Transfers werden immer früher gemacht. Inzwischen unterschreiben Spieler Verträge bei neuen Klubs und spielen noch eine Saison beim alten Klub. Das war unter anderem bei Leonardo Genoni (beim Transfer von Bern nach Zug) so. Soeben haben auch Lukas Frick (Lausanne, ab 2025 in Davos), Andrea Glauser (Lausanne, ab 2025 bei Gottéron), Dario Simion (Zug, ab 2025 Lugano) oder Marco Müller (Lugano, ab 2025 in Bern) dieses schöne helvetische Brauchtum gepflegt. Es ist ein seltsames, kurioses Vertragstheater, das es in der ganzen Sportwelt nur bei uns gibt und allenthalben Verwunderung hervorruft.
Nun denn: Es gibt keine reglementarischen oder gesetzlichen Möglichkeiten, dieses Brauchtum zu unterbinden. Die Folge: Viele Spieler wollen bei einer Vertragsunterschrift wissen, wer Trainer sein wird. Aber wer weiss denn schon, wer in der Saison 2025/26 an der Bande stehen wird? Eigentlich nur ein einziger Sportchef: Gottérons Gerd Zenhäusern. Er hat den Trainer für die Saison 2025/26 schon verpflichtet: Roger Rönnberg.
Der Schwede kommt erst im Sommer 2025. Er wird also im Laufe der nächsten Saison 2024/25 garantiert nicht gefeuert. Bis zur Ankunft des neuen Trainers steht diese Saison Patrick Emond an der Bande. Auch das ein Kuriosum, das nur im helvetischen Hockey möglich ist. Ungefähr so, wie wenn sich jemand auf die Liebesheirat freut, die Braut aber erst in einem Jahr kommen kann und bis dahin eine Haushälterin beschäftigt werden muss.
Was einem Sportchef helfen kann: Er verlängert den Vertrag mit dem Trainer vorzeitig schon bis 2026. Dann kann er bei Transferverhandlungen bereits sagen, wer 2025/26 Trainer sein wird. Zumindest auf dem Papier. Genau das hat der neue SCB-Obersportchef Martin Plüss gemacht und das Arbeitsverhältnis mit Jussi Tapola ohne jede Not vorzeitig bis 2026 verlängert. Martin Plüss kann Hockey. Er hat als meisterlicher SCB-Leitwolf auf dem Eis sowie Spieler-Agent, Masterstudium in Kommunikation, Prozessanalyse und Coaching neben dem Eis reichlich Kompetenz und Expertise. Aber Obersportchef oder Sportchef war er noch nie. Und ist bereits in die Falle getappt.
Jussi Tapola ist zwar ein fachlich hoch qualifizierter Trainer mit bäumigem Leistungsausweis. Aber im Hockey im Allgemeinen und in Bern im Besonderen zählt nur die Gegenwart. Er hat den SCB letzte Saison zwar auf den 5. Rang, die beste Klassierung seit der letzten Meisterfeier von 2019 geführt. Aber im Viertelfinal gegen Zug ist er nach allen Regeln der Kunst von Zugs Dan Tangnes ausgecoacht worden. Es gibt keinen einzigen Grund für die voreilige Verlängerung mit Jussi Tapola. Der SCB-Trainer hat keinen Markt in der Schweiz.
Der SCB hätte zu keinem Zeitpunkt befürchten müssen, der Finne könnte von der Konkurrenz für die Saison 2025/26 abgeworben werden. Weil er, wie fast alle grossen Trainer – und er ist ein grosser Trainer – zu einer gewissen Sturheit neigt («My Way or the Highway») ist er nicht bei allen Spielern beliebt. Die Messe wird auf dem Eis und in der Kabine, aber nicht im Büro des Sportchefs gelesen. Oder noch einfacher formuliert: Wenn Jussi Tapola den SCB nicht permanent in der oberen Tabellenhälfte halten kann, dann wird er gefeuert, bevor er seine voreilig vertraglich zugesicherte Saison 2025/26 in Angriff nehmen kann.
Sportchefs sind offensichtlich nicht gewillt, ein wenig aus der Geschichte zu lernen. Der SCB hat im Herbst 2019 den Vertrag mit Kari Jalonen vorzeitig um eine weitere Saison bis 2021 verlängert. Auf den ersten Blick verständlich: Immerhin hatte er den SCB 2017 und 2019 zum Titel geführt. Der Grund für die völlig unnötige vorzeitige Verlängerung war allerdings ein anderer. Der gleiche wie jetzt bei Martin Plüss: die Hoffnung auf Ruhe rund um den Trainerposten und eine einfachere Verhandlungsposition bei Transfers. Am 28. Januar 2020 ist der grosse, meisterliche Kari Jalonen in Bern gefeuert und fürstlich abgefunden worden. Bevor er die vertraglich zugesicherte Saison 2020/21 auch nur begonnen hatte.
Wie naiv ist eigentlich Martin Plüss? Mit der unnötigen vorzeitigen Verlängerung hat er das heimliche Murren in der Kabine – wie gesagt: nicht alle lieben den tüchtigen Jussi – keineswegs zum Verstummen gebracht. Die vorzeitige Verlängerung stärkt weder die Autorität des Trainers (so denn eine Verstärkung erforderlich sein sollte), noch bringt sie Ruhe in den SCB-Fuchsbau. Diese vorzeitige Verlängerung ist das Resultat von Träumereien eines SCB-Zauberlehrlings. Die vorzeitige Verlängerung hat lediglich das Risiko unnötiger Geldverschwendung erhöht. Muss der Trainer gehen, dann steht ihm eine Abfindung zu. Der Trainerberuf ist der einzige, der dazu führen kann, dass man ein Jahr arbeitet und für zwei oder gar drei bezahlt wird.
Immerhin sagt ein Optimist nach der womöglich noch teuren vorzeitigen Verlängerung mit Jussi Tapola: Lange schien unser SCB sportlich und finanziell ein wenig krank. Jetzt spielt das Geld keine Rolle mehr, Gott sei Dank.
Bald beginnt die neue Saison. Mit neuem SCB-Futter für Klaus Z.
Ich ordne das Problem eher bei den 2 Assistenten ein, die mMn schon lange in die Wüste geschickt gehörten.