Vergangene Saison spielten die Schweizer NHL-Cracks so gut wie noch nie. Das exakt gleich zu wiederholen schien praktisch unmöglich. So ist beispielsweise Roman Josi zwar nicht ganz so erfolgreich wie letztes Jahr. Aber die Schweizer Gruppe ist vor allem auch dank Nico Hischier, Kevin Fiala, Timo Meier und Co. trotzdem auf Kurs für eine sehr gute Saison und bestätigen so ihre Leistungen im vergangenen Spieljahr.
Auf den ersten Blick wirkt Roman Josis bisherige Saison etwas enttäuschend. Insbesondere, wenn man sie mit der letzten vergleicht, wo er fast die magische Marke von 100 Skorerpunkten geknackt hätte.
Doch das täte dem Captain der Nashville Predators unrecht. Er ist immer noch einer der besten Offensivverteidiger der Liga. Der Berner liegt in der Skorerliste aller NHL-Verteidiger auf dem 7. Platz. Kein anderer «Blueliner» erspielt sich mehr Torchancen.
Josi ist für Nashville so wichtig wie immer. Dass er bei der Punkteausbeute nicht erfolgreicher war, lag auch daran, dass es dem ganzen Team in Nashville nicht so gut lief. Matt Duchene, Ryan Johansen oder Tanner Jeannot sind nach einer herausragenden letzten Saison wieder etwas auf dem Boden der Realität gelandet. Ohne gute Mitspieler, die Schüsse ablenken oder Abpraller verwerten können, wird es auch für Josi schwieriger, zu punkten.
Stand jetzt ist Josi auf Kurs für 21 Tore und 46 Assists. Jüngst haben sich die Nashville Predators stark verbessert gezeigt. Das stimmt uns optimistisch, dass Josi unsere Prognose erfüllen kann.
Anlaufschwierigkeiten? Das war einmal. Kevin Fiala hat in seinem neuen Zuhause in Los Angeles gleich wieder beweisen können, was er ist: ein Star. Der Ostschweizer ist bei den Los Angeles Kings mit Abstand der beste Skorer und in den letzten beiden Spielen hat er mit fünf Toren und zwei Assists diese Position noch einmal zementiert.
Mittlerweile hat der 26-Jährige 13 Punkte Vorsprung auf Viktor Arvidsson, den nächstbesten Kings-Skorer. In der Punkteliste der NHL liegt er auf Rang 20, vor Spielern wie Artemi Panarin, Steven Stamkos oder Brayden Point. So hat sich Fiala bereits in die Herzen der Kings-Fans gespielt. Der Tenor in der Stadt der Engel ist klar: Die Kings hätten schon lange nicht mehr einen derart elektrisierenden Stürmer gehabt.
Der Schweizer Stürmer ist einer der Gründe, warum LA zur Halbzeit komfortabel auf einem Playoff-Platz sitzt. Er dürfte aber auch einer der Gründe sein, warum die Kings trotz des zweiten Platzes in der Pacific Division eine negative Torbilanz haben. Fiala leistet sich noch immer Puckverluste und andere Fehler, die seine Mannschaft hinten regelmässig in Schwierigkeiten bringt. Solange er aber skort wie momentan gerade, dürfte ihm das verziehen werden.
Fiala ist aktuell auf Kurs für 28 Tore und 58 Assists – also rund zehn Skorerpunkte mehr, als wir prognostiziert haben.
Nico Hischier hat seine Form vom Ende der vergangenen Saison konservieren können. Schon damals zeigte der Captain der New Jersey Devils sein wahres Potenzial und tut dies nun seit bald einem Jahr. Der erst gerade 24 Jahre alt gewordene Stürmer ist ein wichtiges Puzzleteil im aktuellen künftigen Erfolg von New Jersey.
Nico Hischier scores on his birthday. 36 points in 37 games.
— Kyle Cannillo (@KyleCannillo) January 5, 2023
This was the year the #NJDevils needed from the captain and they got it.
