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Super-League-Analyse: Wie es beim FCB zur Entlassung von Rahmen kam

Basels Trainer Patrick Rahmen im Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel und dem Grasshopper Club Zuerich, am Sonntag, 19. Dezember 2021, im St. Jakob Park in Basel. (KEYST ...
Nach weniger als einem Jahr muss Patrick Rahmen beim FCB schon wieder gehen.Bild: keystone
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Kurzschluss mit Ansage – wie es beim FCB zur Rahmen-Entlassung kam

Der FCB trennt sich nur auf den ersten Blick überraschend von seinem Cheftrainer. Zu viele Dissonanzen, vor allem mit Klubchef David Degen, begleiteten die letzten Monate.
22.02.2022, 07:24
Christoph Kieslich / ch media
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Wie das so ist in Zeiten von Social Media. Kaum war Patrick Rahmen am Montag als Trainer freigestellt, da hatte der offizielle Instagram-Post des Klubs bereits ein Like vom Holding-Verwaltungsratspräsidenten. «Gefällt david_degen» stand da, und es macht ja auch Sinn, wenn der starke Mann beim FC Basel zu seinem Entscheid steht. Verschwunden war die Markierung dann wenig später dennoch.

Der FC Basel trennt sich also von seinem Cheftrainer, den David Degen vergangenes Frühjahr mir-nichts-dir-nichts von seinem Vorgänger Bernhard Burgener übernommen hatte. Was Rahmen an nackten Punkten pro Spiel mit dem FCB erreicht hat (2,03), steht auf einer Ebene mit den Meistertrainern Thorsten Fink (2,07) und Murat Yakin (2,05). Nur Urs Fischer steht mit seinen 2,35 Punkten deutlich darüber.

Für Rahmen ging damals ein Traum in Erfüllung, Cheftrainer des Vereins seiner Heimatstadt zu sein, für den er selbst und schon sein Vater Bruno gespielt hatten. Er führte eine verunsicherte Mannschaft zurück auf die Europacup-Plätze und erreichte mit ihr die Achtelfinals der Conference League.

Degens Ungeduld

Aber da war auch eine stete Unzufriedenheit und Ungeduld, die sich in Degen personifizierte. Mit jedem Nackenschlag, wie dem blamablen Cup-Aus in Carouge oder der Remis-Serie vor Weihnachten, verschärfte sich der Druck auf den Trainer. Wie der FCB-Boss mit Rahmen umging, war auch sinnbildlich für seinen sprunghaften Führungsstil.

Mit dem Theater um den Jahreswechsel herum, angeheizt durch ein Interview von Degen und Verhandlungen mit Trainerkandidaten wie Alfred Schreuder, die Degen im Nachhinein frank und frei bestätigte, war Rahmen desavouiert. Dennoch raufte man sich zusammen, Rahmen bekam neue Assistenten und sein Angestelltenverhältnis in einen branchenüblichen Cheftrainervertrag bis Juni 2023 umgewandelt.

Degen und Rahmen im vergangenen Sommer – da war die FCB-Welt noch in Ordnung.
Degen und Rahmen im vergangenen Sommer – da war die FCB-Welt noch in Ordnung.bild: imago-images.de

Alles in der Hoffnung auf Besserung. Zwei Siege, ein Unentschieden und die Niederlage im Verfolgerduell in Bern gehörten nicht dazu. Es wurde immer offensichtlicher: Gesicht und Mentalität des Teams konnte Rahmen nicht nach Degens Geschmack prägen.

Zu Ruhe und Kontinuität trug allerdings auch die Wintertransferperiode mit lebhaftem Kommen und Gehen nicht bei. Insgesamt sind in der Ära Degen 18 neue Spieler geholt worden, 23 sind gegangen. Eine Megafluktuation.

