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NHL-Spieler, die sich oft prügeln, sterben 10 Jahre früher als andere

Bildnummer: 03380142 Datum: 14.11.2000 Copyright: imago/UPI Photo
Bob Probert (Chicago Black Hawks) im Zwist mit Donald Brashear (li., Vancouver Canucks) - PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY (VAN200 ...
Nur vier NHL-Spieler sammelten mehr Strafminuten: Bob Probert (rechts) starb im Alter von 45 Jahren.bild: imago-images.de

NHL-Spieler, die sich oft prügeln, sterben 10 Jahre früher als andere

Im Eishockey werden deutlich weniger oft die Fäuste eingesetzt als früher. Eine neue Studie zeigt, dass das wohl vernünftig ist.
11.05.2023, 14:0111.05.2023, 14:01
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Wer in der NHL als Schläger bekannt war und schon tot ist, starb wesentlich früher als vergleichbare Eishockeyspieler ohne häufige Prügeleien. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von Forschern der Columbia University in New York.

Für die Studie wurden die Daten von mehr als 6000 Spielern analysiert, die zwischen 1967 und 2022 in der NHL aktiv waren. Von diesen wurden 331 Akteure als Enforcer eruiert, also als Spieler, die vornehmlich zum Stören der gegnerischen Stars aufs Eis geschickt werden und weniger, um selber Tore zu erzielen. Enforcer wurden in zwei Kategorien eingeteilt: in solche, die in ihrer Karriere an mehr als 50 Schlägereien teilnahmen und in solche, die durchschnittlich drei und mehr Minuten pro Partie auf der Strafbank verbrachten.

Ottawa Senators left wing Austin Watson (16) fights with Philadelphia Flyers left wing Nicolas Deslauriers (44) during second-period NHL hockey game action Thursday, March 30, 2023, in Ottawa, Ontario ...
Niemand schlug sich in dieser Saison häufiger als diese beiden: Nicolas Deslauriers (links) kam auf 14 Kämpfe, Austin Watson auf 12.Bild: keystone

Häufigerer Tod durch Suizid oder Überdosis

Die Vergleichsgruppen bildeten Spieler, die an gleicher Position gedraftet wurden, und die ähnlich gross und schwer waren wie die Enforcer, sich aber nicht so oft prügelten. Die Forscher fanden heraus, dass es zwar bei der Gesamtsterblichkeitsrate keinen Unterschied gab im Vergleich mit der Kontrollgruppe. «Ein Enforcer zu sein, war jedoch mit einem etwa zehn Jahre früheren Tod und einem häufigeren Tod durch Suizid und Drogenüberdosis verbunden», heisst es als Schlussfolgerung der Wissenschaftler. Frühere Schläger, die gestorben sind, wurden 47,5 Jahre alt. Verstorbene der Vergleichsgruppe wurden 57,7 Jahre alt.

Todesursachen der 21 gestorbenen Enforcer und der 24 gestorbenen Spieler der Kontrollgruppe. Von diesen starb über die Hälfte an Krebs.
Todesursachen der 21 gestorbenen Enforcer und der 24 gestorbenen Spieler der Kontrollgruppe. Von diesen starb über die Hälfte an Krebs.grafik: jamanetwork

Als Prototyp der verstorbenen Enforcer könnte Derek Boogaard hinhalten. Der Kanadier, der seine NHL-Karriere vornehmlich bei den Minnesota Wild absolvierte, wurde nur 28 Jahre alt. Er starb 2011 an einem Cocktail aus Schmerzmitteln und Alkohol. Boogaard hatte sich oft geprügelt und zahlreiche Gehirnerschütterungen erlitten.

FILE - This Jan. 30, 2009, file photo shows Minnesota Wild left wing Derek Boogaard (24) getting hit by Edmonton Oilers left wing Steve MacIntyre (33) in a fight during first period NHL hockey action  ...
Derek Boogaard (links) teilte als Enforcer aus und steckte viel ein – er wurde nur 28 Jahre alt. Bild: AP The Canadian Press

Tödliche Gehirnerkrankung droht

Er hoffe, dass diese Studie der Tropfen sei, der das Fass zum Überlaufen bringe, sagte der Professor Dave Ellemberg zur kanadischen Zeitung «The Globe and Mail». Er arbeitet als Spezialist für Sportmedizin und Gehirnerschütterungen an der Universität von Montreal und wünscht sich, dass die neue Studie zum Abschied von Faustkämpfen im Eishockey beiträgt. «Ich hoffe es. Aber wir verfügen schon lange über Daten, die eindeutig für die Abschaffung von Schlägereien sprechen», fügte er an.

Dank der grossen Stichprobengrösse könne man Rückschlüsse ziehen, die bisher nur durch eine Autopsie möglich waren, betonte der Professor. Man sehe, dass es Sportler gebe, die Merkmale einer Chronischen Traumatischen Enzephalopathie (CTE) aufwiesen. Das ist eine tödliche Gehirnerkrankung, die mit wiederholten Kopfstössen und Gehirnerschütterungen in Verbindung gebracht wird. Gerade beim Boxen oder beim American Football kennt man diese Form der Demenz schon länger.

Für die Forscher erstaunlich war zudem eine andere Erkenntnis ihrer Untersuchungen. Auch diejenigen Spieler der Vergleichsgruppen, die gestorben sind, kamen früh ums Leben. Sie wurden im Schnitt bloss zehn Jahre älter: 57,7 Jahre. Darüber sei er erschüttert gewesen, als er dies gesehen habe, sagte Ellemberg. Weshalb auch diese Spieler verhältnismässig jung starben, müsse weiter erforscht werden.

Schweizer keine Prügler

Waren Schlägereien in der NHL einst an der Tagesordnung, ging ihre Zahl in den vergangenen Jahren markant zurück. Die Website «hockeyfights.com» registrierte in der aktuellen Saison 334 Faustkämpfe. Das ist etwa ein Fight in jedem vierten Spiel. Am häufigsten, nämlich 14 Mal, prügelte sich der Stürmer Nicolas Deslauriers von den Philadelphia Flyers. So kam er in 80 Einsätzen auf 136 Strafminuten. Das ist Rang 2 in dieser Statistik hinter Pat Maroon (Tampa Bay), der in 12 Schlägereien verwickelt war.

Die Schweizer NHL-Spieler beschränkten sich zumeist auf ihre spielerische Klasse. Kevin Fiala von den Los Angeles Kings brachte es in der Regular Season auf 52 Strafminuten, bei 69 Einsätzen sind das aber bloss 0,75 Minuten pro Spiel. Überaus diszipliniert trat Nico Hischier auf: Der Captain der New Jersey Devils musste in 81 Partien bloss für fünf 2-Minuten-Strafen in die Kühlbox.

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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snowy
11.05.2023 14:23registriert April 2016
Als Fussballfan reibt man sich verdutzt die Augen….

Ich kann diese Bilder von sich voller „Schmerzen“ (wegen einer Berührung wie sie im Sport dauernd vorkommt) am Boden windenden, muskelbepackten Profisportlern nicht mehr ertragen.

Finde dieses offensichtliche bescheissen durch Schwalben viel schlimmer und ein viel schlechteres Vorbild für unsere Jugend als ein Boxkampf Mann gegen Mann, den beide wollen.

… und nach dem Match reicht man sich die Hand und trinkt ein Bier zusammen.
So geht das!

Eishockey bitte bleib genau so wie du bist!
2013
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