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Hischier ist ein Leader auf und neben dem Eis. Seit Anfang 2021 Captain hat der Walliser schon zwei schwierige Saisons in New Jersey erlebt und will die Mannschaft nun erstmals in dieser Rolle in die Playoffs führen. Auf dem Eis tut das Hischier einerseits mit seinen Toren und Assists. 18 Mal hat er selbst getroffen, 20 Mal einen Treffer der Teamkollegen vorbereitet. Derart erfolgreich war er in seinen fünf NHL-Saisons zuvor noch nie. Zudem beweist er, dass er ein vielseitiger Angreifer ist und die Tore nicht nur vorbereiten, sondern durchaus auch selbst schiessen kann. Mit neuem Selbstvertrauen schiesst Hischier so oft und so erfolgreich wie noch nie in seiner bisherigen Karriere.
Fast noch wichtiger und beeindruckender ist aber, dass der Center auch seinen Vorschusslorbeeren gerecht wird und im Defensivspiel überzeugt. Egal, ob Jesper Bratt an seiner Seite spielt oder nicht, die Linie mit Hischier dominiert das Geschehen und schafft es immer, das Spiel weg vom eigenen und vor das gegnerische Tor zu drücken. Er gilt, Stand jetzt, als Kandidat für die Selke Trophy, der Auszeichnung zum besten Defensivstürmer der Liga.
Die Assists haben wir nicht schlecht eingeschätzt, doch bei den Toren waren wir zu pessimistisch. Die 20 Tore hat Hischier jetzt schon fast geknackt. Ende Saison käme er bei der aktuellen Pace auf 37 Tore und 42 Assists.
Timo Meier ist und bleibt der beste Schweizer Torschütze in der NHL. Nach 41 Spielen hat er bereits 23 Treffer auf dem Konto, das ist Platz 9 in der gesamten NHL, gleichauf mit Kirill Kaprizov oder Mark Scheifele und besser als Auston Matthews (20 Tore in 41 Spielen).
Auch sonst gibt es am Spiel des Appenzellers wenig zu bemängeln. Er macht das, was er am besten kann: Vorne mit seinem Forechecking und seiner aggressiven Spielweise viel Druck machen, Chancen kreieren und so das Spiel vom eigenen Tor weghalten.
Interessant wird nun vor allem auch, was mit Meier in dieser Saison noch passiert. Sein Vertrag läuft Ende Saison aus. Es scheint realistisch, dass San Jose versuchen wird, den Schweizer vor der Trade-Deadline noch gegen Draft-Picks einzutauschen, um den Umbruch in der eigenen Mannschaft voranzutreiben.
Mit der aktuellen Pace käme Meier Ende Saison auf 46 Tore und 34 Assists. Er liegt damit nicht nur deutlich über unserer Prognose, sondern wäre auch der erste Schweizer, der die Marke von 40 Toren knacken könnte.
Nino Niederreiters Saison verläuft etwa so, wie man das erwarten konnte. Der Churer hat sich in Nashvilles Top-6 und im Powerplay etabliert. Er ist keiner, der die ganz grossen Stricke zerreisst, aber er trifft regelmässig (was bei Nashville nicht selbstverständlich ist) und bringt konstant seine Leistung.
Niederreiter ist zudem der einzige Top-6-Stürmer bei den Predators, der in seinen Einsätzen mehr Torchancen herausspielt, als er gegnerische zulässt.
Unsere Prognose ist einigermassen auf Kurs. Stand jetzt würde Niederreiter mit der jetzigen Pace die Saison mit 25 Toren und 21 Assists beenden – also nur einem Punkt weniger, als wir voraussagten.
Einer der wenigen Schweizer, der sein Potenzial bislang nicht voll ausspielen kann. Suter musste den Saisonstart von der Tribüne aus mitverfolgen, rutschte danach aber fix in die Mannschaft. Seither kam er vorwiegend in der dritten oder vierten Linie zum Einsatz – das ist insofern nicht überraschend, da Detroit auf diese Saison hin aufrüstete.
Doch auch wenn er gegen die eher schwächeren gegnerischen Linien antrat, konnte Suter das nicht ausnützen, um Tore und Assists zu sammeln, wie er das noch in seiner ersten Saison in Chicago tat. Eines bleibt allerdings konstant: Suter bleibt in der eigenen Zone äusserst verlässlich. Ein Defensivstürmer erster Güte, der auch ab und an mal ein Tor erzielt oder vorbereitet.
