Die grösste Leistung von Ralph Krueger (von 1997 bis 2010 Nationaltrainer)? Nein, nicht der WM-Halbfinal von 1998. Auch nicht der WM-Sieg über Russland 2000 in St. Petersburg (3:2) oder der historische olymische Triumph über die NHL-Kanadier 2006 in Turin (2:0).
Seine grösste Leistung: Er hat das Denken der Spieler verändert. Er hat ihnen die so typische, im Sport oft hinderliche eidgenössische Bescheidenheit ausgetrieben. «Think Big». Das ist der unabdingbare erste Schritt zu grossen Erfolgen.
Wer in den 1990er Jahren von einer WM-Medaille sprach wurde für verrückt erklärt. Es gab hundert Einwände, warum man in der Schweiz mit weniger zufrieden sein müsse. Und ich erinnere mich noch gut an all die hockeytechnischen Einwände, die mit ernster Miene von den Fachleuten vorgetragen wurden.
Die neue Generation, die «1988er», haben unser Eishockey mit ihrer Einstellung verändert wie die «1968er» die Politik, die Gesellschaft und die Kultur. Die «1988er» haben den eidgenössischen Kleinmut überwunden. Deshalb erobern die Besten von ihnen sogar Amerika.
Nur vier der unglücklichen WM-Helden von Pressburg und Kaschau sind vor 1988 geboren (Reto Berra, Leonardo Genoni, Raphael Diaz und Andres Ambühl). Die Mannschaft wird getragen vom Geist der «1988er», der Spieler, die ab 1988 geboren sind. Die erste Generation, die sich die NHL zum Ziel gesetzt hat. Die auch die Silber-Teams von 2013 und noch mehr jenes von 2018 geprägt hat.
Nationaltrainer Patrick Fischer hat dort wieder angeknüpft, wo Ralph Krueger nach dem olympischen Turnier von 2010 aufgehört hat. Er ist der «Spiritus Rector» (Vordenker, geistiger Anführer) dieser neuen Generation. Er setzt richtigerweise so hohe Ziele wie ein WM-Titel. Wie soll denn je ein so hohes Ziel erreicht werden, wenn daran der Glaube fehlt.
Auf dem Weg nach oben gibt es immer Rückschläge. Auch das gehört zum Sport. Rückschläge sind nur dann ein Problem, wenn es sie zur bequemen Ausrede führen, es reiche halt nicht. Man müsse einfach realistisch sein. Die Zustimmung des Publikums bei solchem Denken in der sportlichen Eidgenossenschaft leider weit verbreitet.
Die vier WM-Niederlagen gegen die «Grossen» sind zwar auf den ersten Blick ein Rückschlag und ein bäumiges Argument für die Kleinmütigen. Aber auf den zweiten Blick zeigt sich: die drei ersten in den Gruppenspielen (gegen Schweden, Russland, Tschechien) waren bedeutungslos und die vierte gegen Kanada haben wir bekanntlich erst in der Verlängerung verloren. Mit dem Ausgleich 0,4 Sekunden vor Schluss.
Nach dem Gewinn der «B-WM» mit den vier Siegen gegen Italien Lettland, Österreich und Norwegen waren wir im Viertelfinale. In den drei restlichen Partien gegen die «Grossen» ging es «nur» noch um die Vorbereitung aufs Viertelfinale. Ein Punktgewinn war nicht mehr notwendig. Es waren sozusagen Viertelfinal-Vorbereitungspartien ohne echten Resultatwert.
Wer 2018 in Kopenhagen das WM-Finale erst im Penaltyschiessen verliert, der darf, ja der muss bei der Heim-WM 2020 den Titel als Ziel setzen. Ja, wer das nicht macht, ist nicht bei Sinnen und hat nicht begriffen, wie der Sport funktioniert.
Natürlich ist Scheitern möglich. Viele Faktoren kann Nationaltrainer Patrick Fischer nicht beeinflussen. Welche NHL-Spieler stehen zur Verfügung? Sind alle Schlüsselspieler gesund? Das spielt bei keinem anderen der «Grossen» eine so grosse Rolle wie bei der Schweiz. Weil wir das kleinste Reservoir von Weltklassespielern haben. Diese Unabwägbarkeiten liegen in der Natur des Sportes.
Triumph und Scheitern liegen auf höchstem Weltniveau oft nur einen Wimpernschlag auseinander.
Sekundenbruchteile.
Wir haben es soeben spektakulär erlebt. Diese Ausgeglichenheit des internationalen Eishockeys macht eine WM für alle Grossen unberechenbar. Aber in dieser Egalität liegt auch die grosse Chance.
Die Schweiz hat alles, um das grosse Ziel WM-Titel zu erreichen. Oder besser: Fast alles.
Wenn wir auf sportpolitische Korrektheit verzichten, ein wenig polemisch sind und sagen, wie es ist, dann sind wir im Viertelfinaldrama gegen Kanada gescheitert, weil Leonardo Genoni nicht auf dem Niveau von 2018 spielte.
Wenn die Schweiz ins Halbfinale und ins Finale kommen will, dann darf der Torhüter keinen Fehler machen. Dann muss er als letzter Mann die Fehler ausbügeln, die seinen Vorderleuten auf diesem Niveau in einem so unberechenbaren Spiel auf rutschiger Unterlage einfach unterlaufen.
Bei der Ausgeglichenheit einer WM macht der Torhüter die Differenz. Soeben ist Titelverteidiger Schweden wegen den ungenügenden Leistungen des NHL-Torhütertitanen und Dollarmillionärs Henrik Lundqvist – er gilt als einer der Besten der Welt – schon im Viertelfinale gegen Finnland gescheitert. Er weist bei dieser WM eine Fangquote von 88,74 Prozent auf. Lottergoalie.
Sage mir, ob wir für die WM 2020 einen Weltklassetorhüter haben und ich sage Dir, ob wir um den WM-Titel spielen werden.
Die Goalieposition ist unser grosses Problem. Können Reto Berra (32) oder Leonardo Genoni (31) im Frühjahr 2020 noch einmal ihr bestes Hockey abrufen? Darauf sind wir angewiesen. In Pressburg und Kaschau waren beide dazu nicht in der Lage.
Von allen helvetischen letzten Männern sind nur Reto Berra und Leonardo Genoni an einem guten Abend ein Weltklasse-Goalie. Reto Berra hat uns 2013 gegen die USA ins Finale gebracht (3:0 gegen die USA).
Die neue Torhütergeneration ist noch nicht reif für höchste WM-Aufgaben.
1. Ein Team besteht nicht aus einem Torhüter
2. Dein hate das Genoni zu Zug wechselt und damit den SCB allein lässt mit Schlegel hast du wohl nicht überwunden
3. Bitte lerne mal tief zu stapeln. Es kann nicht sein das man von einem Titel redet als sei es ein Zusatz im Palmares. Egalität bedeutet auch das alle Grossen Teams gespickt mit NHL Stars auch diese Egalität zu Ihrem Vorteil nutzen...