Die Euphorie bei den Katarern war gross vor dieser WM. Zumindest Aussenseiterchancen auf ein Weiterkommen rechneten sich das Land und auch das Nationalteam aus. Hatten sie doch eine Menge Geld in den Aufbau dieses gesteckt. Alleine der Bau des Trainingsgeländes – der «Aspire Academy» – soll über 1,2 Milliarden Franken gekostet haben. 2004 wurde diese fertiggestellt und diente seither auch Topklubs wie Bayern München oder PSG als Ort für Trainingslager.
Auch sonst wurden einige Hebel in Bewegung gesetzt, um rechtzeitig für das grösste aller Fussball-Events bereit zu sein – auch in sportlicher Hinsicht. Mit Felix Sanchez wurde 2006 ein Juniorentrainer des FC Barcelona für die «Aspire Academy» verpflichtet. Der Spanier begleitete viele der jetzigen Nationalspieler durch die Jugend-Nationalmannschaften und führte die U19 2014 zum Asienmeistertitel.
Sanchez, der 2017 das A-Nationalteam übernahm, wurden alle Freiheiten gegeben. Selbst der Spielplan der nationalen Liga wurde nach seinen Wünschen ausgerichtet, damit er die Nationalspieler immer wieder zusammenziehen konnte, um sich optimal auf die WM vorzubereiten.
في الحلقة الثالثة من "بلا حدود" ✨
— Aspire Academy 🇶🇦 أكاديمية أسباير (@Aspire_Academy) November 3, 2022
مدرب منتخب قطر الوطني، فيليكس سانشيز باس يتحدث عن مسيرته مع طلاب #أكاديمية_أسباير الرياضيين منذ عام ٢٠٠٦ و تدرجهم معاً عبر مختلف الفئات وصولاً إلى المنتخب الأول 💙🇶🇦
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2019 folgte dann der Triumph an der Asienmeisterschaft, der in Katar erst recht Hoffnungen schürte. Zuvor hatte sich das Land erst viermal für die Kontinentalmeisterschaft qualifiziert und dabei nur einmal die Gruppenphase überstanden. Katar durfte auch an der Copa América (Südamerika) und dem Gold Cup (Nord- und Mittelamerika) teilnehmen. Bei letzterem reichte es immerhin zum Halbfinaleinzug und einem Achtungserfolg. So glaubten die Katarer, an dieser WM konkurrenzfähig zu sein.
Es folgte der Auftritt im Eröffnungsspiel. Ein schwacher, ideenarmer und lebloser Auftritt. Katar war in jeglicher Hinsicht unterlegen. Fussballerisch, körperlich, taktisch und selbst in der Intensität – trotz Heimvorteil. Und das nicht gegen einen der Favoriten, nein, gegen Ecuador. Gerade zu Beginn konnten die Südamerikaner tun, was sie wollten. Katar sah hingegen kein Land.
Die Fans merkten früh, dass ihr Team chancenlos war. Bereits nach zwölf Minuten bejubelten sie frenetisch, wie ein katarischer Verteidiger einen gegnerischen Eckball aus dem Strafraum köpfte. Dabei ist Ecuador einer der vermeintlich schwächeren Teilnehmer an dieser WM.
Und trotzdem ging es keine drei Minuten, bis der Ball erstmals im Tor der Katarer landete. Goalie Saad Al Sheeb sah dabei alles andere als gut aus. Er wurde dann aber von einer knappen Abseitsstellung, die fürs Tor nicht entscheidend gewesen wäre, gerettet. Gut zehn Minuten später folgte der nächste Fehler des Torhüters. Stümperhaft ging er in den Zweikampf mit dem aufs Tor stürmenden Enner Valencia und verschuldete einen Penalty.
Bei Katar stimmte rein gar nichts. Das Team kam kaum aus der eigenen Hälfte, oftmals (viel) zu spät in die Zweikämpfe und wusste sich allgemein oft nur mit Fouls zu helfen. Dies führte bereits nach 36 Minuten zur dritten Gelben Karte. Offensiv fehlten die Ideen und defensiv die richtige Zuteilung. Beim 0:2 in der 31. Minute kam Valencia – mit 1,77 m Körpergrösse wahrlich kein Hüne – völlig unbedrängt zum Kopfball. Er musste nicht einmal richtig hochspringen, um an den Ball zu kommen. Auf der anderen Seite liess die erste Torchance bis zur fünften Minute der Nachspielzeit im ersten Abschnitt warten. Der Kopfball von Almoez Ali flog weit am Tor vorbei.
Nach der Pause bot sich den Zuschauerinnen und Zuschauern ein maues Spiel. SRF-Kommentator Sascha Ruefer spekulierte einmal über einen Pakt zwischen den Teams und tatsächlich machte es ein wenig den Eindruck, als hätten sie sich auf das Ergebnis geeinigt. Ein Aufbegehren Katars in der 2. Halbzeit? Fehlanzeige. Ecuador musste kaum noch etwas tun, und geriet trotzdem nie ernsthaft in Gefahr. So kam Katar bis zum Schluss zu keinem einzigen Torschuss. Von den ganzen Investitionen und dem Aufwand, um das Team für diese WM rechtzeitig konkurrenzfähig zu machen, war nichts zu sehen.
Nach den vielen Berichten vor der WM, in denen die Korruption, das Missachten von Menschenrechten und weitere Gräueltaten im Zusammenhang mit dem Turnier offengelegt wurden, wurde Katar nun auch in sportlicher Hinsicht blamiert. Dabei kommen die schwierigen Gegner erst noch. Ecuador galt nach den Niederlanden und Senegal nur als drittstärkstes Team in der Gruppe A. Das Ausscheiden Katars scheint bereits nach dem allerersten Spiel dieser WM so gut wie besiegelt.
Und so ist die Euphorie bereits wieder gedämpft – das Interesse fürs Nationalteam verschwunden. Schon nach 60 Minuten leerten sich die Ränge. Oder wie Ruefer sagte: «Vergesst das Märchen vom fussballverrückten Katar. Es interessiert keinen, was hier abgeht.»
Mit diesem Auftritt bleiben die Argumente für ein steigendes Interesse aus. Vielmehr hat er die Vermutung vieler bestätigt, dass Katar an der WM aus sportlicher Sicht nichts verloren hat. Der WM-Debütant ist nicht nur das einzige Team, das sich nicht für die WM qualifiziert hat, sondern vermutlich auch das einzige, das dort eigentlich nicht hingehört.
Die mussten wohl noch kurz rüber in die Halle nebenan. Habe gehört, dass da offenbar gleichzeitig ein Schlittenhundrennen stattfand...