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NHL-Star Mitch Marner von Toronto zu Vegas getradet: Das steckt dahinter

Toronto Maple Leafs forward Mitch Marner speaks to the media during an end-of-season NHL hockey news conference in Toronto, Tuesday, May 20, 2025. (Nathan Denette/The Canadian Press via AP)
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Mitch Marners Zeit in Toronto ist vorbei.Bild: keystone
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Mitch Marner wird getradet – warum die Maple Leafs Vegas «erpressen»

NHL-Star Mitch Marner wird von den Toronto Maple Leafs zu den Vegas Golden Knights getradet. Warum das auch ein Fall von Erpressung ist.
01.07.2025, 14:0701.07.2025, 16:45
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Heute Abend (18 Uhr Schweizer Zeit) geht es in der NHL so richtig rund. Dann geht die Free Agency los – der freie Transfermarkt. Die sogenannten Unrestricted Free Agents (UFAs) dürfen ab diesem Zeitpunkt frei mit allen Teams verhandeln und so ihren nächsten Arbeitgeber suchen. Das Spektakel sorgt insbesondere in Kanada für stundenlange TV-Sendungen, wo jede einzelne Unterschrift von diversen Analysten diskutiert und unter die Lupe genommen wird.

UFA und RFA – was ist der Unterschied?
Wer in der NHL keinen Vertrag für die nächste Saison hat, gilt als Free Agent. Dabei wird zwischen Restricted Free Agents (RFAs) und Unrestricted Free Agents (UFAs) unterschieden.

Unrestricted Free Agent (UFA) wird man ab dem 27. Lebensjahr oder wenn man mindestens 7 Jahre in der NHL gespielt hat. Diese Spieler dürfen in der Free Agency, die jeweils am 1. Juli beginnt, mit jedem interessierten Team verhandeln.

Als Restricted Free Agent (RFA) gelten Spieler, deren Einstiegsverträge ausgelaufen sind, die aber noch nicht UFA-Status erreicht haben. Das bedeutet, dass das Team, welches die Rechte am Spieler hält, exklusiv mit ihm verhandeln darf. Macht es ihm aber kein Angebot («Qualifying Offer»), wird der Spieler vom RFA zum UFA. Macht das Team ein Angebot und der Spieler lehnt es ab, bleibt er RFA und darf nicht mit anderen Teams verhandeln.

Doch bereits in den Tagen zuvor hat es rund um die beste Eishockey-Liga der Welt mächtig rumort und einige grosse Namen sind bereits weg. Meist ging es dabei um die grösste Rolex auf dem Transferwühltisch: Mitch Marner. Der Vertrag des 28-jährigen Stürmers bei den Toronto Maple Leafs läuft in diesen Stunden aus. Es ist schon länger klar, dass der Flügel (102 Punkte aus 81 Spielen in der Saison 2024/25) die Leafs verlassen wird, weil es für beide Seiten nicht mehr passt. Marner sah sich in Toronto immer wieder mit harscher Kritik konfrontiert und der Klub möchte sich nach anhaltend ausbleibendem Playoff-Erfolg neu ausrichten.

Darum war ein derart grosser Fisch diesen Sommer auf dem Markt. Ein grosser Teil der Schlagzeilen drehte sich um ihn – und seit der vergangenen Nacht ist bereits klar, wo Marner landen wird: bei den Vegas Golden Knights. Die Maple Leafs handelten mit dem Spieler eine Vertragsverlängerung aus (8 Jahre, 12 Millionen Dollar Cap Hit) und haben ihn für Nicolas Roy zu den Vegas Golden Knights getradet. Der kuriose Tauschhandel wirft natürlich Fragen auf. Wir versuchen, diese zu beantworten.

Wie sehen der neue Marner-Deal und der Trade aus?

Mitch Marner hat bei den Toronto Maple Leafs einen neuen Achtjahresvertrag unterschrieben. Mit einem jährlichen Cap Hit von 12 Millionen Dollar wird der Deal dem Flügelstürmer über die volle Laufzeit von 8 Jahren also insgesamt 96 Millionen US-Dollar einbringen. Der Vertrag ist Bonus-lastig. Insgesamt 60 der 96 Millionen erhält Marner in Unterschrifts-Boni jeweils im Sommer, 11 Millionen davon schon am heutigen 1. Juli. Der Vertrag beinhaltet eine volle No-Movement-Klausel. Das bedeutet, Marner kann nicht ohne sein Einverständnis getradet oder in die AHL geschickt werden.

Der Trade ist seit Dienstagnachmittag ganz offiziell in trockenen Tüchern. Marner geht nach Las Vegas und der 28-jährige Stürmer Nicolas Roy geht den umgekehrten Weg nach Toronto. Andere Kompensationen gibt es in diesem Deal nicht.

Warum wartete Vegas nicht einfach bis heute Abend?

