«Grande Lugano ist nicht mehr die Realität»: So sieht Sportchef Steinmann seinen Klub
Platz 11 mit nur 5 Siegen aus den ersten 14 Spielen. Der HC Lugano ist nach der letzten Saison, in der er gar die Playouts bestreiten musste, erneut nicht optimal gestartet. Dass es kein einfacher Beginn werde, habe General Manager Janick Steinmann aber erwartet, wie er im CH-Media-Podcast «Roost Röthlisberger – Hockey Talk» erzählt.
Schliesslich ist in Lugano vieles neu – unter anderem elf Spieler, der Trainer und auch GM Steinmann, der seit Anfang März im Tessin amtet. Kurz vor Ende der Regular Season wechselte der 38-Jährige vom SC Rapperswil-Jona nach Lugano. Es sei eine Herausforderung gewesen, die genau zur richtigen Zeit gekommen sei, erklärt er. «Ich habe mich in meinem sechsten Jahr in Rappi gefragt, wie viel ich wirklich noch verändern kann, damit es noch besser geht», so Steinmann, der sich zudem dachte: «Vielleicht würde auch dem Klub eine Veränderung guttun.» Solche Fragen habe er sich zuvor nie gestellt. «Und dann kam der Anruf von Lugano, der viel in mir ausgelöst hat.»
Steinmann hatte beim HC Lugano im Oktober 2015 aufgrund wiederholter Kopfverletzungen seine Spielerkarriere beenden müssen. Ein gutes Jahr zuvor war der Stürmer, der in der Nationalliga A auch für Zug, Davos und Kloten spielte, erst ins Tessin gewechselt. Knapp zehn Jahre später kehrte er wieder zurück. «Ich bin extrem dankbar für die wunderschöne Zeit, die ich in Rappi erleben durfte. Aber nach sechs Jahren hat es mich gereizt, etwas Neues zu starten.»
Der Zeitpunkt des Wechsels kurz vor dem Start der Play-Ins sei nicht optimal gewesen, doch sei dieser als Sportchef ohnehin schwer zu finden. Und für seine nächste Aufgabe habe es ihm geholfen, in dieser schwierigen Phase nach Lugano zu kommen und während der Playouts im Klub zu sein. Das Team sei zu dem Zeitpunkt verunsichert gewesen und teilweise gar in einem erschreckenden Zustand. «Gewisse Spieler waren nicht wiederzuerkennen, weil ihr Selbstbewusstsein am Boden war und sie das Messer so sehr am Hals hatten, dass sie Angst vor dem Spielen hatten», berichtet Steinmann und fügt an: «Zu erleben, in welcher Verfassung die Leute im Büro waren, hat auch wehgetan. Das war nicht schön und will man nicht erleben.»
Doch konnte Steinmann aus dieser Situation eben auch seine Lehren ziehen: «Es hat mir einen sehr guten Einblick gegeben, wie viel Passion dahintersteckt und wer auch mit so schwierigen Situationen umgehen kann.» Der neue GM sagt, er habe einen Klub vorgefunden, der von oben bis unten extrem motiviert ist. Dies fange bereits bei Präsidentin Vicky Mantegazza an, «die ein Riesenherz für den Klub und selbst auch mega gelitten hat».
Dass es seinem Ex-Klub aktuell fantastisch läuft, freut Steinmann – und er sieht im SCRJ auch ein Vorbild für seinen neuen Arbeitgeber. So verfüge Rapperswil-Jona über ein hervorragendes Team, in dem sich alle einfügen und dem grossen Ganzen unterordnen. Ausserdem könne man am Obersee ruhig arbeiten, weil dort die Erwartungshaltung der Fans, des Klubs und auch der Medien übereinstimme.
Im Tessin sei dies nicht überall der Fall. «Es wird immer noch vom ‹Grande Lugano› geredet, das ist aber nicht mehr die Realität, und das ist noch nicht überall in den Köpfen», erklärt Steinmann. Er stellt aber klar: «Im Klub stimmt die Erwartungshaltung mit der Realität hundertprozentig überein.»
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Der HC Lugano will vorerst kleinere Brötchen backen. Von Titeln am Laufband wie Ende der 1980er-Jahre oder Mitte der Nullerjahre, als Lugano noch zweimal Meister wurde, kann aktuell nicht die Rede sein. Steinmanns Ziel ist klar: «Ich möchte aus dem Klub wieder eine Top-6-Organisation machen, die Jahr für Jahr in die Playoffs kommt.» Wie das gelingen kann? «Wir brauchen Kontinuität in der Organisation, auf der Trainer- und der GM-Position, aber auch bei den Spielern», sagt Steinmann und fügt an: «Wir wollen die Spieler in Lugano wieder besser machen, wieder mehr junge Spieler in die Nati bringen.»
Ausserdem will Steinmann dafür sorgen, dass in der Resega wieder «schnelles und attraktives Eishockey» gespielt wird. Dafür hat er sich auch den richtigen Trainer gesucht, wie er findet. Schon in den ersten Gesprächen mit Tomas Mitell habe Steinmann gemerkt, dass «es persönlich sehr gut matcht und auch die Philosophien, wie wir das Eishockey sehen, passen könnten». Im Verlauf der weiteren Gespräche sei das Verhältnis immer «besser und vertrauter» geworden. «Ich war dann froh, dass er noch auf dem Markt war, als ich nach Lugano kam», berichtet Steinmann. Mitell habe sofort zugesagt.
Der General Manager schwärmt in den höchsten Tönen von seinem Trainer, den er von Färjestad nach Lugano lotste: «Er ist ein sehr guter Mensch, hat einen sehr guten Draht zu den Spielern und ein unglaublich gutes Eishockey-Auge.» Besonders davon, wie gut der 44-jährige Schwede mit verschiedenen Persönlichkeiten umgehen könne, zeigt sich Steinmann beeindruckt. Auch mit dem Team ist er bisher zufrieden: «Wir haben viele gute Charaktere und ich bin happy, wie die Mannschaft zusammen ist.»
Nun gehe es darum, das Team dahingehend weiterzuentwickeln, dass es zur Klubphilosophie passt. Dazu sollen auch die bestehenden Spieler geformt und nicht nur neue verpflichtet werden. Da gehöre es auch zur Aufgabe Steinmanns, «Trainer und Spieler von unserer Philosophie zu überzeugen». Jedoch sei alles ein Prozess und brauche Zeit.
Zuletzt deutete der HC Lugano zumindest an, dass er sich auf dem richtigen Weg befindet. Von den letzten vier Spielen gewannen die Tessiner drei, Steinmann sagt dazu: «Wir haben trotz der besseren Resultate nicht immer gut gespielt.» Jedoch würden die Analytics nach dem schweren Saisonstart mit Auswärtsspielen in Fribourg, Zürich und Davos sowie einem Heimspiel gegen Zug ebenfalls darauf hindeuten, dass Lugano «okay dabei ist. Aber am Schluss müssen wir das natürlich aufs Papier bringen. Das Resultat zählt».
Die nächste Chance, um etwas Zählbares zu holen, hat das Team von Trainer Tomas Mitell bereits heute Abend im Heimspiel gegen den Leader HC Davos (20 Uhr, live auf TV24 und 3+).
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
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