Aus dem Schneider und in den Playoffs ist Gottéron noch lange nicht. Die Reserve auf den zweitletzten Platz beträgt bloss 2 Punkte. Das ist eine enttäuschende sportliche Referenz. Die Mannschaft ist gut genug für eine Klassierung in der Spitzengruppe. Aber wenn ein Sportunternehmen nicht von Siegen allein lebt, dann Gottéron. Alle Heimspiele sind auch diese Saison ausverkauft und geht die Mannschaft auf Tour, dann wird auch das Publikum auswärts meistens bestens unterhalten. So wie es sich für einen Zirkus gehört.
Oder ist die Bezeichnung Zirkus despektierlich? Nein. Ein Kompliment. Ein Zirkus ist eine Gruppe von Artisten, die eine Vorstellung mit verschiedenen artistischen Darbietungen (Akrobatik, Clownerie, Zauberei, Tierdressuren) zeigt. Wirtschaftlich gesehen ist ein Zirkus ein Unterhaltungsunternehmen. Zwar bietet Gottéron Tierdressuren nur im übertragenen Sinn, wenn es hin und wieder gelingt, Steinböcke, Bären, Tiger oder Löwen auf dem Eis zu zähmen. Die Akrobatik und die Zauberei sind hingegen zirkusreif.
Seit die Direktion im Zirkus Gottéron gewechselt hat (Christian Dubé ist nach der letzten Saison von allen Ämtern enthoben und durch seinen freundlichen Assistenten ersetzt worden), ist die Stimmung sichtlich eine lockere und das Resultatdenken nicht mehr gar so dominant. Gottéron verliert in Langnau 1:4 bei einer Dominanz von 35:28 (17:8, 9:13, 9:7) Torschüssen. Langnaus Nationalgoalie Stéphane Charlin verfälscht mit einer Fangquote von 97,14 Prozent wieder einmal ein Spiel und verhindert, dass die Langnauer bei Halbzeit nicht schon 0:5 zurückliegen. Die 35 Abschlussversuche lassen Gottérons offensive Akrobatik und Zauberei erahnen. Dass daraus nur ein einziges Tor resultiert, zeigt ein wenig den fehlenden tierischen Ernst. Wie das halt bei einem Zirkus so ist.
Und die Clownerei? Ja, die fehlt auch nicht. Cheftrainer Patrick Emond lässt eine Million zu Hause: Die drei offensiven Titanen Marcus Sörensen (Topskorer des Teams), Killian Mottet und Yannick Rathgeb sind nicht nach Langnau gereist. Sie durften sich daheim einen schönen Abend machen. Weil der Trainer freiwillig auf ihre Dienste verzichtet hat. Das Trio kostet Gottéron pro Saison mehr als eine Million.
Wie kommt es, dass ein Coach auf eine offensive Million verzichtet? Die Behauptung, Gottéron hätte mit Marcus Sörensen und Killian Mottet wahrscheinlich die für den Sieg notwendigen Treffer erzielt, ist keine billige Polemik. War es eine disziplinarische Massnahme? Eine Strafe?
«Nein, sicher nicht», begründet Patrick Emond zumindest den Verzicht auf Topskorer Marcus Sörensen glaubhaft. Die zwei letzten Partien – gegen Zug (4:1) und in Lugano (5:3) habe man auch ohne die drei in Langnau abwesenden Spieler gewonnen. Nun wäre Marcus Sörensen wieder fit und einsatzbereit gewesen. Aber warum eine siegreiche Mannschaft umstellen? «Never change a winning Team» gehört schliesslich zu den ewigen Weisheiten im Hockey.
Kommt dazu: Eine echte Strafe wäre die Nichtnomination für das Gastspiel in Langnau ja nur gewesen, wenn das Trio hätte mitreisen, auf der Tribüne zuschauen und dann beim Verladen der Hockeytaschen helfen müssen. Ein wenig sauer wegen der Nichtberücksichtigung für das Gastspiel in Langnau dürfte nur Yannick Rathgeb sein: Er hat seit dem 16. November (3:2-Sieg in Davos) nicht mehr gespielt.
