Das Undenkbare denken – ein neuer Sportchef und ein neuer Trainer für Ambri
Die Entlassung von Servettes Operetten-Trainer Yorick Treille ist eigentlich nur eine Fussnote wert: Etwas anderes als sein Scheitern war gar nicht möglich. Der Franzose war in jeder Beziehung völlig überfordert und hatte als Nationaltrainer im Frühjahr bei der WM schon Frankreich den Abstieg beschert.
In den nächsten Tagen könnte hingegen ein anderer Klub eine dramatische Geschichte schreiben. Der HC Ambri-Piotta. Dabei geht es nicht um das Ende einer Amtszeit. Es geht um das Ende einer Ära.
In Ambri stehen Sportchef Paolo Duca und Trainer Luca Cereda in ihrer gemeinsamen 9. Saison. Sie prägen eine ganze ruhmreiche Ära. Zwei Söhne der Leventina. Zwei, die Ambri leben, atmen, essen und trinken. Die in ihrer Hockey-Seele Ambris DNA tragen.
Die 4:6-Niederlage gegen Davos am Sonntag war die zehnte Pleite im zwölften Spiel. Diese Partie erklärt uns Ambris von Leiden und Dramen geprägte Kultur.
Der Sieg wäre möglich und verdient gewesen. Aber die Hockeygötter waren gegen ein leidenschaftliches, mutiges, tapferes Ambri, das Davos mehr Pucks ins Netz setzte als jede andere Mannschaft in dieser Saison. Die Schiedsrichter waren die Diener dieser bösen Hockeygötter.
Paolo Duca wird Luca Cereda nicht entlassen. So gesehen ist Ambris Trainer «unentlassbar». Das bedeutet: In den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob Cereda das Handtuch wirft und auf das Amt verzichtet. Das wäre die «kleine Lösung». Oder ob es zur grössten Erschütterung in der Klubgeschichte kommt: Zur Entlassung oder zu einem Rücktritt von Sportchef Duca und Trainer Cereda.
Ist eine doppelte Amtsenthebung oder ein doppelter Amtsverzicht überhaupt möglich? Der Romantiker sagt: Nein, niemals. Luca Cereda und Paolo Duca geben niemals auf! Und ihre Entlassung wäre Verrat an Ambris Kultur. An Ambris Hockeyseele.
Aber Realisten und verlässliche Gewährsleute warnen: Alles ist möglich. Präsident und «Sonnenkönig» Filippo Lombardi (69) ist eine doppelte Entlassung zuzutrauen. Er ist seit 2009 im Amt. Seine Bewunderer sagen nicht ganz zu Unrecht, er habe mehr erreicht als alle seine Vorgänger: Nämlich den Bau eines neuen Hockey-Tempels auf dem alten Militärflugplatz neben dem Dorf. Und er war es, der Duca zum Sportchef und Cereda zum Trainer gemacht hatte.
Aber Lombardis Bewunderer sagen, er sei in seinem Selbstverständnis grösser als Ambri. Und damit auch grösser als sein Sportchef und sein Trainer. Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass Ambri sportlich so sehr leiden muss, weil durch den Bau der neuen Arena den Klub so viele Schulden drücken, dass Paolo Duca zu wenig Geld hat, um sein Team wirkungsvoll zu verstärken. Er hat in all den Jahren aus einem Minimum ein Maximum herausgeholt. Aber dieses Maximum reicht inzwischen gerade noch für zwei Punkte Reserve auf Schlusslicht Ajoie.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
-
Er ist
-
Er kann
-
Erwarte
Ein neuer Trainer und ein neuer Sportchef in Ambri? Wir sollten das Undenkbare zu denken beginnen. Dann wird der Schock nicht so gross sein.
Selbst die «kleine Lösung» (nur Luca Cereda geht) wäre eine dramatische. So wenig wie wir uns beispielsweise eine andere Frau als Hillary an der Seite von Bill Clinton denken können, so schwierig wäre es, sich einen anderen Trainer als Luca Cereda an der Seite von Paolo Duca vorzustellen.
Da bleibt vorerst als Trost nur die wunderbare Ambri-Hymne, die leider nur nach Siegen angestimmt wird.
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