Die NHL will Salary-Cap-Beschiss in den Playoffs verunmöglichen – das ist jetzt neu
Vorneweg gleich eine Entschuldigung: In dieser Story findest du keine geilen Highlights von Connor McDavid. Keine verrückten Saves von Connor Hellebuyck oder Traumtore von Kevin Fiala. Hier geht es um ziemlich trockene Materie: den Gesamtarbeitsvertrag und die Management-Regeln in der NHL. Ich nehme dich jetzt aber an der Hand und versuche, dir diese eher trockene Materie so verständlich wie möglich näherzubringen. Denn so wenig spannend es auf den ersten Moment auch klingt – es hat auf diese Saison hin eine einschneidende Änderung gegeben, wie die NHL operiert.
Also los. Zuerst musst du wissen, dass die NHL und die Spielergewerkschaft NHLPA mit einem Gesamtarbeitsvertrag operieren. Dieser Vertrag – auch Collective Bargaining Agreement oder CBA genannt – definiert alle möglichen Dinge im Ligabetrieb. Von Mindestlöhnen über maximale Vertragsdauer bis hin zu Dress-Codes für die Spieler oder Mindestansprüche an Hotelzimmer.
Dieses CBA hat jeweils nur eine beschränkte Gültigkeit. Im Sommer 2026 wäre der aktuelle Gesamtarbeitsvertrag wieder ausgelaufen. Doch Liga und Spieler kamen einem neuerlichen Lockout zuvor und einigten sich bereits Ende Juni auf eine Verlängerung.
Im neuen CBA (gültig bis Sommer 2030) gibt es einige Veränderungen. So wird die Regular Season von 82 auf 84 Spiele verlängert, dafür gibt es weniger Testspiele und die Ernstkämpfe beginnen bereits Ende September statt erst Anfang Oktober. Der Mindestlohn wird über die nächsten Saisons bis auf eine Million US-Dollar ansteigen. Und Verträge können maximal noch sieben statt wie bisher acht Jahre dauern.
Falls du immer noch mitliest, freut mich das, denn jetzt wird es richtig interessant. Die meisten dieser CBA-Änderungen treten erst ab der Saison 2026/27 in Kraft. Doch es gibt Ausnahmen. Eine der wichtigsten Regeln ist bereits ab dieser Saison gültig: der Playoff-Salary-Cap und Veränderungen bei den Regeln zu Langzeitverletzten. Da stellt sich natürlich die Frage:
Nein. Der Salary Cap galt bislang nur für die Regular Season, in den Playoffs gab es keine Salärobergrenze mehr, dafür wurden die Spieler (abgesehen von Playoff-Performance-Boni) auch nur während der Regular Season bezahlt. Und diesen nichtexistenten Cap nutzten viele Teams aus, um etwas zu «bescheissen» (in Anführungszeichen, denn was sie machten, war ja offensichtlich erlaubt) und ihr Kader für die Playoffs stark aufzurüsten.
Wie funktionierte das? Auch hier muss ich etwas ausholen und erklären, wie das Salary-Cap-System in der NHL grundsätzlich funktioniert. NHL-Verträge gelten unter der Lohn-Obergrenze als «pro-rated». Vereinfacht bedeutet das: Wechselt ein Spieler im Laufe der Saison den Klub, kommt beim neuen Team nur der Teil des Cap Hits auf die Lohnbilanz, der im Rest der Saison noch ausbezahlt werden muss. Bei weggetradeten Spielern fällt hingegen der gesamte Cap Hit weg. So konnten auch Teams mit wenig Cap Space noch Spieler holen, die Anfang Saison für sie eigentlich zu teuer waren.
Der zweite Teil war die LTIR-Liste. LTIR steht für Long Time Injured Reserve – also die Liste der Langzeitverletzten. Die funktionierte so: Verletzte Spieler, die mindestens 10 NHL-Spiele und 24 Tage der NHL-Saison verpassten, durften auf LTIR gesetzt werden. Ein Spieler auf LTIR ermöglichte dem Team mehr Cap-Flexiblitität, denn es durfte danach die Differenz des Cap-Hits dieses Spielers und dem noch verfügbaren Cap-Space über die Lohnobergrenze hinausgehen. Konkretes Beispiel: Spieler A verdient 10 Millionen pro Saison und verletzt sich langfristig. Das Team setzt ihn auf LTIR, während es noch 1 Million an Cap-Space verfügbar hat. Das Team darf nun den Salary Cap mit 9 Millionen überziehen, solange der Spieler verletzt fehlt.
