Erich Wüthrich lässt sich in diesen Tagen wegen des aufregenden Transfergeschäftes nicht vom Golfspielen abhalten. Inzwischen wird er ja auch weniger ans Hosentelefon verlangt. Der Pulverdampf hat sich verzogen. Die Offerten sind gemacht. Es wird nicht mehr nachgebessert, die Karten liegen auf dem Tisch. Es obliegt nun seinem Klienten, die Entscheidung zu treffen. Erich Wüthrich sagt: «Leo will die ganze Angelegenheit in den nächsten zehn Tagen erledigen.»
Zum ersten Mal bestätigt Erich Wüthrich die drei Interessenten: Der SCB, der Leonardo Genoni behalten möchte, der EV Zug und die ZSC Lions. Und der sonst so diskrete Gentleman wagt sogar eine Prognose: «Ich denke, es geht zwischen Zug und dem SCB».
Bern oder Zug sozusagen im Finale der «Genoni-Playoffs». Die Offerten der beiden Klubs seien ungefähr gleich. Erich Wüthrich sagt: «Um Geld geht es nicht mehr.» Nun entscheiden «weiche Faktoren». Wo passt es besser für Leonardo Genoni und seine Familie? Die Kinder werden bald eingeschult, es geht nicht nur um die sportlichen Perspektiven und Wahl des Arbeitsplatzes. Es geht um die Wahl des Lebensmittelpunktes für die nächsten Jahre.
Zug (am See) oder Bern (an der Aare)? Zugs Vorteil: Von Kilchberg, wo Leonardo Genonis Vater (der bekannte Herzchirurg Michele Genoni) Latifundien besitzt, zum Zuger Hockeytempel ist es bloss eine knappe halbe Autostunde. Zugs Nachteil: Ein Wechsel zum EVZ bedeutet eine Art sportlicher «Vorruhestand» in der Komfortzone eines finanziell sorgenfreien Hockey-Unternehmens, das sich nicht den Unbequemlichkeiten des konsequenten Erfolgsstrebens aussetzen mag. Der SCB hingegen strebt ultimativ nach meisterlichem Ruhm.
Nach wie vor ist allerdings eine dritte Partie im Spiel. Die ZSC Lions. Erich Wüthrich schliesst allerdings aus, dass Leonardo Genoni und Lukas Flüeler gemeinsam im Hallenstadion spielen werden. «Das geht nicht.» Aber Lukas Flüeler hat noch einen Vertrag bis 2020. Warum dann das Interesse der ZSC Lions? Erich Wüthrich hält sich an die Schweigepflicht. «Das kann ich nicht sagen. Fragen Sie den Sven».
Die Frage geht also an ZSC-Sportchef Sven Leuenberger: Wozu brauchen Sie Leonardo Genoni? Er dementiert das Interesse am WM-Silberhelden nicht, schweigt sich aber über seine Strategie aus. Er könne am 1. August leider nicht mit einem Transferfeuerwerk dienen. Eigentlich schade, da ja richtige Feuerwerke wegen der anhaltenden Trockenheit verboten sind.
Es ginge dann wohl um ein Transfer-Termingeschäft (jetzt schon unterschreiben, erst in zwei Jahren kommen) oder um einen Tauschhandel: Kommt Leonardo Genoni, wird Lukas Flüeler im Rahmen eines Transferspektakels im Tausch gegen hochkarätige Verteidiger oder Stürmer nach Zug oder Lugano oder Lausanne geschickt. Was alles irgendwie nicht so recht zu Leonardo Genoni passt. Deshalb sagt Erich Wüthrich ja auch: «Ich denke, es geht zwischen Zug und dem SCB».
Dieses Transfergeschäft kann dem SCB die ganze Saison verderben. Sollte Leonardo Genoni in den nächsten Tagen offiziell bestätigen, dass er Bern Ende Saison verlässt, gäbe es beim SCB fortan keine ruhige Minute mehr. Sportchef Alex Chatelain müsste zwar nicht um seinen Job bangen. Aber der grantige Unmut seines Trainers würde ihm das Leben schwer machen. Kari Jalonen würde ihm bis ans Ende seiner Tage nicht verzeihen.