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Der FC Basel in der tiefsten Krise seit über 20 Jahren

Basel's disappointed players thank the fans after the UEFA Champions League second qualifying round second leg match between Switzerland's FC Basel 1893 and Greece's PAOK FC in the St.  ...
Niedergeschlagene Basler nach dem Aus gegen PAOK: Die Champions League ist weg.Bild: KEYSTONE
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Der FC Basel steckt in der tiefsten Krise seit über 20 Jahren

Eine paralysierte Mannschaft und eine verunsicherte Führungsetage: Der FCB steckt in einer so tiefen Krise wie seit Nati-B-Zeiten nicht mehr. Vor allem, weil der Verein neben dem Platz fast alles verloren hat, was ihn einst auszeichnete – eine Analyse.
03.08.2018, 08:38
Céline Feller / bz Basel
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Rund zwei Wochen ist es her, da war beim FC Basel noch alles in Ordnung. Zumindest so weit dies der Fall sein kann, wenn man in der ungewohnten Rolle des Jägers in eine Meisterschaft geht – und mit drei Testspiel-Niederlagen im Gepäck. Der FCB zeigte sich trotz der schwierigen Situation positiv und ehrgeizig, nur die höchstmöglichen Ziele waren gut genug: Rückeroberung des Meistertitels, Erreichen des Cupfinals und Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb – bevorzugterweise an der Champions League. Und dort solle man dann überwintern – klar.

Zwei Wochen ist das her. Jetzt ist alles anders. Schien die letzte Saison, mit ihren tiefgreifenden Krisen, anfänglich nur ein Ausrutscher zu sein, zeichnet sich je länger je mehr ab, dass sie eher der Anfang eines Abwärtstrends ist, der viel schneller seinen Lauf nimmt, als sich das irgendjemand hätte vorstellen können. Am wenigsten Marco Streller und Bernhard Burgener. Unter ihrer Führung hat der FCB vieles verloren, was ihn ausgezeichnet hat.

Zentral ist dabei nicht der sportliche Erfolg beziehungsweise der Misserfolg. Es ist viel mehr das Drumherum, das Auftreten und die Art und Weise, wie dieser Klub geführt wird. In der Ära Heusler/Heitz war der FC Basel der Vorzeigeklub schlechthin. Das kongeniale Duo stand für Entscheide, die Hand und Fuss hatten. Sie waren das Kompetenzzentrum eines Vereins, der über Jahre grösser war, als das im Schweizer Umfeld normal ist. Zu verdanken war dies einer Führung, deren Wert, Intelligenz und Souveränität erst jetzt wirklich zum Vorschein kommt. Sie haben ebenfalls Fehler begangen, aber solche, die nicht so schwer wogen.

Die neue Führung reagiert nur, statt aktiv und mutig zu agierenDas Duo Streller/Burgener wollte für mehr Identifikation sorgen. Stattdessen droht der Verein seine Identität zu verlieren. Der Erfolg bleibt aus. Während die alte Führung stets agierte – mutig auch im Erfolgsfall Trainer freistellte – reagiert die neue nur. Als Folge hat selbst der unerschütterliche Optimist Streller zuletzt etwas zurückgerudert.

ARCHIVBILD ZUR MELDUNG, DASS DER FC BASEL SICH VON TRAINER WICKY TRENNT --- FCB-Cheftrainer Raphael Wicky, Sportdirektor Marco Streller und Praesident Bernhard Burgener, von links, bei der Saisonvorsc ...
Das Bild ist zwei Wochen alt: Mit Trainer Wicky gingen Streller und Burgener in die Saison.Bild: KEYSTONE

Es ist ein Zeichen von Verunsicherung im Verein. Diese überträgt sich auf das Team und schlägt sich in dessen Auftreten nieder. Gegen PAOK Thessaloniki setzte der FCB einen neuen Massstab – nach unten. Die Mannschaft war paralysiert und verlor das zukunftsweisende Spiel. Die Ratlosigkeit spiegelt sich nicht nur in den Taten auf, sondern auch in den Worten neben dem Platz. Captain Marek Suchy war fast sprachlos. Er resümierte lediglich, dass dieser FCB schlecht ist. Und entschuldigte sich bei den Fans. Erklären, warum die Krise da ist, konnte er nicht.

