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Knall in Ambri: Das sagen Lombardi Duca und Cereda

Paolo Duca und Filippo Lombardi geraten sich in die Haare.Video: watson/lucas zollinger

«Wurden blossgestellt vor der Mannschaft»: Das sagen die Verantwortlichen zum Ambri-Knall

Komplettes Chaos bei Ambri-Piotta. Nicht nur Sportchef Paolo Duca und Trainer Luca Cereda verlassen die Tessiner, auch Präsident Filippo Lombardi stellt sein Amt zur Verfügung. An der Pressekonferenz kam es gleich zu mehreren denkwürdigen Szenen.
08.10.2025, 14:1308.10.2025, 16:11

Was ist geschehen?

Nachdem sich Ambri-Präsident Filippo Lombardi heimlich mit Christian Dubé getroffen hat, mit dem ehemaligen Fribourg-Coach über ein mögliches Engagement bei den Leventinern gesprochen hatte und watson dieses geheime Treffen aufdeckte, zerbrach die heile Welt in Ambri.

Ein «Hochverrat» für Trainer Luca Cereda und Sportchef Paolo Duca, welche sich darum nun dazu entschieden haben, den Verein per sofort zu verlassen. Bei einer kurzfristig geplanten Pressekonferenz teilte Lombardi mit, dass er als Präsident ebenfalls zurücktreten wird.

Das sagte Filippo Lombardi:

«Ich bin wütend auf mich selbst und habe falsch gehandelt. Ich hoffe, dass unsere Freundschaft bestehen bleibt. Ich habe mich bei beiden entschuldigt, aber ich weiss, dass das die Puzzleteile nicht wieder zusammenfügt.

Der Verwaltungsrat hat niemanden entlassen. Aber ich verstehe, dass die Geschehnisse Duca und Cereda in eine schwierige Lage gegenüber der Mannschaft und dem Verein bringen. Daher verstehe ich ihre Entscheidung. Wir sind derzeit nicht in der Lage, einen neuen Trainer vorzustellen. Es wurden keine Entscheidungen getroffen.»

Das sagte Paolo Duca:

«Ich bin extrem enttäuscht darüber, wie sich die Dinge entwickelt haben. Das tut mir sehr weh. Es war ein Stich in den Rücken, nachdem wir viele Jahre lang Seite an Seite, Schulter an Schulter, zusammen gekämpft hatten. Ich gebe zwar zu, dass ich einen impulsiven, direkten Charakter habe, aber ich glaube, dass ich immer intellektuell, ehrlich und bereit war, fair zu diskutieren, mit dem klaren Ziel, das Beste für Ambri zu erreichen. Noch letzten Sonntag haben wir den Dialog gesucht, um zu verstehen, wie es weitergehen soll. Es war an der Zeit, sich offen zu unterhalten, aber bestimmte Dinge wurden nicht gesagt, und es wurden andere Entscheidungen getroffen.

Es wurde zu viel Geschirr zerschlagen. Cereda und ich wollten nicht gehen. Aber wir wurden blossgestellt – und zwar vor der gesamten Mannschaft.»
Paolo Duca Luca Cereda HC Ambri-Piotta
Wie die Zukunft von Duca und Cereda aussehen wird ist aktuell noch unklar.Bild: Marcel Bieri

Das sagte Luca Cereda

«Ich danke dem Verein dafür, dass er mir 2017 diese Chance gegeben hat, und den Fans, die mir all die Jahre, in guten wie in schlechten Zeiten, zur Seite gestanden haben. Es waren intensive Jahre mit vielen Kämpfen und vielen Emotionen. Ich bin auf viele Dinge sehr stolz. Vor allem darauf, dass ich fast neun Jahre lang das gesamte Team zusammenhalten konnte. Zweitens auf die Qualifikation für die Champions League 2019 und auch auf den Sieg beim Spengler Cup.»

