenen Sommer so wenige Wechsel wie Davos. Andres Ambühl und Marc Wieser traten zurück, während Julius Honka das Landwassertal Richtung Rapperswil verliess. Dafür kamen Lukas Frick von Lausanne (siehe nächster Punkt), Rasmus Asplund aus Schweden und Tim Minder von Ajoie.
Das sorgt dafür, dass die HCD-Spieler bereits so gut eingespielt sind wie keine andere Mannschaft. Auch das System von Trainer Josh Holden ist in seinem dritten Jahr an der Davoser Bande in den Köpfen, Händen und Beinen drin, während andere Spieler vielleicht noch mit den Ideen eines neuen Trainers oder den Angewohnheiten eines neuen Mitspielers kämpfen. Und das Team geniesst offenbar auch das volle Vertrauen des Managements. Sportchef Jan Alston und Geschäftsführer Marc Gianola scheinen daran zu glauben, dass der HCD in den nächsten Jahren Titel gewinnen kann. Anders sind die Investitionen (Verlängerung von Sandro Aeschlimann, Verpflichtungen von Ken Jäger und Dominik Egli ab 2026/27) nicht zu erklären. Dieses Vertrauen dürfte auch die aktuelle Mannschaft motivieren.
Faktor Frick
Bereits im August 2024 wurde bekannt, dass Lukas Frick ein Jahr später von Lausanne nach Davos wechseln würde. Nun ist das vielleicht nicht der glänzendste Name auf dem Verteidigermarkt, doch der Nationalverteidiger (WM-Silber 2018) hat in über 600 National-League-Spielen bewiesen, dass er ein Faktor sein kann.
So wurde der 31-jährige Ostschweizer aufgrund der Analytics von 49ing bei den Roost Röthlisberger & watson Hockey-Awards zum besten Verteidiger der National League gekürt. Fricks Spiel ist unspektakulär, aber äusserst effektiv. Oft liest er das Spiel sehr gut, und steht dann am richtigen Ort, um gegnerische Läufe oder Pässe zu unterbinden. Und weil Frick eben nicht nur defensiv, sondern auch offensiv zu denken vermag, ist er oft auch sofort in der Lage, einen unterbundenen gegnerischen Angriff, in einen eigenen Angriff zu transformieren.
Das macht Frick zum perfekten Spieler im Davoser System, das genau auf dieses schnelle Umschalten ausgelegt ist. Wenn der Verteidiger mit seinen Pässen einen Filip Zadina, Matej Stransky oder Valentin Nussbaumer lancieren kann, wird es brandgefährlich. Kein Wunder also übernimmt Frick bei Davos gleich viel Verantwortung (mit 18:28 Minuten am meisten Eiszeit und damit fast eine Minute mehr als der nächstbeste Davoser). Und weil Frick ein derart guter Allrounder ist, erlaubt es den anderen Davoser Verteidigern, sich mehr auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren – etwa Blocks und Checks bei Michael Fora oder offensive Inputs bei Calle Andersson.
Holdens System
Wie bereits erwähnt, ist schnelles Umschalten ein wichtiger Teil der Davoser Taktik. Josh Holden scheint diese in den letzten zwei Jahren perfektioniert zu haben. Keine andere Mannschaft in der National League kreiert mehr Torgefahr durch solche Rush-Angriffe und keine andere Mannschaft lässt selbst weniger Torgefahr durch Rush-Angriffe zu.
Wer gegen den HCD zu Chancen und Toren kommen will, muss das also übers Forechecking oder andauernden Puckbesitz machen. Ersteres ist eine unangenehme Option, da missglücktes Forechecking schnell in einem gefährlichen Davoser Konter enden kann. Zweiteres ist gegen die oft sehr kompakt stehende Davoser Box meist nicht besonders erfolgreich.
Das zeigt sich auch in einer anderen Statistik: Geht man nur nach der Quantität der Schussversuche (Schüsse aufs Tor, Schüsse nebens Tor, geblockte Schüsse, Schüsse an die Torumrandung = Corsi), entsteht der Eindruck, dass Davos oft dominiert wird. Die Bündner kontrollierten in ihren ersten sechs Spielen in dieser Saison durchschnittlich nur 46,82 Prozent aller Abschlussversuche. So gesehen hatte der Gegner zumeist mehr vom Spiel.
