Wie das so ist in Zeiten von Social Media. Kaum war Patrick Rahmen am Montag als Trainer freigestellt, da hatte der offizielle Instagram-Post des Klubs bereits ein Like vom Holding-Verwaltungsratspräsidenten. «Gefällt david_degen» stand da, und es macht ja auch Sinn, wenn der starke Mann beim FC Basel zu seinem Entscheid steht. Verschwunden war die Markierung dann wenig später dennoch.
Der FC Basel trennt sich also von seinem Cheftrainer, den David Degen vergangenes Frühjahr mir-nichts-dir-nichts von seinem Vorgänger Bernhard Burgener übernommen hatte. Was Rahmen an nackten Punkten pro Spiel mit dem FCB erreicht hat (2,03), steht auf einer Ebene mit den Meistertrainern Thorsten Fink (2,07) und Murat Yakin (2,05). Nur Urs Fischer steht mit seinen 2,35 Punkten deutlich darüber.
Für Rahmen ging damals ein Traum in Erfüllung, Cheftrainer des Vereins seiner Heimatstadt zu sein, für den er selbst und schon sein Vater Bruno gespielt hatten. Er führte eine verunsicherte Mannschaft zurück auf die Europacup-Plätze und erreichte mit ihr die Achtelfinals der Conference League.
Aber da war auch eine stete Unzufriedenheit und Ungeduld, die sich in Degen personifizierte. Mit jedem Nackenschlag, wie dem blamablen Cup-Aus in Carouge oder der Remis-Serie vor Weihnachten, verschärfte sich der Druck auf den Trainer. Wie der FCB-Boss mit Rahmen umging, war auch sinnbildlich für seinen sprunghaften Führungsstil.
Mit dem Theater um den Jahreswechsel herum, angeheizt durch ein Interview von Degen und Verhandlungen mit Trainerkandidaten wie Alfred Schreuder, die Degen im Nachhinein frank und frei bestätigte, war Rahmen desavouiert. Dennoch raufte man sich zusammen, Rahmen bekam neue Assistenten und sein Angestelltenverhältnis in einen branchenüblichen Cheftrainervertrag bis Juni 2023 umgewandelt.
Alles in der Hoffnung auf Besserung. Zwei Siege, ein Unentschieden und die Niederlage im Verfolgerduell in Bern gehörten nicht dazu. Es wurde immer offensichtlicher: Gesicht und Mentalität des Teams konnte Rahmen nicht nach Degens Geschmack prägen.
Zu Ruhe und Kontinuität trug allerdings auch die Wintertransferperiode mit lebhaftem Kommen und Gehen nicht bei. Insgesamt sind in der Ära Degen 18 neue Spieler geholt worden, 23 sind gegangen. Eine Megafluktuation.
In einem Videostatement auf der Klubseite verdeutlichte Degen, worum es ihm geht: «Dieser Schritt tut weh. Wir haben alles versucht, um mit Patrick Rahmen die Wende zu schaffen.» Das Fass zum Überlaufen brachte der Samstag und die Partie gegen den Abstiegskandidaten, die schlussendlich noch 3:0 gewonnen wurde – und nach der es nach Informationen des «Blick» in der Kabine gerumpelt haben soll. Degen urteilt unter dem Eindruck der schwachen ersten Halbzeit: «Das ist nicht der Fussball, für den der FC Basel stehen soll. Wir wollen Mentalitätsspieler auf dem Platz, die von der ersten Sekunde Vollgas geben und die Zuschauer mitreissen.»
🗣️ «Es ist ein Entscheid, der schmerzt. Aber es ist der richtige Schritt.» – David Degen äussert sich zum Trainerwechsel.#FCBasel1893 #MirSinBasel #rotblaulive pic.twitter.com/DhwEoXPjR8
— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) February 21, 2022
Rahmen hat er die Entwicklung der Mannschaft nicht mehr zugetraut. Unter dem Licht der vergangenen Wochen ist die Freistellung dennoch eine Kurzschlussreaktion mit Ansage.
Im Ungefähren bleiben Fragen wie die Rolle des ebenfalls erst im Januar installierten Co-Trainer Boris Smiljanic. Er bat nun um sofortige Auflösung seines Vertrags. Hatte der Disput mit Sebastiano Esposito am Freitag beschleunigenden Einfluss auf die Entwicklung? Dem Vernehmen nach wurde an diesem Tag generell die Intensität und Qualität des Abschlusstrainings thematisiert.
Ob Rahmen noch den vollen Rückhalt seine Spieler hatte, ist ebenfalls mit einem Fragezeichen versehen. Bezeichnend war die Aussage des bundesligaerprobten Routiniers Adam Szalai, der erst am vorigen Mittwoch zum FCB stiess: «Wir haben viele Talente, müssen aber als richtige Mannschaft auftreten. Mit und ohne Ball muss klar sein, was wir wollen. Wir haben noch sehr viel Arbeit vor uns.»
Diese Arbeit übernimmt nun Guillermo Abascal, der zweite im Winter dazugekommene Assistenztrainer, für den sich Rahmen starkgemacht hatte. Und von dem es heisst, er stehe für jene Art Hochgeschwindigkeits-Fussball, die man als «Red Bull»-Fussball bezeichnen kann und die für Degen stets ein Ideal darstellt. Vom 32-jährigen Spanier, der 2018 den FC Lugano vor dem Abstieg rettete, erwartet sich der FCB nun neue Impulse. «Alles fängt bei Null an», so Degen, der Abascal mit Marco Walker einen Co-Trainer zur Seite stellt, der in dieser Rolle die Meisterjahre des FC Basel miterlebt hat.
Doch der Wechsel kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Das neue Trainerteam hat in drei englischen Wochen in Serie kaum Zeit, seine Ideen umzusetzen und aus dem stetig neu zusammengewürfelten Team, mit den 18 Zuzügen seit Sommer, eine Einheit zu formen und zehn Punkte auf den FC Zürich aufzuholen.
Und auch das grundsätzliche FCB-Problem bleibt bestehen: Degen will den Klub im Eiltempo umkrempeln, muss dabei sparen, weil seit Ende Jahr nahezu alle Reserven aufgebraucht sind, und hegt trotzdem Titelambitionen. Ein Vorhaben, das zwar nobel, aber kaum erfüllbar ist.