Auseinandersetzung zwischen Duca und Lombardi

Für sein Vorgehen entschuldigte sich der ehemalige Ständerat Lombardi, der seit April 2009 an der Spitze des Klubs stand, bei Cereda und Duca. Das Duo sass am Mittwoch bei der kurzfristig angesetzten Medienkonferenz des Klubs links und rechts des Präsidenten. «Ich bin wütend auf mich selbst und habe falsch gehandelt. Ich hoffe, dass unsere Freundschaft bestehen bleibt», sagte Lombardi. Anschliessend gab der emotional sichtlich aufgewühlte 69-Jährige bekannt, dass auch er sein Amt als Präsident zur Verfügung stellt.

watson-Eismeister Klaus Zaugg sah den Knall schon am Montag kommen:

Ob die Freundschaft allerdings wirklich Bestand haben wird, bleibt offen. Denn während der Medienkonferenz, die vom Regionalsender Teleticino live übertragen wurde, kam es zwischen Lombardi, Duca und Cereda zu Diskussionen und teils heftigen Aussagen, bei welchen die Uneinigkeit der drei Führungspersonen des Tessiner Klubs offensichtlich wurde.

Sportchef und Vereinspräsident von HC Ambrì-Piotta streiten bei Pressekonferenz

Video: watson/lucas zollinger

Besonders deutlich trat dies gegen Ende der emotionalen Medienkonferenz zutage, als Lombardi sagte, Sportchef und Trainer seien nicht offiziell entlassen worden und in Richtung des Duos fragt: «Oder habt ihr etwas unterschrieben?» Duca reagierte sofort und mit klarer Botschaft. «Ihr habt uns vor der Mannschaft hintergangen. Wir wollten weiterkämpfen und ihr habt beschlossen, uns zu entlassen», erwiderte er. In die gleiche Kerbe schlug Cereda, der sagte: «Es ist sportlich eine schwierige Zeit, aber sie ist nicht schlimmer als andere Momente der vergangenen Jahre.»

Duca und Lombardi an der Pressekonferenz
Das Geschirr zwischen Duca und Lombardi ist zerschlagen.Bild: Teleticino

So geht es weiter:

Interimistisch übernehmen die beiden vorherigen Assistenten René Matte und Eric Landry. Ob der von Lombardi kontaktierte und favorisierte Franko-Kanadier Christian Dubé nun wirklich einen Vertrag bei Ambri unterschreibt, ist noch nicht klar. Der 48-Jährige kam 1999 in die Schweiz und spielte ab 2011 für den HC Fribourg-Gottéron. Nach seinem Rücktritt 2015 war er während vier Jahren als Sportchef der Freiburger aktiv, ehe er ab Oktober 2019 zugleich auch Trainer der ersten Mannschaft war.

Ab März 2024 war die Doppelrolle zu Ende und Dubé nur noch Trainer. Nur gut zwei Monate später beendeten die Freiburger – trotz des Vorstosses in die Playoff-Halbfinals – die Zusammenarbeit gänzlich. Bei Ambri könnte sich Dubé künftig erneut in einer Doppelrolle wiederfinden. (riz/sda)

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45 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
08.10.2025 14:51registriert August 2018
Ambri-Präsident Filippo Lombardi

Retter und Totengräber

Seltene Kombination.

Was hat er sich bloss dabei gedacht.
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rexdexthetexmex
08.10.2025 14:37registriert April 2022
8 Jahre habe ich als übersättigter SCB Fan und Aktionär neidvoll in die Leventina geblickt und gesehen wie mit Anstand und Leidenschaft Eishockey gearbeitert wird. Es bleibt zu hoffen, dass Ambri nicht nur anders (als mein stärriger SCB) war, sondern auch in Zukunft bleiben wird. Mögen die Hockeygötter dem HC Ambri Piotta gnädig sein. Forza Ambri
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Hunnam
08.10.2025 14:57registriert Januar 2016
Der Gipfel ist ja, dass Lombardi diesen ganzen Scherbenhaufen nun einfach so liegen lässt. Würde er es wirklich wieder gutmachen wollen, sollte er wenigstens versuchen, irgendwie eine Ordnung wieder reinzubringen. Danach kann er immernoch abtreten und Platz für den Neustart machen.
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