Beim Blick auf die Qualität der Abschlüsse zeigt sich aber ein diametral anderes Bild. Davos hatte in den bisherigen Partien durchschnittlich 60,14 Prozent aller Chancen (Expected Goals) auf der eigenen Seite.
Daraus können wir diverse Schlüsse ziehen. Einerseits verbrachte der HCD in dieser Saison bislang einen grossen Teil der Zeit in Führung und nur rund 25 Minuten in Rückstand. Teams, die in Rückstand liegen (was bei HCD-Gegnern also oft der Fall war), werfen oft alles nach vorne und schiessen fast schon verzweifelt. Das nennt sich Score-Effects und ist ein Erklärungsansatz, warum die Davoser Corsi-Werte eher tief sind.
Andererseits scheint der HCD unter Holden durchaus bereit, seinen Gegnern Schüsse zuzugestehen, solange sie vorwiegend aus ungefährlichen Positionen kommen. Wie oben bereits erwähnt, lässt Davos kaum gefährliche Rush-Angriffe zu. Es gelingt ihnen in den meisten Situationen, die Gegner auf die Aussenbahnen zu drängen und von dort sind Schüsse einfach weniger gefährlich. So machen die Vorderleute die Arbeit der Goalies Sandro Aeschlimann und Luca Hollenstein, die bislang beide gut spielen, etwas einfacher.
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Seinerseits braucht Davos momentan selbst nur wenige Chancen, um zum Torerfolg zu kommen. Es ist zu erwarten, dass da irgendwann auch wieder Phasen kommen, in denen das weniger gut gelingt. Die Schusseffizienz von Holdens Team beläuft sich aktuell auf über 15 Prozent und dürfte sich im Verlauf der Saison rund vier bis fünf Prozentpunkte tiefer einpendeln.
Mehr Ausgeglichenheit
Der HCD hat mitunter die stärksten Ausländer in der National League. Letzte Saison waren die Imports für fast 61 Prozent der HCD-Tore zuständig, was der zweithöchste Wert der Liga hinter Ajoie war. In den ersten Spielen der neuen Saison ist dieser Wert auf 50 Prozent gesunken, was noch leicht über dem Ligadurchschnitt der letzten Jahre ist.
Die ausländischen Spieler werden bei Davos auch weiterhin wichtige Rollen spielen – das ist bei jedem National-League-Team so. Aber es scheint, als würden sie etwas mehr Unterstützung von ihren Schweizer Kollegen erhalten. Tino Kessler, Enzo Corvi und Lukas Frick haben allesamt schon sechs Punkte auf dem Konto und belegen damit die Ränge zwei bis vier der internen Skorerliste. Simon Knak und Valentin Nussbaumer sind nicht weit dahinter zu finden. Alle Davoser Linien strahlen Torgefahr aus und machen die Mannschaft so noch unberechenbarer.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
-
Er ist
-
Er kann
-
Erwarte
Einfacher Spielplan
Ja, das schleckt kein Steinbock weg: Der Spielplan zum Saisonauftakt hat Davos sicherlich begünstigt. Biel, Ajoie, Kloten und Langnau sind Gegner, die auf dem Papier sicherlich eher in der hinteren Tabellenhälfte anzusiedeln sind. Aber auch diese Teams müssen zuerst geschlagen werden. So stolperten die Meisteranwärter ZSC und Zug bereits über Langnau und Ajoie deklassierte am vergangenen Samstag den SC Bern.
Davos löste alle bisherigen «Pflichtaufgaben» mal mehr, mal weniger souverän und überzeugte auch gegen Vizemeister Lausanne (4:1) und Lugano (2:0). Heute Abend wartet mit dem EVZ ein nächster Test – die Zuger wollen nach der 0:6-Blamage gegen die Lakers eine Reaktion zeigen und dem HCD die erste Saisonniederlage zufügen.