Spielplan-General Willi Vögtlin muss immer mehr Partien in den beiden höchsten Spielklassen aus dem Kalender nehmen. Was die vielen Verschiebungen in der National League zum Problem macht: Vom 28. Januar bis zum 22. Februar kann kein einziges Spiel nachgeholt werden. Olympia-Pause. Nun ist klar: Dieser Unterbruch könnte selbst dann nicht genutzt werden, wenn das olympische Eishockey-Turnier nicht stattfindet oder die Schweiz nicht teilnehmen sollte. Der Grund: Keine TV-Techniker.
Spielplan-General Willi Vögtlin sagt: «Das Schweizer Fernsehen kümmert sich in Peking um die Produktion der alpinen Ski-Wettbewerbe. Wir haben es soeben schriftlich bestätigt bekommen: Während der Olympia-Pause können keine Spiele fürs TV produziert werden. Zu wenig Personal.»
Hockey ohne Farbfernsehen geht heute in der höchsten Liga nicht mehr. Auch wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen während der Qualifikation nur ein paar Spiele überträgt: Die Liveübertragungen für «MySports» produzieren die Leutschenbach-Techniker mit Leutschenbach-Apparaten. Die Swiss League, praktisch ohne TV-Präsenz, spielt hingegen auch während der Olympia-Pause.
Willi Vögtlin rechnet inzwischen nicht mehr damit, dass alle NL-Teams 52 Spiele bestreiten können. Deshalb kommt die Rangliste nach Punkten pro Spiel zur Anwendung.
Wenn die Klubs der National League mindestens 39 und in der Swiss League wenigstens 37 Partien bestritten haben, gibt es auf jeden Fall einen Meister. Fallen die Playoffs aus, ist der Qualifikationssieger Meister bzw. Aufsteiger. Müssen die Playoffs abgebrochen werden, ist der Qualifikationssieger Meister bzw. Aufsteiger, wenn er zum Zeitpunkt des Abbruchs noch nicht ausgeschieden ist. Das wäre geklärt.
Ja, es stimmt: Das Sport-Business hat sich im Laufe der Jahre, mit viel, viel Geld gedüngt, eine eigene Welt geschaffen. Mit eigenen Regeln und manchmal auch eigenen Gesetzen. Im Fussball mehr als im Eishockey.
Eine Einmischung der Politik wird, wenn immer möglich, zurückgewiesen. Nicht ganz zu Unrecht ist da und dort der Eindruck entstanden, dass die Sportlerinnen und Sportler, ihre Entourage und die Vertreterinnen und Vertreter der Verbände über dem Gesetz stehen und sich erhaben über die Sorgen und Nöte des richtigen Lebens der einfachen Leute fühlen. Und nun wird, koste es was wolle, die Hockey-Meisterschaft weitergeführt. Nach dem Motto: Augen zu und durch. Was schon ein wenig irritiert.
Die Frage ist berechtigt: Warum wird die Meisterschaft jetzt nicht unterbrochen, bis sich die Lage beruhigt hat? Die Antwort ist ganz einfach: Weil das Hockey-Business nicht stillstehen kann. Die Fortsetzung der Meisterschaft ist nicht – wie es von aussen betrachtet scheinen mag – Sturheit, Unvernunft oder gar Zynismus geschuldet. Sie ist vielmehr notwendig zum wirtschaftlichen Überleben. Erst recht, weil ja schon während der Olympia-Pause nicht gespielt werden kann.
Es gibt eben verschiedene Betrachtungsweisen. Ob beispielsweise für die Spieler das Ansteckungsrisiko durch die Fortsetzung der Meisterschaft steigt, darüber lässt sich vortrefflich debattieren. Möglicherweise ist das Infektionsrisiko zu Hause und im Alltag ähnlich hoch wie im Stadion, in der Kabine, im Spiel oder im Training, wo jeder nur mit geimpften, genesenen oder getesteten Personen in Kontakt kommt. Ein sofortiger Stopp des Spiel- und Trainingsbetriebes wäre zwar eine spektakuläre Massnahme, die in vielen Kreisen begrüsst werden würde. Aber würde sie tatsächlich etwas nützen? Die Frage darf zumindest diskutiert werden.
Aber das Hockey-Business kann nicht stillstehen. Das ist das zentrale Problem. Mehr als 250 Millionen werden im Jahr umgesetzt. Mehr als 800 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt am Hockey der höchsten Liga. Davon 365 Spieler.
Hockey-Unternehmen erwirtschaften selbst in guten Zeiten keine Gewinne oder nur ganz knapp schwarze Zahlen. Sie haben über die Jahre nur wenig oder gar keine offenen oder stillen Reserven in der Bilanz gebildet wie Unternehmen in vielen anderen Wirtschaftszweigen. Sie leben von der Hand in den Mund. Sie sind zu einer ewigen Flucht nach vorne verurteilt. Das liegt in der Natur des Profi-Mannschaftssportes mit den viel zu hohen Löhnen.
Ein weiteres Problem: Der Betrieb kann im Sport nicht, wie in vielen anderen Branchen, im Homeoffice weitergeführt werden. Es muss auf einer öffentlichen Bühne gespielt werden, damit das Geld hereinkommt bzw. das Geld von den Kundinnen oder Kunden nicht zurückgefordert wird. Nach dem Motto: The Show must go on.
Ein zusätzlicher Meisterschaftsunterbruch neben der Olympia-Pause ohne Einnahmen würde bei mehr als der Hälfte der Klubs in der höchsten Liga bereits zu Liquiditätsengpässen führen. Allenfalls ist eine Überbrückung durch Kurzarbeits-Regelung und Entschädigung für entgangene Ticket-Einnahmen bei einem behördlich verordneten Meisterschaftsstopp oder Geisterspielen möglich. Stellt die Liga hingegen von sich aus den Betrieb ein, gibt es kein Geld aus der Staatskasse.
Letzte Saison ist unser Profi-Hockey durch die Pandemie gekommen, weil die Meisterschaft selbst unter erschwerten Umständen durchgezogen worden ist. Augen zu und durch. Das gilt auch für diese Saison.
Vermutlich muss es wirklich einen "Grossen" lupfen, bis sich mal was ändert.