Eine berechtigte Frage. Man sollte meinen, Vegas hätte einfach warten können, bis heute Abend die Free Agency öffnet und dann Marner verpflichten, ohne den Leafs etwas zurückzugeben. Es gibt aber mehrere Faktoren, die zu diesem Trade führten.

Erstens: Das achte Vertragsjahr. Der NHL-Gesamtarbeitsvertrag erlaubt es den Teams, nur den Spielern, die bereits bei ihnen unter Vertrag stehen, eine Verlängerung von acht Jahren anzubieten. Marner hätte als UFA bei Vegas also höchstens für sieben Jahre unterschreiben können. Angenommen, er hätte auf die 96-Millionen-Gesamtsumme bestanden, so hätte der Cap Hit plötzlich 13,7 Millionen statt der aktuellen 12 Millionen betragen – ein erheblicher Unterschied.

Zweitens: Der Cap Space von Vegas. Aktuell haben die Golden Knights nur 2,18 Millionen unter der Salärobergrenze zur Verfügung. Das reicht natürlich nicht, um mit Marner in die Saison zu starten. Etwas Platz wird es geben, wenn die 8,8 Millionen des verletzten Verteidigers Alex Pietrangelo auf LTIR (Long Time Injured Reserve) landen. Aber die drei Millionen, die Vegas durch den Trade von Roy los wird, helfen da natürlich noch mehr.

Drittens: Erpressung. Oder zumindest etwas Druck vonseiten der Maple Leafs. Toronto drohte den Vegas Golden Knights, sie bei der Liga wegen sogenannten Tamperings zu verpetzen. Dazu später mehr. Zuerst müssen wir eine andere Frage klären.

Was ist Tampering?

Tampering heisst auf gut Deutsch: Manipulation. Im Fall der Free Agency geht es um ein zu frühes Kontaktieren und Verhandeln mit einem Spieler. In den letzten Jahren war es ein offenes Geheimnis, dass dies passierte. Schliesslich wurden am 1. Juli jeweils um 12 Uhr Lokalzeit an der nordamerikanischen Ostküste schon fixfertige Deals präsentiert, obwohl erst ab diesem Zeitpunkt hätte verhandelt werden dürfen.

Die NHL hat heuer aber angekündigt, dieses Jahr ernsthafter darauf achten zu wollen, ob ein allfälliges «Bescheissen» bei den Verhandlungen vorliegt, und hat die Teams an die möglichen drastischen Strafen erinnert. Sollte ein Team erwischt werden, tatsächlich vor der Deadline mit einem Spieler oder dessen Agenten verhandelt zu haben, sind Bussen von bis zu fünf Millionen Dollar, der Verlust von Draft-Picks oder gar die Annullation der betroffenen Verträge möglich. Auch betroffene Spieler können gebüsst werden und Agenten, die des Tamperings schuldig befunden werden, drohen ihre NHL-Lizenz zu verlieren.

Was hat das mit Toronto und Vegas zu tun?

Und damit zurück zu Toronto und Vegas. Den Tampering-Reminder von NHL-Commissioner Gary Bettman haben sich die Leafs zunutze gemacht. Bereits früher standen Trades von Marner zu den Golden Knights im Raum und die Leafs waren sich offenbar sicher, dass bereits ein illegaler Kontakt zwischen dem Wüstenklub und ihrem Stürmer stattfand. Befeuert wurde das durch die Tatsache, dass schon länger klar schien, dass Marner diesen Sommer bei Vegas landen würde. NHL-Insider berichteten gar schon über mögliche Vertragsdetails zwischen Marner und den Golden Knights.

Toronto Maple Leafs general manager Brad Treliving listens during a press conference at the start of the NHL hockey team's training camp in Toronto, Wednesday, Sept. 18, 2024. (Nathan Denette/The ...
Toronto-GM Brad Treliving hat den Golden Knights gedroht.Bild: keystone

Also liessen die Leafs die Golden Knights wissen: Wenn ihr uns nicht noch etwas gebt, um einen Marner-Deal zu versüssen, dann verpetzen wir euch bei Papa Commissioner Bettman. So wurde am Ende eine Lösung gefunden, die wohl alle drei Parteien einigermassen glücklich macht.

Die Vegas Golden Knights erhalten den besten Free Agent des Sommers und haben ihn gleich für acht statt für maximal sieben Jahre verpflichtet. Die Toronto Maple Leafs verlieren einen ihrer besten Spieler nicht, ohne etwas für ihn zu erhalten. Nic Roy ist ein brauchbarer Stürmer und Bullyspieler für die dritte und vierte Linie. Und Marner kann Toronto endlich verlassen und am neuen Ort hoffentlich befreit aufspielen.

Was ist sonst noch passiert in den letzten Stunden und Tagen?

