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Fans über die Rivalität zwischen La Chaux-de-Fonds

Les jurassien Bastien Pouilly, gauche, Thibault Frossard, milieu, et Ciaccio Damiano, droite, montrent leur deception apres la defaite du HC Ajoie lors du deuxieme match de barrage promotion-relegatio ...
Ajoie steht gegen La Chaux-de-Fonds bereits mit dem Rücken zur Wand.Bild: keystone

«Ihr Stadion ist ein Stall»: Fans über die Rivalität zwischen La Chaux-de-Fonds und Ajoie

Die Ligaqualifikation zwischen Ajoie und La Chaux-de-Fonds geht heute Abend in Pruntrut weiter. Ein Derby zwischen Cousins aus dem Jurabogen, bei dem es darum geht, sich für eine Seite zu entscheiden. Die Fans haben das Wort.
04.04.2023, 15:0704.04.2023, 16:34
Yoann Graber / watson.ch/fr
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La Chaux-de-Fonds und Porrentruy sind auf der Strasse nur 60 Kilometer voneinander entfernt. Die Luftlinie ist noch kürzer: 40 Kilometer. Und doch trennte die beiden Städte vor letzter Woche noch eine Welt.

Im übertragenen Sinne natürlich, und in einem ganz bestimmten Bereich: dem Eishockey. Bevor der HC Ajoie den Playout-Final gegen Langnau verlor, war er ein vollwertiges Mitglied der National League. Und «La Tchaux» holte sich mit einem Sieg über Olten den verdienten Titel in der Swiss League. Doch das war «nur» die zweite Liga, ein anderer Planet als die Elite, so die Meinung vieler Experten.

Die Spieler des HC La Chaux-de-Fonds lassen sich von ihrem Fans feiern nach dem Gewinn des Schweizermeistertitels der Swiss League nach dem vierten Spiel des Eishockey Playoff Finals der Swiss League  ...
Die Spieler des HC La Chaux-de-Fonds und ihre Fans am Dienstag, 21. März, in Olten nach dem Finalsieg in der Swiss League.Bild: keystone

Doch seit vergangener Woche verknüpfen Porrentruy und La Chaux-de-Fonds ihr Schicksal in einer Ligaqualifikation, die den gesamten Jurabogen in Atem hält.

Ein fataler Schlag und eine Revanche

Denn ja, neben einem Platz in der ersten Liga geht es auch um die regionale Vorherrschaft. «La Chaux-de-Fonds ist der Gegner, gegen den es die meisten Animositäten gibt», warnt Luca Loutenbach. Der Name dieses grossen Fans des HC Ajoie ist euch sicher ein Begriff. Er wurde mit diesen Bildern zu einem internationalen Star:

Vor diesem verrückten EM-Spiel zwischen der Schweiz und Frankreich hatten ihm die Derbys Ajoie – La Tchaux fast ebenso viele Emotionen beschert. Die Leidenschaft wuchs mit der Rivalität zwischen den beiden Vereinen.

«Es gab viele Spiele in den 2010er Jahren, darunter auch Playoff-Serien. In diesen Playoffs wird es auf dem Eis und auf den Tribünen erbittert zugehen.»
Luca Loutenbach, Fan des HC Ajoie

In der jüngsten Vergangenheit waren es die Jurassier, die am häufigsten als Sieger vom Platz gingen. Mit einem fatalen Schlag im Frühjahr 2021, als sie in die National League aufstiegen – während ihr Nachbar aus Neuenburg bereits im Viertelfinal von Kloten weggefegt wurde.

Les joueurs jurassiens du HC Ajoie fetent la victoire en coupe de suisse avec les supporters lors de la finale de Coupe de Suisse de hockey sur glace Swiss Ice Hockey Cup, entre HC Ajoie et HC Davos c ...
2020 gewann Ajoie als unterklassiges Team den Schweizer Cup.Bild: KEYSTONE

Diese Zeit der Unterordnung in La Chaux-de-Fonds ist besonders Brigitte Leitenberg, die dem HCC seit 20 Jahren treu ist, im Halse stecken geblieben. «Wenn wir aufsteigen, wäre das eine kleine Revanche für den Aufstieg von Ajoie», lächelt sie am anderen Ende der Leitung. Die Abgeordnete des Neuenburger Grossen Rates ist zuversichtlich:

