Eine wahre Hockeykultur lebt nicht vom Ruhm allein. In Biel kamen zu den drei Finalspielen der höchsten Juniorenliga im letzten Frühjahr im Schnitt 3519 Fans. Zur entscheidenden letzten Partie eilten 5368 Frauen, Männer und Kinder herbei. Auch wenn der Eintritt gratis war: nach einer wahrlich enttäuschenden Saison ein eindrückliches Bekenntnis zum eigenen Nachwuchs, zur eigenen Hockeykultur. Auf Rang 11 hatte es nämlich nicht einmal mehr fürs Play-In gereicht.
Mit Luca Cunti (36) und Damien Brunner (39) haben zwei weitere Titanen aus den Jahren des Ruhmes die Bühne verlassen. Zum dritten Mal hintereinander hat die Mannschaft auf dem Transfermarkt an Substanz eingebüsst. Grosse Transfers sind ausgeblieben und nun gilt: Noch jünger, noch unerfahrener und trotz Jugendstil eine noch grössere Abhängigkeit von einem alten Mann. Harri Säteri wird im Dezember 36. Er hat letzte Saison 42 Spiele bestritten und 1310 Pucks prasselten auf sein Tor (Liga-Rekord).
Er wird in der neuen Saison eher noch mehr Arbeit haben und wenn der finnische Weltmeister und Olympiasieger nicht mindestens eine Abwehrquote von 92 Prozent erreicht, dann steht Biel vor der schwierigsten Saison, seit Kevin Schläpfer am 14. November 2016 das Trainerbüro unfreiwillig freiwillig geräumt hat. Zumal Sportchef Martin Steinegger bei den Korrekturen auf den Ausländerpositionen mit Linus Hultström und Oskari Laaksonen zwei Offensiv-Verteidiger verpflichtet hat. Die Rechnung geht nur auf, wenn die Leistungsträger gesund sind (vor allem Leitwolf Gaëtan Haas) und die jungen Talente die erhofften Fortschritte machen. Der riskante, aber letztlich unerlässliche Jugendstil wird vom Management gut verkauft und vom Publikum getragen.
Auf einer Skala von 1 bis 10 Pucks.
Martin Filander hat sich in seiner ersten Saison als geduldiger Ausbildner bewährt. Das zählt mehr als der enttäuschende 11. Rang und der Vertrag ist vorzeitig bis 2027 verlängert worden. Das mag zeigen, wie sehr seine Arbeit geschätzt wird. Er kann sich auf vorbehaltlose Unterstützung auf allen Ebenen – Verwaltungsrat Ueli Schwarz, Manager Daniel Villard, Sportchef Martin Steinegger – verlassen. Die Entlassungsgefahr ist minimal.
Drei Faktoren stehen vor der Maximalbewertung der Goalie-Situation. Erstens ist Harri Säteri ein Jahr älter geworden, zweitens wissen wir nach wie vor nicht, ob Louis Jannet gut genug ist für die National League, und deshalb ist – drittens – die Abhängigkeit von Harri Säteri noch grösser geworden.
Biels Verteidigung war letzte Saison mit 136 Gegentreffern erstaunlich solide und die Nummer 6 der Liga. Das spricht für die Arbeit des Trainers. Und doch: Je öfter es gelingt, das Spiel vor das gegnerische Tor zu verlagern, desto besser. Verteidigungsminister Robin Grossmann ist im August 38 geworden und wird erneut gut 18 Minuten Eiszeit schultern müssen. Die DNA des Spiels von Oskari Laaksonen und Linus Hultström ist eine offensive. Die beiden neuen ausländischen Verteidiger können viel zur spielerischen Unterhaltung, zur Befeuerung der Offensive, aber etwas weniger zur defensiven Stabilität beitragen.
Das Nachlassen der offensiven Feuerkraft ist die zentrale Ursache für den Absturz von Rang 2 im Frühjahr 2023 auf Platz 11 in der letzten Saison. Die Torproduktion ist seit 2023 von 174 auf 130 zurückgegangen. Nur noch Schlusslicht Ajoie hat letzte Saison noch weniger Tore erzielt und die 130 Tore waren die schwächste Offensivausbeute seit der Saison 2013/14, die ebenfalls auf Rang 11 geendet hatte.
