«Das ist schon alarmierend»: Probleme in der Champions Hockey League werden nicht kleiner
Die Europacup-Saison ist für die ZSC Lions diesmal schon nach der ersten K.o.-Runde zu Ende. Fast auf den Tag genau neun Monate nach dem Triumph in der Champions Hockey League (CHL) scheitert der Titelverteidiger am Mittwoch im Hohen Norden im Achtelfinal am finnischen Meister KalPa Kuopio.
Als einer von 26 Gründungsklubs haben die ZSC Lions den europäischen Wettbewerb seit dessen Neulancierung 2014 massgeblich mitgetragen. Doch ausgerechnet jene Vereine, die das Projekt einst gestützt haben, stellen inzwischen zunehmend grundsätzliche Fragen.
Die sportliche Qualität der CHL gilt weiterhin als hoch. Und in Zürich bestreitet niemand, dass internationale Vergleiche mit Meistern aus Schweden, Finnland oder Tschechien ihren Reiz haben. Doch wirtschaftlich bleibt der Wettbewerb ein Verlustgeschäft. «Sportlich spielen wir sehr gerne in der Champions Hockey League», sagt ZSC-Sportchef Sven Leuenberger. «Aber finanziell ist es schlicht schwierig zu rechtfertigen.»
Hohe Kosten, geringe Erträge
Die Problematik zeigt sich für Schweizer Teams besonders deutlich. Die weiten Reisen, oft verbunden mit Charterflügen, treiben die Spesen in die Höhe. «Auf einer Reise wie diese Woche nach Kuopio verlieren wir rund 100'000 Franken», erklärt Leuenberger. «Wir müssen einen Charterflug nehmen, weil es von Helsinki aus keine sinnvolle Weiterreise-Möglichkeit gibt.»
Die CHL erhöhte zwar zuletzt das Antrittsgeld auf 80'000 Euro. Für die 24 teilnehmenden Klubs reicht das jedoch kaum zur Deckung der Grundkosten. «Wenn wir letztes Jahr nicht den Final daheim gespielt hätten, wären wir defizitär gewesen», rechnet Leuenberger vor. Reich wird man mit dem Gewinn des Europacups nicht. Der Sieger erhält insgesamt 225'000 Euro. «Preisgelder und Einnahmen sollten ein Gewinn sein, nicht ein Tropfen auf den heissen Stein», so Leuenberger, der betont, dass es so nicht weitergehen kann.
Sinkende Wertigkeit, steigende Skepsis
Die Herausforderung liegt nicht nur im Finanziellen. Auch die sportliche Wertigkeit wird teilweise in Frage gestellt. Es kommt vor, dass Teams nicht in Bestbesetzung antreten, ein Symptom der angespannten Lage. «Das soll kein Vorwurf sein», sagt Leuenberger. «Aber wenn die sportliche Wertigkeit sinkt und gleichzeitig die wirtschaftliche Belastung steigt, wird die Situation zunehmend alarmierend.»
Dass die Stadien vielerorts spärlich gefüllt sind, verstärkt das Bild eines Wettbewerbs, der trotz professioneller Vermarktung auch nach mehr als einem Jahrzehnt nicht richtig zündet. Die Zusammenhänge seien vielschichtig, so Leuenberger. Der Vergleich mit dem Fussball sei wenig hilfreich. «Im Fussball siehst du in der Champions League Spieler, die du sonst nie zu Gesicht bekommst. Bei uns ist es oft umgekehrt. In der Schweiz spielen bereits viele der besten europäischen Spieler. Du kannst das Erlebnis nur schwer toppen.»
Drohende Ausstiege
Besonders kritisch blicken Schweizer Klubs auf die Signale aus Skandinavien. Der finnische Liga-Chef Jyrki Seppä hat bereits im Sommer mit einem Ausstieg 2028 gedroht, wenn der Vertrag mit dem Vermarkter Infront ausläuft. Auch in Schweden und Tschechien wird darüber nachgedacht.
Für Leuenberger ist klar, was das bedeuten würde. «Wenn Finnland oder weitere Topnationen aussteigen, kannst du den Laden schliessen. Dann ist es nicht mehr eine europäische Geschichte.»
Die Schweizer Klubs, historisch eng mit der CHL verbunden und über die Liga auch Aktionäre des Projekts, beobachten die Entwicklung mit Sorge. «Wir gehören zu den Ländern, die das ursprünglich auf die Beine gestellt haben», sagt Leuenberger. «Wenn plötzlich einige sagen, wir machen nicht mehr mit, wird es schwierig.»
Offene Zukunft
In Zürich ist noch kein Entscheid gefallen, ob der Klub langfristig am Wettbewerb festhalten möchte. «Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass die CHL sportlich eine richtig gute Sache ist, wirtschaftlich aber eine deutlich weniger gute», so Leuenberger. Der ZSC-Sportchef hat klare Erwartungen an eine mögliche Reform. «Der nächste Entwicklungsschritt muss sein, dass die Reisekosten gedeckt sind. Preisgelder und Einnahmen sollten ein Gewinn sein.»
Ob dieser Schritt möglich ist, bleibt offen. Der langjährige Vermarktungsvertrag mit Infront setzt Grenzen, die Zuschauerzahlen stagnieren, und für neue Sponsoren ist die CHL derzeit nur bedingt attraktiv. Die zentrale Frage lautet daher: Wie lange kann ein Wettbewerb Bestand haben, der sportlich zwar geschätzt, wirtschaftlich aber kaum Wirkung entfaltet?
Für die ZSC Lions ist die Mission Titelverteidigung in Europa jedenfalls früh beendet. Nun richtet sich der Fokus beim Schweizer Meister wieder auf die heimische Meisterschaft – im Bewusstsein, dass der eigene sportliche Erfolg die strukturellen Probleme der CHL nicht lösen kann. (riz/sda)