«Wir sind bereit, ihren Platz in der National League einzunehmen!»
Brigitte Leitenberg, Fan des HC La Chaux-de-Fonds

Aristokraten, Arbeiter und ein alter Albtraum

Wenn Brigitte Leitenberg über die jurassischen Gegner spricht, bezeichnet sie diese als «beste Feinde». Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine gewisse Zuneigung. Denn ja, auch wenn Ajoulots und Chaux-de-Fonniers in dieser kupierten Barrage gegeneinander antreten werden, teilen die beiden Lager viele Gemeinsamkeiten. «Ajoie, das sind unsere besten Feinde, es ist eine gesunde Rivalität», meint der 74-jährige Georges Dupré. Dieser treue Anhänger von La Tchaux, der die Geschicke seines Vereins seit über 60 Jahren verfolgt, zieht eine soziologische Parallele:

«Wir haben eine ländliche Verbindung zu Ajoie. Als Chaux-de-Fonniers fühlen wir uns den Aujoulots näher als den Neuenburgern im unteren Teil des Kantons. Letztere betrachten uns als Bauern, und wir sehen sie als Aristokraten.»
Georges Dupré, Fan des HC La Chaux-de-Fonds

«Die beiden Vereine haben gemeinsam, dass sie populär sind und von einem Publikum aus der Arbeiterklasse unterstützt werden», betont Luca Loutenbach. «In Porrentruy oder La Chaux-de-Fonds sind wir nicht in Les Vernets in Genf!»

Georges Dupré ist bereit, seine Mannschaft 22 Jahre nach ihrem Ausscheiden aus der Eliteklasse wieder in der Eliteklasse zu sehen.
Georges Dupré ist bereit, seine Mannschaft 22 Jahre nach dem Abstieg wieder in der Eliteklasse zu sehen.Bild: zvg

Diese geografische und kulturelle Nähe ist so gross, dass ein Teil der Eishockeyfans, die zwischen den beiden Städten wohnen, nicht wissen, welche Schlittschuhen sie sich anziehen sollen. «Viele Jurassier aus Franches-Montagnes unterstützen La Chaux-de-Fonds», sagt Luca Loutenbach. Sollte man ihnen die jurassische Staatsbürgerschaft entziehen? «Nein, nicht wirklich! Aber in den nächsten zwei Wochen werden wir nicht viel mit ihnen diskutieren», lacht der Fan des HC Ajoie.

Nicht falsch verstehen: Trotz der gegenseitigen Sympathie, die aus ihrer Ähnlichkeit resultiert, sind die Cousins des «Arc Jurassien» Rivalen. Für Luca Loutenbach sind sie sogar vor allem Rivalen:

«Wenn La Chaux-de-Fonds aufsteigt, ist es der Verein, den ich in der nächsten Saison in der National League am meisten hassen würde!»
Luca Loutenbach

Christian «Kiki» Crétin, ehemaliger Torhüter von Ajoie in den 1990er Jahren, ist da anderer Meinung. «Ich habe absolut nichts gegen den HCC, der einen wunderbaren Lauf hat», applaudiert der Jurassier, der seinen Stock mittlerweile gegen eine Gitarre und ein Mikrofon eingetauscht hat und heute der Frontmann der Rockband Silver Dust ist.

Kiki Crétin beim Legendenspiel des HC Ajoie im Jahr 2019.
Bild: zvg

Er tendiert eher zu regionaler Brüderlichkeit als zu Groll oder Eifersucht. Und doch hätte er einen persönlichen Grund, dem HCC gegenüber nachtragend zu sein: «Als Junior habe ich gegen La Chaux-de-Fonds eine 22:0-Klatsche kassiert, das war meine höchste Niederlage.»

Ein Stall, französische Vielfalt und Krieger

In La Tchaux empfindet man eher Gleichgültigkeit gegenüber den Ergebnissen des Nachbarn Ajoulot. «Ich ziehe zum Beispiel Ambri Ajoie vor», vergleicht Georges Dupré. Wenn man ihm jedoch den Stab reicht, um die Jurassier zu necken, nimmt er ihn mit Freude an. «Ihre Eishalle ist nichts anderes als ein verbesserter Stall. Vom Gästesektor aus sieht man nicht einmal die Hälfte des Eises!» Und die Kuh auf ihrem Logo? «Wir sagen, dass es ein Versuch war, einen Drachen darzustellen.»