Unsere Prognose war etwas zu optimistisch. Stand jetzt würde Suter die Saison mit elf Toren und 13 Assists beenden.
Zum Start der Saison spielte Jonas Siegenthaler derart gut, dass ihm in gewissen Kreisen gar Aussenseiterchancen auf die Norris Trophy, die Auszeichnung zum komplettesten Verteidiger in der NHL, zugestanden wurden.
Good morning.
— Devils Insiders (@DevilsInsiders) November 4, 2022
There are simply not enough words to describe our love for Jonas Siegenthaler.#NJDevils pic.twitter.com/p29FCZjjJk
Realistischerweise sammelt der Zürcher dafür etwas zu wenig Skorerpunkte, dennoch war der Saisonstart beeindruckend. Gemeinsam mit Dougie Hamilton bildete er das beste Verteidigerpaar der Liga.
Seit Dezember sind die beiden zwar nicht mehr ganz so dominant, aber immer noch sehr gut. Siegenthaler überzeugt noch immer mit seinem herausragenden Positionsspiel. Er leistet sich kaum Puckverluste. Im Unterschied zu vorherigen Jahren traut sich der 25-Jährige in der Offensive mehr zu. Er sticht immer wieder auch tief in die gegnerische Zone und kommt so zu besseren Abschlussgelegenheiten als in seiner bisherigen Karriere. Das zahlt sich in besseren Skoringwerten aus.
Der zweite Teil der Prognose stimmt definitiv. Siegenthaler ist und bleibt defensiv verlässlich. Die Offensiv-Qualitäten des Zürchers haben wir aber unterschätzt. Stand jetzt käme er Ende Saison auf vier Tore und 24 Assists.
Vor der Saison hofften wir, dass Philipp Kurashev aufgrund der Rebuild-Situation bei den Chicago Blackhawks viel Eiszeit bekommen würde und diese in Tore und Assists ummünzen kann. Der erste Teil der Hoffnung hat sich bewahrheitet. Kurashev erhält bei den Blackhawks rund 17 Minuten Eiszeit pro Spiel – mehr als Pius Suter in Detroit oder Nino Niederreiter in Nashville.
Doch das mit dem Ummünzen klappt nicht nach Wunsch. Der junge Berner skort trotz vieler Gelegenheiten und Powerplay-Minuten keinen halben Punkt pro Spiel. Und im Gegensatz zur letzten Saison ist ihm auch die defensive Souveränität abhandengekommen. Den Verantwortlichen bei den Blackhawks dürfte es egal sein – je mehr sie verlieren, desto grösser die Chance, das Generationen-Talent Connor Bedard draften zu können.
Unser Pessimismus bei Kurashev vor der Saison war begründet. Stand jetzt ist der 23-Jährige genau auf Kurs zu unserer Prognose.
Eigentlich sollten wir ja langsam wissen, wie gut J.J. Moser ist. Und dennoch verblüfft uns der junge Bieler immer wieder. Er schafft es beim auf dem Papier schwächsten NHL-Team in Arizona regelmässig, gut auszusehen. Der 22-Jährige nutzte die verletzungsbedingte Absenz von Jakob Chychrun Anfang Saison, um im Powerplay munter Punkte zu sammeln. Nur gerade sechs Verteidiger im Alter von 22 Jahren oder jünger skoren in der NHL häufiger.
Mosers Spiel ist natürlich noch nicht perfekt. In der eigenen Zone ist der Verteidiger noch anfällig. Allerdings wird er dort auch regelmässig vor schwierige Aufgaben gestellt, da die Gegner die Arizona Coyotes regelmässig überrollen. Wenn es darum geht, wenig gegnerische Chancen zuzulassen, ist er immerhin der drittbeste Verteidiger der «Yotes».
JJ Moser with inaugural anklebreaker at Mullett Arena pic.twitter.com/DGJwX8lXeB
— Jason Gold (@JayGold85) October 29, 2022
Wir haben Janis Moser einmal mehr unterschätzt. Stand jetzt ist er auf Kurs, unsere Prognose mit 10 Toren und 27 Assists klar zu übertreffen.