Das Rumpeln hinter den Kulissen

In einem Videostatement auf der Klubseite verdeutlichte Degen, worum es ihm geht: «Dieser Schritt tut weh. Wir haben alles versucht, um mit Patrick Rahmen die Wende zu schaffen.» Das Fass zum Überlaufen brachte der Samstag und die Partie gegen den Abstiegskandidaten, die schlussendlich noch 3:0 gewonnen wurde – und nach der es nach Informationen des «Blick» in der Kabine gerumpelt haben soll. Degen urteilt unter dem Eindruck der schwachen ersten Halbzeit: «Das ist nicht der Fussball, für den der FC Basel stehen soll. Wir wollen Mentalitätsspieler auf dem Platz, die von der ersten Sekunde Vollgas geben und die Zuschauer mitreissen.»

Rahmen hat er die Entwicklung der Mannschaft nicht mehr zugetraut. Unter dem Licht der vergangenen Wochen ist die Freistellung dennoch eine Kurzschlussreaktion mit Ansage.

Im Ungefähren bleiben Fragen wie die Rolle des ebenfalls erst im Januar installierten Co-Trainer Boris Smiljanic. Er bat nun um sofortige Auflösung seines Vertrags. Hatte der Disput mit Sebastiano Esposito am Freitag beschleunigenden Einfluss auf die Entwicklung? Dem Vernehmen nach wurde an diesem Tag generell die Intensität und Qualität des Abschlusstrainings thematisiert.

Ob Rahmen noch den vollen Rückhalt seine Spieler hatte, ist ebenfalls mit einem Fragezeichen versehen. Bezeichnend war die Aussage des bundesligaerprobten Routiniers Adam Szalai, der erst am vorigen Mittwoch zum FCB stiess: «Wir haben viele Talente, müssen aber als richtige Mannschaft auftreten. Mit und ohne Ball muss klar sein, was wir wollen. Wir haben noch sehr viel Arbeit vor uns.»

Mit «Red Bull»-Fussball zum Erfolg?

Diese Arbeit übernimmt nun Guillermo Abascal, der zweite im Winter dazugekommene Assistenztrainer, für den sich Rahmen starkgemacht hatte. Und von dem es heisst, er stehe für jene Art Hochgeschwindigkeits-Fussball, die man als «Red Bull»-Fussball bezeichnen kann und die für Degen stets ein Ideal darstellt. Vom 32-jährigen Spanier, der 2018 den FC Lugano vor dem Abstieg rettete, erwartet sich der FCB nun neue Impulse. «Alles fängt bei Null an», so Degen, der Abascal mit Marco Walker einen Co-Trainer zur Seite stellt, der in dieser Rolle die Meisterjahre des FC Basel miterlebt hat.

Spezialtrainer Guillermo Abascal beim Training des FC Basel in Basel, am Donnerstag, 6. Januar 2022. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Guillermo Abascal – der Assistent ist jetzt der Chef.Bild: keystone

Doch der Wechsel kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Das neue Trainerteam hat in drei englischen Wochen in Serie kaum Zeit, seine Ideen umzusetzen und aus dem stetig neu zusammengewürfelten Team, mit den 18 Zuzügen seit Sommer, eine Einheit zu formen und zehn Punkte auf den FC Zürich aufzuholen.

Und auch das grundsätzliche FCB-Problem bleibt bestehen: Degen will den Klub im Eiltempo umkrempeln, muss dabei sparen, weil seit Ende Jahr nahezu alle Reserven aufgebraucht sind, und hegt trotzdem Titelambitionen. Ein Vorhaben, das zwar nobel, aber kaum erfüllbar ist.

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16 Kommentare
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Elpampa
22.02.2022 10:33registriert September 2018
Das K in David Degen steht für Kompetenz...
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Jureitis
22.02.2022 07:32registriert Januar 2022
Ist wie am Würfeltisch: Der nächste Wurf sitzt, vielleicht. Hauptsache, der Puls ist auf 180. Irgendwann verliert Zappeldave das Interesse am FCBGame und andere können dann die Scherben zusammenwischen. Schade für den Schweizer Fussball.
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dillinger
22.02.2022 08:44registriert Januar 2015
Der Hammer wäre ja wenn das (wie im Blick angetönt) mit Esposito stimmen würde. Dann würde Degen lieber einen Trainer entlassen statt sich einzugestehen dass eines seiner gefühlt 100 ausgeliehenen Talente charakterlich doch nicht so einwandfrei ist...
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