Brigitte Leitenberg hingegen verweist auf das Palmarès:

«Der HCC wäre ein legitimerer National-League-Klub als Ajoie, weil er sechs Schweizer Meistertitel gewonnen hat. Er ist ein Traditionsverein.»
Brigitte Leitenberg mit dem Meisterpokal der Swiss League, den der HCC 27 Jahre nach dem letzten Titel in der zweiten Liga gewonnen hat.
Brigitte Leitenberg mit dem Meisterpokal der Swiss League, den der HCC 27 Jahre nach dem letzten Titel in der zweiten Liga gewonnen hat.Bild: zvg

Im Vergleich dazu kann der HCA nur eine nationale Trophäe vorweisen, den Schweizer Cup im Jahr 2020. «Es stimmt, dass La Chaux-de-Fonds eher in die erste Liga gehört als wir», gibt Luca Loutenbach zu. «Aber die Rationalität ist keine jurassische Qualität. Also werden wir alles tun, um diesen Traum zu verlängern.»

Und der bekannte Ajoie-Fan sieht sehr gute Gründe, daran zu glauben. «Ajoie wird immer die Oberhand über die Biene haben», sagt er. «Und das Publikum wird ein Vorteil für Ajoie bleiben. Darüber gibt es keine Diskussion.» In La Chaux-de-Fonds sieht man das vermutlich anders.

Ajoies Fans feuern ihre Spieler an beim ersten Spiel der Eishockey Ligaqualifikation der National League zwischen dem HC Ajoie und dem HC La Chaux-de-Fonds in der Raiffeisen Arena in Porrentruy, am Do ...
Können Ajoies Fans ihr Team zur Wende in der Serie treiben?Bild: keystone

Wie Kiki Crétin feststellte, sind die Ohren der Neuenburger Oberländer empfänglicher für Rockmusik als die der Bewohner der Ajoie, die eher die sanftere französische Musik bevorzugen. Der Ex-Torhüter ist sich jedoch sicher, dass die bevorzugte Musikrichtung keinen Einfluss auf die Stimmung auf dem Eis hat.

«Der Ajoulot ist im Herzen ein Krieger. Es ist eine Region, die viele Schlachten geschlagen hat, vom Aufstand unter der Führung von Pierre Péquignat im Jahr 1740 bis zum Kampf für die jurassische Autonomie im 20. Jahrhundert. Die Menschen in der Ajoie sind bis zum Äussersten gegangen und es ist diese Mentalität, die es der Mannschaft immer wieder ermöglicht hat, Wunder zu vollbringen.»
Kiki Crétin

Könnte das am Ende den entscheidenden kleinen Vorteil ins Duell bringen? Vielleicht. Eines ist jedoch sicher: Ob Ajoulots oder Chaux-de-Fonniers, alle sagen eine enge Serie und sehr enge Spiele voraus. Aber jeder sieht sein Herzensteam als Sieger. «Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass wir alle hartnäckig sind», warnte Georges Dupré.

Doch spätestens am 12. April, wenn der siebte und letzte Akt der Ligaqualifikation stattfindet, werden die Cousins aus dem Jurabogen wieder Welten trennen. Und dieses Mal wird den Besiegten die Heimreise länger vorkommen als je zuvor.

Diese Gespräche wurden vor dem Start der Ligaqualifikation aufgezeichnet.

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HC Davos: 5 - Marc Gianola.
quelle: keystone / fabrice coffrini
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21 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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exeswiss
04.04.2023 15:41registriert Januar 2015
hier sieht man wieviel fehlen würde ohne liga quali... hier geht es um mehr als in den playoffs und trotdem wird fast nirgends bis auf lokal blätter und watson darüber berichtet.
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    Der FC Basel macht einen grossen Schritt in Richtung Meistertitel. Das Team von Trainer Fabio Celestini gewinnt das Spitzenspiel gegen Servette 5:1.

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