Gut möglich, dass die Free Agency heute Abend verglichen mit anderen Jahren eher langweilig wird. Viele der grössten Namen auf den Free-Agent-Listen sind bereits weg, weil sie am gleichen Ort verlängert haben. Eine Übersicht über die wichtigsten Trades, Deals und Vertragsverlängerungen.

Gute Deals in Toronto

Zwar verabschieden sich die Toronto Maple Leafs von Mitch Marner, dafür hat John Tavares (4x4,388 Mio.) einen extrem teamfreundlichen neuen Vertrag unterschrieben. Auch Matthew Knies (6x7,75 Mio.) hat verlängert, genauso wie Energiespieler Steven Lorenz (3x1,35 Mio.). Daneben holte General Manager Brad Treliving Stürmer Matias Maccelli (1x3,425 Mio.) von Utah. Der 24-Jährige hat eine schwierige Saison hinter sich, aber immer noch enorm viel Potenzial. Zieht man Marners zwölf Millionen ab, haben die Leafs damit immer noch 8,7 Millionen an Cap-Space für die kommende Saison.

Florida plant das Triple

Wie wollen die Florida Panthers nach ihrem zweiten Stanley Cup ihre drei Star-Spieler mit auslaufenden Verträgen behalten, fragten wir als der Final noch lief. Antwort von GM Bill Zito: Kein Problem (dank Steuervorteilen). Sam Bennett (8x8 Mio.), Brad Marchand (6x5,25 Mio.) und Aaron Ekblad (8x6,1 Mio.) haben ihre Verträge allesamt verlängert. Damit haben die Panthers noch 1,275 Millionen an Cap-Space, um einen zweiten Goalie zu verpflichten und dann den dritten Stanley-Cup-Sieg in Folge ins Auge zu nehmen.

Bouchard bleibt in Edmonton

Verteidiger Evan Bouchard (4x10,5 Mio.) bleibt bei den Edmonton Oilers. Damit kann der Vizemeister bis 2029 auf die Dienste des Powerplay-Spezialisten (67 Punkte in 82 Spielen) zählen.

Kane verlängert in Detroit

Patrick Kane (1x3 Mio.) bleibt noch ein weiteres Jahr bei den Detroit Red Wings. Der 36-Jährige hat vergangene Saison in 72 Spielen 59 Punkte gesammelt.

Winnipeg holt Lokalhelden

Jonathan Toews (1x2 Mio.) kehrt nach zwei Jahren verletzungsbedingter Absenz in die NHL zurück. Der 37-Jährige unterschrieb bei seinem Herzensverein, den Winnipeg Jets. Je mehr er spielt und je erfolgreicher die Jets sind, desto teurer wird sein Vertrag aufgrund von Bonuszahlungen.

Columbus überbezahlt Provorov

Verteidiger Ivan Provorov (7x8,5 Mio.) kassiert von den Columbus Blue Jackets den ganz grossen Zahltag. Gemessen an den Fähigkeiten des 28-Jährigen ist dieser Vertrag zu lang und zu teuer.

Wer ist noch verfügbar?

Mit den ganz grossen Namen wie Marner, Bennett, Marchand oder Ekblad bereits vom Markt, ist die sonst schon schwache UFA-Klasse von 2025 noch kleiner geworden. Eine Auswahl der besten noch verfügbaren Spieler.

  • Nikolaj Ehlers (Winnipeg), Flügel, 29 Jahre. Saison 2024/25: 69 Spiele, 24 Tore, 39 Assists.
  • Brock Boeser (Vancouver), Flügel, 28 Jahre. Saison 2024/25: 75 Spiele, 25 Tore, 25 Assists.
  • Vladislav Gavrikov (Los Angeles), Verteidiger, 29 Jahre. Saison 2024/25: 82 Spiele, 5 Tore, 25 Assists.
  • Mikael Granlund (Dallas), Center, 33 Jahre. Saison 2024/25: 83 Spiele, 22 Tore, 44 Assists.
  • Jake Allen (New Jersey), Goalie, 34 Jahre. Saison 2024/25: 31 Spiele, 2,66 Gegentore/Spiel, 90,8% Fangquote.
  • Pius Suter (Vancouver), Center, 29 Jahre. Saison 2024/25: 81 Spiele, 25 Tore, 21 Assists.
  • Dmitry Orlov (Carolina), Verteidiger, 33 Jahre. Saison 2024/25: 76 Spiele, 6 Tore, 22 Assists.
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63 Kommentare
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DerSeher
01.07.2025 15:18registriert März 2014
Also dank Adrian Bürgler wird der Hockeyfan auch in der Sommerpause kompetent bedient! Danke dafür! Für Hockeyfans die Nr. 1 im CH Journalismus!
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Pat the Rat (das Original)
01.07.2025 18:00registriert Februar 2017
Vielen Danke @Adrian Bürgler für diesen (wie immer) sehr interessanten und kompetenten Überblick!
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