In Toronto hat es nicht geklappt. Trotz guter Vorbereitung konnte Denis Malgin sich bei den Maple Leafs nicht etablieren. Auch Chancen, in den vorderen Linien spielen zu können, konnte der Zürcher Stürmer nicht nutzen. Zu gering war seine offensive Ausbeute.
DENIS MALGIN 🚨
— Omar (@TicTacTOmar) October 31, 2022
WHAT A PASS FROM NYLANDER pic.twitter.com/8RUI6zlihn
Es folgte ein Trade zu den Colorado Avalanche, die aufgrund ihrer Verletzungssorgen talentierte Stürmer gebrauchen konnten. Nach vier punktelosen Spielen zum Start in Colorado schaffte er ausgerechnet gegen Toronto einen Assist. Doch dann wurde er vom Avalanche-Pech eingeholt und verletzte sich beim übernächsten Spiel. Wie lange ihn die Oberkörper-Verletzung ausser Gefecht setzt, ist nicht bekannt.
Jonas Johansson has been reassigned, Jacob MacDonald had a baby but will be IN tonight, and Denis Malgin is week to week with an UBI.
— Meghan Angley (@megangley) January 10, 2023
Unsere Prognose war nicht falsch, schliesslich hat Malgin für die Leafs über 20 Spiele gemacht. Nach Wunsch etablieren konnte er sich aber nicht. Man darf gespannt sein, wie es für ihn nun in Denver weitergeht.
Anfang Dezember war es so weit. Tim Berni durfte sich ein erstes Mal auf der grössten Bühne der Welt beweisen. Und die Arbeit des jungen Zürcher Verteidigers scheint den Verantwortlichen bei den Columbus Blue Jackets zu gefallen. Seit seinem Debüt hat der 22-Jährige einen Fixplatz im Lineup und spielt stets zwischen 17 und 21 Minuten pro Nacht.
Tim Berni comes up big with his first NHL goal! #CBJ pic.twitter.com/bgFzZdAWxi
— Bally Sports Columbus (@BallySportsCBUS) January 11, 2023
Im Gegensatz zu Moser ist Berni kein Verteidiger, der viele Skorerpunkte sammelt. Er überzeugt mit seinem unauffälligen, aber intelligenten Spiel in der eigenen Zone. Columbus-Trainer Brad Larsen sagt: «Er wirft den Puck nicht einfach nach vorne. Er ist bereit, den Check einzustecken, dreht sich raus und kämpft.» Heute Nacht belohnte Berni seine Arbeit mit dem ersten Tor seiner NHL-Karriere – ausgerechnet gegen Andrei Vasilesvskiy, den besten Goalie der Welt.
Berni hat tatsächlich NHL-Luft geschnuppert, und er scheint nicht genug davon kriegen zu können. Der Verteidiger ist eine positive Überraschung.
Der Goaliefluch hat bei den New Jersey Devils wieder einmal zugeschlagen. Kaum hatte die Saison begonnen, fiel Mackenzie Blackwood verletzt aus. So kam Akira Schmid wieder zur Möglichkeit, sich in der NHL zu beweisen. Doch dieses Mal lief vieles anders als vergangene Saison, wo Schmid den Wölfen zum Frass vorgeworfen wurde und nach sechs Spielen mit fast fünf Gegentoren pro Partie wieder in die AHL musste.
Der erst 22-jährige Langnauer präsentierte sich ruhig und fokussiert und war mit ein Grund, warum die Devils im Spätherbst 13 Siege aneinander reihten. Pro Spiel hielt Schmid 0,54 Goals Above Expected, das ist der siebtbeste Wert in der Liga.
Bei den Devils läuft auf der Goalie-Position offenbar nie alles normal. Doch dieses Mal spielte das Akira Schmid in die Karten. Er konnte seinen Klubverantwortlichen zeigen, dass er bereit ist für grössere Aufgaben, und sich jetzt dennoch in der AHL noch weiter entwickeln.
Hoffen wir mal die Schweizer NHL-Spieler können das Niveau weiterhin halten.