In einer solchen Situation braucht es Führungsspieler, die eine Mannschaft aufrichten können. Die proklamierten Leader jedoch sind mit sich selbst beschäftigt. Sie kämpfen mit Leistungstiefs und dennoch gleichbleibenden, ja sogar erdrückenden Erwartungen. Die Folge ist ein Kollektiv, das versagt. Es zeigt auf dem Platz im Dreitagesrhythmus eindrücklich, dass dieser Verein in seinen Grundfesten erschüttert ist.

Sportlich ist der FCB in einer solch brutalen Krise wie zuletzt zu NLB-Zeiten. Während Köpfe rollen, intern von ausbleibendem Respekt der Führung gesprochen wird, beklagen die Fans, sich verarscht zu fühlen. Es ist eine besorgniserregende Lage, in der sich der FCB befindet. Interims-Trainer Alex Frei nahm am Mittwoch kein Blatt vor den Mund. Man sei zu naiv gewesen bei den Gegentoren. Nur: Man war es nicht nur dort. Selten waren die gesteckten Ziele weiter von der Realität entfernt. Auch, weil das Kader, das noch vor zwei Wochen als breit und stark genug bezeichnet wurde, plötzlich sogar für den Sportchef nicht mehr unantastbar ist.

Dennoch verteidigt Streller sich und das Kader. Der stolze FCB muss sich aktuell laufend rechtfertigen. Das ist Neuland und auch dabei überzeugt er auf keiner Ebene. Sowohl auf dem Platz als auch in der Chefetage ist man immer einen Schritt zu spät. Die Negativspirale dreht sich immer schneller und der FCB kommt dem Tempo nicht nach. Sobald Probleme erkannt sind, haben sich neue, akutere bereits aufgetan. Mit Marcel Kollers Verpflichtung hat man ein Problem gelöst – immerhin. Er muss jetzt für den Befreiungsschlag sorgen. Es kann aber sein, dass dieser – auch wenn die Saison erst gerade begonnen hat – bereits zu spät kommt.

Die Karriere von Marcel Koller

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Die Karriere von Marcel Koller
Der Stadtzürcher Marcel Koller spielt nur für einen Klub: GC. Mit dem Rekordmeister wird der Mittelfeldspieler siebenmal Meister und fünfmal Cupsieger.
quelle: keystone / christoph ruckstuhl
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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hans der Dampfer
03.08.2018 09:57registriert März 2014
Ich bin froh das die düstere CH Fussball Zukunft nicht eingetreten ist. Vor etwa 2 Jahren machte der Kulturplatz dazu einen Beitrag. Es ging darum das Fussball immer unpopulärer wird weil Basel alles und immer gewinnt - zumindest in der CH. Jede Ära geht einmal zu Ende.
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Ominöser
03.08.2018 09:09registriert Oktober 2016
Marcel Koller wird dem Verein gut tun. Er wird seine Truppe im Griff haben und Marco Streller somit auch entlasten. Ich traue Herrn Streller noch immer zu ein guter Sportchef zu werden, denn er hat Charakter, Ehrgeiz, Anstand und ist ein überlegter und intelligenter Mensch. Er muss sich jedoch um seine Arbeit kümmern können und dabei nicht noch einen Trainerneuling Betreuen.
Herr Spycher hat auch einen erfahrenen Coach gebraucht um Erfolg haben zu können.
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Bruno Wüthrich
03.08.2018 09:00registriert August 2014
Der FCB kann bereits jetzt nur noch auf Schadensbegrenzung machen, denn Schaden ist bereits angerichtet. Marco Streller scheint den Beweis zu liefern, dass einer, der auf dem Platz ein Leader war, deswegen noch lange nicht einen Klub führen kann. Offensichtlich hat man in Basel zu sehr auf eine Wunschvorstellung als auf eine Strategie gesetzt. Es ist ein schöner Wunsch, vermehrt auf eigene Spieler setzen zu wollen. Hat man damit Erfolg, ist alles gut, - wäre sogar besser als zuvor. Doch der Erfolg ist dem Anhang wichtiger als der Einsatz von Eigengewächs. Vor allem im erfolgsverwöhnten Basel.
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