Als der FC Zürich am 9. Juni 2021 André Breitenreiter als neuen Cheftrainer vorstellte, da war die Hoffnung im Verein gross, die schwierigen Jahre überwunden zu haben und endlich wieder in die Erfolgsspur zurückzufinden. Aber es ahnte niemand, welch phänomenale Erfolgsgeschichte Breitenreiter mit seinem Team in dieser Saison hinlegen würde. Aus dem Abstiegskandidaten FCZ ist ein Meister geworden. Und Breitenreiter der Hauptgrund dafür. Es ist ihm in kurzer Zeit gelungen, ein echtes Team zu kreieren. Dazu hat er nahezu alle Spieler besser gemacht. Seine Arbeit war schlicht herausragend.
Doch nun findet das Märchen ein schnelles Ende. Was sich abgezeichnet hat, ist seit Dienstagnachmittag offiziell: Breitenreiter verlässt den FCZ nach nur einer Saison wieder. Er wird neuer Trainer in Hoffenheim. Die Frage ist polemisch, aber sie stellt sich eben trotzdem: Darf er das? Den FCZ beim erstbesten Angebot aus der Bundesliga bereits wieder verlassen?
Die Geschichte erinnert ein wenig an Vladimir Petkovic und sein Ende als Schweizer Nationaltrainer. Letzten Sommer verliess er die Nati, nach dem EM-Viertelfinal scheinbar auf dem Höhepunkt, um Bordeaux zu übernehmen. Ein halbes Jahr später war Petkovics Weg in Bordeaux bereits zu Ende.
Jetzt deutet vieles darauf hin, dass der FCZ seinen Titel kaum wird verteidigen können. Dass die Champions League ein illusorischer Traum ist. Diese Befürchtungen nährt Breitenreiter mit seinem schnellen Abgang nun zusätzlich. Es ist ein alarmierendes Signal. Weil der schnelle Abgang nahelegt, dass der Deutsche selbst nicht an nachhaltigen Erfolg mit dem FCZ glaubt. Da kann die Klubführung der Zürcher noch so sehr beteuern, auf diesen Trainer-Transfer und auch auf die Abgänge der Schlüsselspieler Doumbia und (wohl) Ceesay vorbereitet zu sein.
Für das Präsidentenpaar Canepa und Sportdirektor Jurendic stehen nun wegweisende Wochen an. Sie dürfen sich bei den anstehenden Personalentscheiden keine Fehler erlauben, ansonsten droht das FCZ-Kartenhaus bald wieder in sich zusammenzufallen.
Breitenreiters Abgang ist auch eine Botschaft an den gesamten Schweizer Fussball. Er zeigt: Der Reiz dieser Liga ist ziemlich überschaubar. Viel kleiner jedenfalls, als einen Retortenverein wie Hoffenheim zu übernehmen.
Natürlich, das schillernde Licht der Bundesliga ist überall anziehend, auch in Hoffenheim. Gerade für einen Trainer, der noch eine Rechnung offen hat mit der höchsten Liga in seiner Heimat. Seine Abgänge waren weder bei Schalke noch bei Hannover ruhmreich. Diesen Eindruck möchte der Deutsche unbedingt korrigieren. Wenn er nun die Möglichkeit auf eine zweite Chance erhält, dann ist es verständlich, dass er sie wahrnehmen möchte.
Gerade die Erinnerung an sein Ende bei Hannover dürfte Breitenreiter bestärkt haben darin, den FCZ nun zu verlassen. Nachdem er mit Hannover den Aufstieg in die Bundesliga und danach den Ligaerhalt geschafft hatte, hatte er das Gefühl, mit jener Mannschaft nicht mehr weiterzukommen. Er blieb trotzdem – und wurde ein halbes Jahr später entlassen. Diese Erfahrung hat ihn geprägt.
Und der FCZ? Zumindest die Geschichte der Nationalmannschaft zeigt ja: Nicht immer treffen alle Befürchtungen ein. Die Zürcher suchen nun «ihren» Murat Yakin. (aargauerzeitung.ch)
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