Im Sommer 2017 organisiert der Verband erstmals ein Prospect Camp. Jungen Spielern unter 25 Jahren soll der Übertritt von den Junioren-Auswahlen in das A-Nationalteam erleichtert werden. Sie sollen mit dem Spielsystem von Trainer Patrick Fischer vertraut gemacht werden.
Vor einem Jahr, im Sommer 2023, hat Verbands-Sportdirektor Lars Weibel dieses Prospect Camp erstmals und ohne Rücksprache mit den Klubs abgesagt. Seine Begründung: «Es gibt von allen Prospect-Kandidaten drei Spieler, die mehr als 10 Minuten Eiszeit haben. Alle anderen haben aktuell in ihren Vereinen deutlich zu wenig Eiszeit. Da ist der Sprung, sie bei uns einzubauen und auf die WM vorzubereiten, zu gross. Spielpraxis ist essenziell.» Die Klubgeneräle waren erbost und es war nicht schwierig, auch statistisch diese Behauptung zu widerlegen.
Ein Jahr nach der Erhöhung der Zahl der einsetzbaren Ausländer in der National League von vier auf sechs wurde also das Prospect Camp mangels junger Talente abgesagt. Das wurde von Lars Weibel als Alarmzeichen gewertet: «Es ist logisch, dass da ein Kausalzusammenhang besteht.»
Und nun ist ein Wunder von biblischem Ausmass geschehen. Vergleichbar mit der Speisung der 5000. Jesus vermehrte einst fünf Brote und zwei Fische auf so wundersame Weise, dass 5000 Menschen satt wurden und am Schluss gar noch zwölf Körbe Brot übrigblieben.
Das Wunder, das nun Lars Weibel vollbracht hat: Aus nur drei Talenten, die es vor einem Jahr in unserem Hockey noch gab, sind 34 geworden.
Wie ist das möglich? Ganz einfach: Die Absage vor einem Jahr war barer Unsinn und kostete den Verbandsportdirektor bei den Klubs viel Goodwill. In einem aufgeheizten politischen Hockey-Klima war Lars Weibel nach der erneut missglückten WM in Riga arg unter Druck geraten, viel stärker als Patrick Fischer, und ein neuer Verbandspräsident war im Anmarsch. Es galt, gute Ausreden parat zu haben und es war eben eine prima Ausrede für so ziemlich alles, wegen der Erhöhung der Anzahl Ausländer habe man keine Talente mehr und die Nationalmannschaft müsse darben.
Nun sind die Schweizer in den WM-Final gestürmt. Weder die Resultate beim NHL-Draft, beim CHL-Draft noch bei den Junioren-Titelkämpfen waren alarmierend. Dazu kommt, dass der neue Verbandspräsident mit diplomatischem Geschick die Situation beruhigt hat.
Also gibt es keinen Grund mehr, unser Hockey künstlich schlechtzureden. Und so kommt es, dass in nur einem Jahr die Anzahl international fähiger Talente von drei auf 34 gestiegen ist und nach einjährigem Unterbruch das Prospect Camp wieder durchgeführt werden kann.
Natürlich sind nicht alle Probleme gelöst. Die Entwicklung international konkurrenzfähiger Torhüter wird in den nächsten Jahren schwierig. Aber unsere Hockeykultur war schon immer dazu in der Lage, Probleme zu erkennen, zu benennen und Lösungen zu finden. Dabei spielt exzellente Nachwuchsausbildung eine zentrale Rolle. Sie hat – um es nicht ohne Ironie auf den Punkt zu bringen – ihre Qualität mit einer Steigerung von 3 auf 34 Talente in nur einem Jahr soeben spektakulär unter Beweist gestellt.
34 Spieler hat Nationaltrainer Patrick Fischer fürs Prospect Camp vom 22. bis zum 26. Juli 2024 in Davos aufgeboten.
Trotzdem ist die Erhöhung der Ausländer ein Fehler, der noch Auswirkungen haben wird!