Und wieso überhaupt polemisieren? Bei Gottéron beginnt der Ernst des Lebens erst nächste Saison, wenn Trainer Roger Rönnberg kommt. Dann pfeift ein anderer Vogel und es ist nicht ausgeschlossen, dass in einem Jahr ein paar Spieler bei einem Bier zueinander sagen: «Ach, wie gut hatten wir es letzte Saison mit Patrick Emond …»
Bis zur Ankunft des gestrengen neuen Chefs aus Schweden darf alles noch ein wenig locker sein. Nur nicht für Yannick Rathgeb. Der defensive Schillerfalter ist wieder nicht nominiert worden, weil er defensiv angeblich zu wenig seriös sein soll. Aber für ihn und erst recht für seine Mitspieler gilt: Der sportliche Rückschritt in dieser Saison kann eine gute Voraussetzung für durchschlagenden Erfolg im nächsten Jahr sein. Im Welschland gilt das Motto: «Reculer pour mieux sauter» («ein paar Schritte zurück, um dann umso weiter zu springen»).
Gottéron ist das erste Spitzenteam, das weit unter seinem sportlichen Wert spielt und dem mit einem Trainerwechsel nicht geholfen werden kann. Der Trainer für nächste Saison ist ja schon bekannt. Wenn er kommt, dann werden die Karten neu gemischt, beginnt alles wieder von vorne und niemand wird nach den Leistungen dieser Saison fragen. Also regt sich Patrick Emond nach dem 1:4 in Langnau nicht über Gebühr auf. Er gibt freundlich Auskunft, wie es seine Art ist. Wohlwissend: Nicht einmal dann, wenn er Meister werden sollte, kann er nächste Saison Trainer sein. Er sollte deshalb eigentlich mit Yannick Rathgeb nicht so streng sein.
Ist also der Zirkus Gottéron im Titelrennen des nächsten Frühjahres kein Faktor? Wenn schon Slawa Bykow und Andrej Chomutow, damals zwei der besten Stürmer der Welt, der defensive Schillerfalter Samuel Balmer und Torhüter Dino Stecher Gottéron nicht zu meisterlichem Ruhm verhelfen konnten, dann wird es auch Christoph Bertschy, Marcus Sörensen oder Julien Sprunger, dem defensiven Schillerfalter Yannick Rathgeb und Torhüter Reto Berra erst recht nicht gelingen.
Alles klar? Vielleicht. Aber wer Sinn hat für Hockey-Romantik, der gibt die Hoffnung nicht schon im Advent auf. Noch nie seit dem Aufstieg hatte Gottéron ein so gutes Team, das – wenn es denn für die Playoffs reicht – die Playoffs ohne jeden Erwartungsdruck bestreiten kann. Niemand erwartet oder verlangt gar ein Vorrücken in den Halbfinal oder den Final.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Ein beschwingtes, unbeschwertes, lockeres Zirkus-Gottéron doch noch in die Playoffs und dann Titel-Geheimfavorit? Völlig unmöglich? Es wäre Romantik pur. Und natürlich nur möglich, wenn Patrick Emond nicht wieder ohne Not eine Million Lohnsumme zu Hause lässt und nicht mehr versucht, Schillerfalter Yannick Rathgeb defensive Flötentöne beizubringen.
Pat Emond will "Dump n Chase" spielen lassen. Fribourg hat aber brillante Techniker im Team. Dies führt bei Spielern zu Frust (bei Sörensen hält sich das Gerücht, dass er sich mit Pat angelegt hat)....
Mottet (0 Tore bis jetzt) braucht einen der ihn mental aufbaut. Dies passiert in Fribourg nicht, lieber lässt man ihn als Topverdiener auf der Tribüne. Ähnlich nei Rathgeb, welcher NIE richtig Vertrauen erhalten hat.
2 Siege am Stück war bis jetzt das Höchste der Gefühle mit dieser Mannschaft... Es muss krachen.