Die enttäuschende Sturmstärke ist nicht nur der ungenügenden Produktion der ausländischen Stürmer (59 Tore) und Verletzungspech geschuldet. Nur noch ein Spieler mit Schweizer Lizenz (Fabio Hofer) steuerte mehr als 10 Tore bei (17). Die einheimischen Leitwölfe (Damien Brunner, Luca Cunti, Mike Künzle, Tino Kessler, Gaëtan Haas), die zur Finalsaison noch 50 Tore beigesteuert hatten, waren letzte Saison entweder verletzt oder bereits nicht mehr da. Und ein offensiver Kaisertransfer ist auf dem Schweizer Markt nicht gelungen. Logisch also, dass Sportchef Martin Steinegger ausländische Offensiv-Verteidiger verpflichtet hat, um mit Dynamik von hinten für mehr Druck nach vorne zu sorgen. Eine Steigerung um mindestens 20 Tore ist unerlässlich, um aus dem Tabellenkeller herauszukommen. Aber Topskorer Toni Rajala ist im März 34 geworden.
Kontinuität, Vernunft und Geduld, eine sehr gute Vernetzung in der lokalen Politik und Wirtschaft erfordern eigentlich eine Maximalnote mit Ausrufezeichen. Aber Sportchef Martin Steinegger, nach wie vor einer der Besten seines Faches, ist in den letzten zwei Jahren vom Glück nicht mehr begünstigt worden.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
War es je so schwierig, Mannschaften einzuschätzen wie vor der Saison 2025/26? Nein, wahrscheinlich nicht. Wir wissen zwar aus Erfahrung, dass es mindestens eine Überraschungs-Mannschaft und einen strauchelnden Titanen geben wird. Aber wer wird positiv überraschen? Langnau? Ambri? Ajoie? Und wer gerät in den Strudel einer Krise? Erneut der Servette? Aber vielleicht helfen ja unsere Noten bei der Einschätzung.
Statistiken sagen viel. Aber alle haben sie. Gibt es mehr als nur diese allgemein zugänglichen Zahlen? Ja. Eine Bewertung jedes einzelnen Spielers. Deshalb benoten wir jeden unserer Helden des rutschigen, eisigen Spielfeldes. Wir polemisieren damit sozusagen nach Noten. Aber leicht machen wir uns die Sache nicht. Unsere Noten basieren bei Weitem nicht nur auf unserem unzulänglichen Urteilsvermögen. Wir folgen auch den Einschätzungen der wahren Kenner, der Trainer, Sportchefs, NHL-Scouts. Und ein Problem können wir nicht lösen: Alle Beurteilungen basieren auf den Leistungen in der Vergangenheit. Was einer in Zukunft leisten wird, bleibt reine Spekulation.
Wenn wir wissen wollen, wie gut eine Mannschaft ist bzw. sein wird, können wir einfach den Noten-Durchschnitt ausrechnen. Oder? Aber so einfach ist es leider nicht. Ob aus hochkarätigen Spielern mit hohen Noten tatsächlich eine starke Mannschaft wird, ist nämlich höchst ungewiss. Es ist keineswegs sicher, dass eine Mannschaft tatsächlich so gut spielt, wie sie es aufgrund der Bewertung der einzelnen Spieler eigentlich müsste. Das zeigt auch, welche Gestaltungskraft gute Trainer haben. Sie können mehr aus einem Team herausholen, als unsere Noten vermuten lassen. Unsere Noten sagen letztlich noch nichts über die Mannschaft. Wer sich bei den Prognosen trotzdem auf diese Noten verlässt, ist selbst schuld.
Letzte Saison betrug die Reserve auf Rang 13 nur noch 5 Punkte, und es ist höchst fraglich, ob das Team konkurrenzfähiger geworden ist. Ein Playout gegen Ajoie wäre allerdings kein Unglück. Sondern ein emotionales Jura-Drama von höchstem Unterhaltungswert.
Ok, kann man denken, muss man aber nicht.
Allez Bienne allez!