Die Teams haben sich längerfristige Verletzungen ihrer Spieler zu Nutze gemacht. Die Ausfälle ermöglichten es den Managern, Spieler per Trade zu holen, die andernfalls aufgrund der Lohnobergrenze keinen Platz mehr gehabt hätten. Nun durften die verletzten Spieler aber nicht vor dem Beginn der Playoffs zurückkehren, ansonsten ging es mit dem Salary Cap plötzlich nicht mehr auf. Also tricksten die Teams oft beim Gesundheitszustand der Spieler, liessen sie länger im Aufbautraining, als nötig gewesen wäre.
Das Resultat? Die Tampa Bay Lightning lagen bei ihrem Titel 2021 mit ihrem Meisterteam auf dem Eis mehr als 15 Millionen über dem Salary Cap. Auch Floridas Meisterteam im letzten Jahr war diesbezüglich rund fünf Millionen zu teuer.
Das war der NHL ein Dorn im Auge. Deshalb gibt es neu den Playoff-Salary-Cap. Der funktioniert etwas anders als der gewöhnliche Salary Cap. Einerseits ist der Cap Hit nicht pro-rated, die Lohnsumme des Spielers kommt also vollständig in die Bücher. Andererseits muss nicht das ganze 23-Mann-Kader unter der Lohnobergrenze Platz haben, sondern nur die 18 Feldspieler und zwei Torhüter, die dann auch auf dem Matchblatt stehen plus die jeweiligen Summen für Buyouts, Retentions etc.
Ebenfalls neu sind die Regeln im LTIR-Relief. Teams können nur dann den ganzen Cap Hit eines Spielers neu verfügen, wenn er garantiert die gesamte Saison (inklusive Playoffs) ausfällt. Ansonsten gibt es maximal zusätzlichen Salary Cap in der Höhe des NHL-Durchschnittslohns (letzte Saison waren das 3,82 Millionen). Einen Starspieler etwas länger auf LTIR zu behalten, einen anderen Starspieler holen und in den Playoffs dann beide einzusetzen, ist also ein Ding der Vergangenheit.
Doch, doch. Das NHL-CBA wird wohl nie derart konkret formuliert sein, dass es gar keine Schlupflöcher gibt und die Teams bezahlen Cap-Experten viel Geld, um genau diese zu finden. Aber es ist definitiv etwa schwieriger geworden, das eigene Team nur mit Salary-Cap-Tricksereien an der Deadline massiv aufzurüsten.
Bis zu einem gewissen Grad ist das immer noch möglich, aber die General Manager müssen nun also neben der gewöhnlichen Lohnobergrenze auch noch jene für die Playoffs im Griff behalten. Aber es gibt bereits Ideen, wie man in den Playoffs trotzdem alle Verstärkungen aufs Eis bringen kann.
Eine Idee ist es beispielsweise, den eigentlichen Ersatzgoalie auf die Tribüne zu setzen. Dort fällt sein Cap Hit nicht ins Gewicht. Ein Beispiel: In den meisten Playoff-Spielen kommt sowieso nur die Nummer 1 zum Einsatz, oder wenn die Nummer 2 spielen muss, ist die Ausgangslage schon beinahe hoffnungslos. Also kann man die zwei bis vier Millionen, die man dort investiert, auf die Tribüne setzen und stattdessen eine deutlich günstigere Nummer 3 auf die Bank setzen, um etwas Cap Space für das Playoff-Spiel freizuschaufeln. Das gleiche System könnte man natürlich auch für einen allfälligen überbezahlten Spieler anwenden, der seine Leistung nicht bringt.
Eine andere Taktik könnte sein, bei künftigen Verträgen statt auf Basislohn und Unterschriftsboni auf Performanceboni zu setzen. Bonuszahlungen, die für eine gewisse Anzahl gespielte Spiele, erzielte Tore oder gegebene Assists bezahlt werden, fallen beim Playoff-Salary-Cap (noch) nicht ins Gewicht. Ich bin mir sicher, die Salary-Cap-Experten der NHL-Teams werden ihre Chefs auf dieses und andere Schlupflöcher aufmerksam machen.
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