Die Eishockeywelt erlebt gerade die Geburtsstunde eines neuen Stars. Nela Lopusanova heisst die Spielerin, die erst 14 Jahre alt ist und dieser Tage an der U18-Weltmeisterschaft der Frauen im schwedischen Östersund für Begeisterung sorgt.
Die junge Stürmerin ist ein Phänomen, das ihresgleichen sucht. In vier Turnierspielen hat Lopusanova gegen die durchschnittlich zweieinhalb Jahre ältere Konkurrenz sieben Tore geschossen und drei weitere vorbereitet und die Slowakei so in die Viertelfinals geführt. Gegen die Schweiz, die aktuell mit Japan gegen den Abstieg kämpft, erzielte sie einen Hattrick.
Insgesamt 28 Spielerinnen haben in der Geschichte der Frauen-U18-WM zehn oder mehr Skorerpunkte gesammelt. 26 davon waren 16 oder 17 Jahre alt – darunter Hockey-Grössen wie Marie-Philip Poulin, Amanda Kessel oder Kendall Coyne Schofield. Die Tschechin Tereza Plosova skorte letztes Jahr zehn Punkte in fünf Spielen als 15-Jährige.
Bei den Männern hat noch nie ein 14-Jähriger an einer U18-WM einen Punkt gesammelt. Connor McDavid und Connor Bedard skorten als 15-Jährige beide je 14 Mal. Die junge Slowakin mag sich trotzdem nicht in den Vordergrund stellen: «Ich bin überglücklich, dass ich meinem Team so helfen konnte. Ich kann es kaum in Worte fassen.» Ein Platzierungsspiel gegen Tschechien (Samstag, 12 Uhr) hat sie noch, um ihre Bilanz noch mehr in die Höhe zu schrauben.
Beeindruckend ist bei Lopusanova nicht nur, dass sie Tore schiesst und Assists gibt, sondern auch, wie sie das tut. Im Gruppenspiel gegen Japan erzielte die 170 Zentimeter grosse und 65 Kilogramm schwere Stürmerin dieses Gedicht von einem Treffer.
Len 14-ročná Nela Lopušanová dala parádny gól na MS18. Od sebavedomej kľučky až po zakončenie - skvelé!
— Patrik Mitas (@PatoMitas) January 9, 2023
Zdroj: IIHF pic.twitter.com/ma1d7ZYcyc
Und im Viertelfinal gegen Schweden traf Lopusanova per «Michigan» (in der Schweiz besser bekannt als «Airhook» oder Thomas-Déruns-Tor). Es war das erste Mal in der Geschichte des Welteishockeys, dass bei einem offiziellen IIHF-Frauenturnier ein Tor auf diese Art und Weise erzielt wurde.
MICHIGANNNNNNN🔥🇸🇰
— IIHF (@IIHFHockey) January 12, 2023
Of course it had to be Nela Lopusanova! @HockeySlovakia #U18WomensWorlds pic.twitter.com/kronTWtjDE
Nörgler fügen jetzt vielleicht an: «Ja gut, sie macht das halt nur gegen die Frauen.» Diese Nörgler liegen falsch. Es stimmt, die Frauen sind für Lopusanova längst keine Konkurrenz mehr. In sechs Spielen in der höchsten slowakischen Frauen-Liga hat die Stürmerin diese Saison bereits 15 Tore und zehn Assists gebucht.
Doch die 14-Jährige spielt auch noch in der slowakischen U16-Liga gegen Jungs. Und dort fällt sie bei Weitem nicht ab – im Gegenteil. Ihre Bilanz in der aktuellen Saison lautet: 10 Spiele, 15 Tore und 16 Assists – macht also 3,1 Punkte pro Spiel. Zum Vergleich: Filip Mesar, der diesen Sommer in der NHL an 26. Stelle gedraftet wurde, skorte im gleichen Alter und in der selben Liga in vier Spielen «nur» je vier Tore und Assists – also 2,0 Punkte pro Spiel.
Der Vergleich mit dem letztjährigen slowakischen Nummer-1-Draftpick Juraj Slafkovsky ist etwas schwieriger. Er sammelte 2017/18 – also ein Jahr jünger, als es Lopusanova jetzt ist – 54 Punkte in 23 Spielen. Das macht 2,35 Punkte pro Spiel. Danach wechselte er in die tschechische U16-Liga, wo er nicht ganz zwei Punkte pro Spiel erspielte. Natürlich verändern sich die Körper von jungen Männern und Frauen ab 14 Jahren unterschiedlich, dennoch ist bemerkenswert, dass die junge Slowakin in diesem Alter mit künftigen NHL-Stars mithalten oder sie gar überflügeln kann.
Die Stürmerin bringt das ganze Paket mit. Sie ist technisch unglaublich versiert und kann den Puck gut abdecken. Ihr Schuss ist hart und präzise. Lopusanova verwertet gerne die Pässe ihrer Teamkolleginen, ist aber auch in der Lage, die Scheiben mit aggressivem Forechecking oder Druck in der eigenen Zone selbst zu erobern.
Nächstes Jahr werden sie und fast das ganze slowakische Team wieder an der U18-WM dabei sein. Wenn sie dann noch mehr dominieren sollte als bei der diesjährigen Ausgabe, dürfte sie bald ganz zuoberst auf den Wunschlisten der US-College-Mannschaften stehen.